Fraunhofer-Institut legt Empfehlungen für Importstrategie vor: Wasserstoff am besten aus der Pipeline

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Die beste Importstrategie, um an günstigen Wasserstoff zu kommen ist, die Nachfrage zu verringern. Wenn Wasserstoff nur in den Bereichen genutzt wird, in denen dies absolut unvermeidbar ist, dann sinken die Kosten in diesen Sektoren. Das ist das Ergebnis einer Metastudie des Fraunhofer-Instituts für System und Innovationsforschung ISI.

Im Rahmen des Projekts werteten die Forscher Studien zu Kosten von Transport und Herstellung für Wasserstoff und Wasserstoffderivate aus und analysierten mögliche internationale Handelsströme. Aus den Erkenntnissen der Auswertung leitete das Fraunhofer-Team einige Handlungsempfehlungen für eine Importstrategie von Wasserstoff und seinen Derivaten für Deutschland ab.

Aktuell gehe die Bundesregierung davon aus, dass 50 bis 70 Prozent des Wasserstoffbedarfs im Jahr 2030 nach Deutschland importiert werden. Damit die Preise für den importierten Wasserstoff so gering wie möglich gehalten werden können, sind Beziehungen zu Ländern mit guten Produktionsbedingungen wichtig. Länder mit guten Photovoltaik-Bedingungen dürften gute Lieferanten von günstigem grünem Wasserstoff werden. Umso mehr, wenn zusätzlich noch die Bedingungen für Windkraft ähnlich gut sind, schreiben die Forscher. Darüber hinaus sei Zugang zu günstigem Kapital in den Exportländern ein entscheidender Faktor, da im Endeffekt auch Erzeugungs- und Transportanlagen in diesen Ländern finanziert werden müssen.

Grenzüberschreitend gehandelter Wasserstoff werde, so die Sicht der Autoren, global gesehen nur ein Drittel des insgesamt verbrauchten Wasserstoffs ausmachen. Das liege daran, dass Länder wie China oder die USA ihren Bedarf eigenständig decken können. Das treffe auf zahlreiche weitere Länder zu. Damit liege die Verantwortung für den Aufbau von Transport-Strukturen bei einigen wenigen Ländern.

Am wahrscheinlichsten sei der Wasserstoff-Import per Pipeline. So lassen sich kostengünstig regionale Märkte im Umkreis von 2000 bis 3000 Kilometern abdecken. Wasserstoff-Transport per Schiff werde eher zur Risikoabsicherung dienen. Anders dagegen sehe der Markt für Wasserstoffderivate aus. Aufgrund der besseren Transportfähigkeit sollte sich der Markt für die Verteilung von Wasserstoff-Ablegern ähnlich entwickeln wie derzeit existierende Ölmärkte, bei denen das Schiff als Transportmittel im Zentrum steht.

Als konkrete Handlungsempfehlung geben die Forscher an, dass der günstigste Wasserstoffanbieter vermieden werden sollte, wenn hierdurch die Lieferkette zu stark „auf wenige Anbieter wie Russland“ konzentriert würde. Zudem sei die Bildung von vielen kleine Teilmärkten zu vermeiden. Das treibe die Wasserstoffpreise in die Höhe. Solche Teilmärkte entstünden, wenn Europa oder Deutschland gesonderte Umweltstandards an bestimmte Regionen stellten. Besser wären global einheitliche Standards, da dann auch ein globaler Wettbewerb entstünde.

Beim Wasserstoff solle sich Deutschland vor allem auf verlässliche Partner wie EU-Staaten mit gutem erneuerbaren Energiepotenzial fokussieren. Spanien wird in diesem Punkt genannt. Auch Norwegen als EU-Anrainerstaat sei ein verlässlicher Partner. Eine europäische Wasserstoff-Allianz könne dafür sorgen, dass sich EU-Importeure wie die Niederlande, Belgien und Deutschland nicht in einem Wettbewerb untereinander Preise und Bedingungen verschlechtern.

Der leitende Autor der Metastudie und Leiter des Competence Center Energietechnologien und Energiesysteme am Fraunhofer ISI, Martin Wietschel, empfiehlt, keine Zeit zu verlieren. „Gerade, weil der Importbedarf international begrenzt sein wird, muss Deutschland in Abstimmung mit der EU schon jetzt auf potenzielle Exportländer zugehen, die mittelfristig eine bedeutende Marktmacht erlangen werden“, so Wietschel. „Verhandlungen sollten nicht in die Länge gezogen werden, damit Erstanbieter nicht andere Importeure in Betracht ziehen.“ Bei den frühen Verhandlungen sei die Bundesregierung gut beraten, mit den Exportstaaten auf Augenhöhe zu agieren und anzubieten, Risiken fair zu verteilen.

Ein Risiko für die deutsche Wirtschaft sollte die Regierung dabei nicht außer Acht lassen: Einige Exportländer verfolgen die Strategie, die wasserstoffabhängigen Teile der Wertschöpfungskette in ihre Länder zu holen. Anstatt Wasserstoff zu verschiffen, könnten diese Länder dann selbst mit grünem Wasserstoff produzierten Eisenschwamm oder Vorprodukte in der Chemieindustrie herstellen und diese verschiffen.

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