Die Idee ist nicht neu und es gab auch schon einige Forschungsprojekte dazu: Man vernetzt die Batterien von Elektrofahrzeugen digital in einem virtuellen Kraftwerk und nutzt sie dann, um Regelenergie bereitzustellen. Genau dies haben der Übertragungsnetzbetreiber Tennet und Sonnen nun erfolgreich getestet. Dabei sei die Speicherkapazität der Fahrzeugbatterien erstmals in der Praxis genutzt worden, um kurzfristig im Stromnetz auftretende Frequenzschwankungen abzufedern, wie das Allgäuer Unternehmen am Mittwoch mitteilte.
Neben den Batterien der Elektroautos gehören auch Photovoltaik-Heimspeicher zum virtuellen Kraftwerk von Sonnen. Es handele sich um Fahrzeuge verschiedenen Hersteller, die in den Haushalten von Mitgliedern der Sonnen-Community genutzt würden. Diese befinden sich im Netzgebiet von Tennet. Für die Bereitstellung der Regelenergie muss die Speicherkapazität der Fahrzeugbatterien innerhalb von 30 Sekunden flexibel regelbar sein, um für den Ausgleich von Lastveränderungen und damit Frequenzschwankungen im Netz zur Verfügung zu stehen. Dies wird Sonnen zufolge allein über einen intelligenten Ladevorgang erreicht. Ein Entladen und damit eine zusätzliche Abnutzung der Batterien finde nicht statt.
Sonnen plant im nächsten Schritt die Einbindung von 5000 weiteren Haushalten mit einem Elektroauto und einer Wallbox des Anbieters in das virtuelle Kraftwerk. Mit den jeweils vorhandenen Photovoltaik-Heimspeichern in den Haushalten, die ein Potenzial von rund 80 Megawatt hätten, verfüge Tennet damit einer einen Primärregelbedarf von 170 Megawatt, heißt es weiter.
„Bislang isoliert agierende Assets werden miteinander vernetzt und entfalten so ihr volles Potenzial. In der nächsten Stufe der Energiewende geht es nämlich darum, dass die Energie aus Solar- oder Windstrom immer zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort ist“, sagt Oliver Koch, CEO von Sonnen. „Mit der Aufnahme von Elektrofahrzeugen in unser virtuelles Kraftwerk machen wir einen großen Schritt, indem wir das Laden von Elektroautos nutzen, um gleichzeitig Angebot und Nachfrage im Stromnetz auszugleichen und es so stabilisieren.“ Damit werde das enorme Speicherpotenzial von Elektroautos nutzbar. Dies könne auch dabei helfen, fossile Kraftwerke früher abzuschalten, so Koch weiter. Aktuell werden vorrangig die fossilen Kraftwerke genutzt, um kurzfristig Regelenergie für Netzdienstleistungen zur Verfügung zu stellen.
„Die Integration von E-Autos in das Stromnetz ist ein wichtiger Meilenstein, um auf die Herausforderungen der künftigen Stromverfügbarkeit reagieren zu können“, sagte Tim Meyerjürgens, COO von Tennet. „Je mehr volatile, stark schwankende Wind- und Sonnenenergie in das Stromnetz einspeisen, umso elementarer ist die Schaffung neuer Speichermöglichkeiten zur Flexibilisierung und Stabilisierung des Gesamtsystems.“
Nach Ansicht von Sonnen kann die Einbindung der Fahrzeugbatterien in das virtuelle Kraftwerk gleichzeitig die Lösung sein, um durch gleichzeitige Ladevorgänge in einer Region nicht das örtliche Netz zu überlasten. Dazu trage bei, dass der bisherige Ladevorgang neu gestaltet werde. Im ersten Schritt verteilt Sonnen nach eigenen Angaben die Ladevorgänge aller angeschlossenen Elektroautos gleichmäßig über einen längeren Zeitraum. So würden Lastspitzen zu einer bestimmten Tageszeit vermieden. Die Fahrzeughalter müssten dafür jedoch auch die Informationen teilen, wann sie ihr Elektroauto wieder nutzen wollten.
Im zweiten Schritt werden dann Frequenzabweichungen des Stromnetzes ausgeglichen, wobei Tennet die Vorgaben dafür macht. Das gesteuerte Ladeverhalten stabilisiere damit das Stromnetz. Zugleich gebe es keine Einschränkungen für die Nutzung der Fahrzeuge und sollen auch finanziell profitieren. Sonnen biete bereits eine Gewinnbeteiligung an seinem virtuellen Kraftwerk an. Mit der Einbindung der Elektroautos könnten nun weitere Vergütungsmodelle entwickelt werden, um unter den Mitgliedern der Sonnen-Community zusätzliche Anreize zu schaffen, ihr Elektroauto netzverträglich steuern zu lassen.
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Es geht also auch ohne „bidirektionales Laden“ und der damit verbundenen Abnutzung der Fahrzeugbatterie. Gut zu wissen!
Die Batterie hält durch häufiges laden wesentlich länger als wenn sie nicht benutzt wird. Die wird also nicht abgenutzt wenn man schonend lädt und Strom entnimmt. Das soll jeder hier langsam wissen.
Jop, da hat Ernst Gruber recht. Das schlechteste für deine Fahrzeugbatterie ist es diese in die Extremzustände „Entladen“ und „voll geladen“ zu versetzen und dort zu halten. Die Degradation in diesen Zuständen ist deutlich höher als die Degradation durch Be- und Entladen. Bei V2G wird dein SoC meist in einer range (z.B. 40-80%) gehalten, damit immer in beide Richtungen Potential für die Leistungserbringung besteht. Erst kurz vor Fahrtbeginn wird voll geladen. Das ist deutlich besser für die Batterie als stumpfes laden auf 100% SoC.
Gut, das nicht stumpf FCR (Frequency Containment Reserve) erbracht wird, ohne gleichzeitig Netzrestriktionen in den Verteilnetzen zu beachten. Die Erbringung von globalen Systemdienstleistungen durch Assets in den unteren Spannungsebenen kann dort zu erheblichen Problemen durch die Anhebung von Gleichzeitigkeiten führen. Netzrestriktionen müssen hier zwingend beachtet werden. Die Regelleistungsmärkte (und Strommärkte allgemein) geben dies bisher nicht her. Die Situationen in den einzelnen Verteilnetzen und sogar den einzelnen Netzabschnitten der Verteilnetze ist oft oder sogar meist stark unterschiedlich von der Gesamtsituation.
Wer mehr zum Thema V2G wissen will sollte zur Tagung am 27.-28.4.2023 nach Aachen kommen:
https://www.vehicle-2-grid.eu/
Wenn ich den Artikel richtig verstehe, werden die Autobatterien nicht wirklich eingebunden. Das ist auch noch schwierig mangels Fahrzeugen und Wallboxen, die das können und einer Regulatorik, die es erlaubt. Es werden lediglich die Ladevorgänge gesteuert, um Last zu reduzieren, wenn erforderlich. Das ist sinnvoll und smart. Aber zumindest die Überschrift des Artikels ist extrem irreführend. „Intelligenter Lastabwurf“ wäre ehrlicher als „Virtuelles Kraftwerk“. Oder liege ich falsch?
Eine DC Wallbox kostet noch ca 5000 €. VW will das mit e3dc auf den Markt bringen. VW will damit auch Geld verdienen, da sie für die Batterien auch Garantien gibt. Sonnen umgeht die batteriefrage und regelt nur das Einspeisen in den Akku oder eben das nicht einspeisen in diesen. Dies ist genauso virtuell, denn ob ich den Strom aus dem Fahrzeug ins Netz liefere oder ob ich dafür sorge dass ein E-Auto nicht lädt kommt physikalisch auf das Gleiche raus