Giffey besucht Enpal: Handwerk braucht besseres Image

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In Berlin läuft der Wahlkampf auf Hochtouren. Nach der verpatzten Wahl zum Abgeordnetenhaus im September 2021 müssen die Hauptstädter am 12. Februar erneut an die Urnen und ihre Landesregierung wählen. Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) möchte ihr Amt gerne weiterführen und was bietet sich da für einen Besuch thematisch besser an als ein erfolgreiches Unternehmen im Klimaschutz? So besuchte Giffey am Freitag Enpal. Ein Start-up, das Photovoltaik-Anlagen – auch mit Speicher und Wallboxen – vermietet, in einer eigenen Akademie Installateure ausbildet und durch diverse Investoren zu einem sogenannten Unicorn geworden ist, als mit über einer Milliarde US-Doallar bewertet wird. Allein in den vergangenen Wochen hat sich Enpal Finanzierungszusagen von mehr als einer Milliarde Euro gesichert und will damit sein Geschäft weiter ausbauen.

In seinen sechs Jahren seit seiner Gründung hat Enpal etwa 30.000 Photovoltaik-Anlagen auf Einfamilienhäuser installiert und an die Bewohner vermietet. „Unser Ziel ist es, eine Millionen Photovoltaik-Anlagen bis 2030 zu installieren“, sagt Gründer und Geschäftsführer Mario Kohle während des Besuchs von Giffey. Er zeigt und erklärt der Regierenden Bürgermeisterin die verschiedenen Komponenten, die Enpal vermietet, etwa Wallboxen und lässt sie mit Mitarbeitern sprechen. Allein in seinem Hauptsitz in Berlin beschäftigt das Unternehmen mittlerweile rund 1000 Menschen, die vor allem mit dem Vertrieb und Verkauf der Anlagen befasst sind, aber auch mit dem Support. Für die Installation der Photovoltaik-Anlagen bildet Enpal seit einiger Zeit bereits auch in seinem Schulungszentrum in Blankenfelde-Mahlow eigene Handwerkertrupps aus. In zwei Wochen könnten die Menschen dort lernen, wie Solarmodule aus den Dächern installiert würden. Etwa zwei Monate dauere die Ausbildung für die DC-seitigen Arbeiten, sagt Kohle weiter. Für Elektriker, die die Photovoltaik-Anlagen schließlich ans Netz bringen müssen, sei allerdings weiterhin eine dreijährige Ausbildung notwendig. Doch dies sei der kleinste Part, wenn es um den Zubau neuer Photovoltaik-Anlagen gehe, so Kohle weiter. Er schätzt, dass rund 30.000 bis 40.000 Installateure benötigt werden, wenn Enpal sein Ziel von einer Million Photovoltaik-Anlagen erreichen will. Kohle ist optimistisch, dies zu schaffen, immerhin seien in den ersten Monaten bereits mehr als 1000 Installateure an der eigenen Akademie ausgebildet worden, darunter auch eine Vielzahl Geflüchteter.

In Berlin gilt seit Jahresbeginn eine Solarpflicht für Neubauten. Neue Häuser müssen demnach mit Photovoltaik-Anlagen ausgestattet werden, wenn sie geeignet sind. Auch bei den landeseigenen Gebäuden sei Berlin dabei, den Photovoltaik-Ausbau voranzubringen, sagte Giffey etwa mit Blick auf die neue Anlage auf der Messe, die kürzlich eingeweiht wurde. Auch stelle sie eine zunehmende Begeisterung der Einwohner fest, so seien Balkonmodule mehr und mehr gefragt. Der Berliner Senat arbeitet diesbezüglich gerade an einem Förderprogramm. Doch es müsse auch mehr Photovoltaik auf die Miethäuser gebracht werden. In Richtung von Mario Kohle sagte sie deshalb, warum nicht auf das Mietmodell in diese Richtung ausweiten. Der Enpal-Gründer verwies Giffey dann jedoch auf die eher schwierigen regulatorischen Rahmenbedingungen für Photovoltaik-Mieterstrommodelle. Als ein ähnliches Hemmnis für einen noch ambitionierten Photovoltaik-Ausbau nannte er die Verteilnetzbetreiber, von denen es in Deutschland etwa 700 gibt und die alle ihre eigenen Vorgaben für den Anschluss von Photovoltaik-Anlagen haben. Rund 70 Leute bei Enpal seien fortlaufend damit beschäftigt, sich um die Erfüllung der Vorgaben der jeweiligen Netzbetreiber für den Anschluss der Photovoltaik-Anlagen der Kunden zu kümmern. Natürlich wäre diesbezüglich eine Vereinheitlichung wünschenswert, um so auch mehr Fachkräfte für die Installation verfügbar zu haben.

Bei dem Punkt Handwerkermangel angekommen bekräftigte Giffey ihre im vergangenen Jahr getroffene Aussage „Anpacken statt Ankleben“. „Ja, dazu stehe ich“, sagte sie auf Nachfrage von pv magazine. Der Ausspruch spielt auf die Protestaktionen der „Letzten Generation“ an, die sich auf Straßen ankleben, um auf die Klimakrise aufmerksam zu machen. „Es braucht wieder stärker eine Hands-on-Mentalität“, so Giffey weiter. Aktuell sei der Fokus viel zu stark darauf ausgerichtet, dass die jungen Menschen studierten. Das Handwerk brauche wieder ein besseres Image. Auf die Nachfrage, was der Berliner Senat diesbezüglich betrage, verwies Giffey auf Initiativen mit Unternehmensverbänden oder auch gezielte Berufsberatung, wo man versuche, stärker für Ausbildungsberufe zu werben.

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