Feldtest: Gemeinde in Oberbayern wird 2023/24 nur mit Wasserstoff heizen

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Mit Wasserstoff das Brennwertgerät befeuern und so durch den Winter kommen. Dieses Experiment wagt eine Gemeinde in Oberbayern bereits in der kommenden Heizperiode 2023/24. In Markt Hohenwart haben der Gasversorger Energie Südbayern, der Netzbetreiber Energienetze Bayern und das kooperative Netzwerk kommunaler Energieversorger Thüga, ein begrenztes Gasverteilnetz auf den vollständigen Betrieb mit Wasserstoff umgerüstet.

Als Teil des Forschungsprojekts „H2Direkt“ unterzeichneten zehn Haushalte der Ortschaft Hohenwart nun einen Vertrag über die kommende Heizperiode ausschließlich mit Wasserstoff zu heizen. Und zwar nicht mit Brennstoffzellen, sondern mit Brennwertgeräten.

„Wir freuen uns, dass wir aufgeschlossene Wasserstoff-Pioniere gefunden haben. Sie demonstrieren gemeinsam mit uns, dass eine klimaneutrale Wärmeversorgung mit Wasserstoff in bestehenden Gasnetzen funktioniert“, sagt Thüga-Innovationsmanagerin Béatrice Angeless. „Unser Signal an die Politik: Eine effiziente Wärmewende und Versorgungssicherheit sind machbar, wenn wir die vorhandene Infrastruktur für erneuerbare Gase nutzen. Aktuell gibt es hierzulande kein vergleichbares Projekt. Wir schaffen eine Blaupause für die Wärmeversorgung in ganz Deutschland.“

Vaillant testet neue Brennwertgeräte

Nach Unternehmensangaben ist die Umstellung des Netzabschnitts durch wenige bauliche Maßnahmen an Netzkomponenten erfolgt. Auf Verbraucherseite mussten die Projektpartner alte Gas-Brennwertgeräte durch Wasserstoff-Brennwertgeräte tauschen. Die entsprechenden Geräte stellte der Heizungshersteller Vaillant zur Verfügung.

Vier Jahre habe die Entwicklung des Wasserstoff-Brennwertgeräts gedauert. Jetzt wurde es für das Forschungsprojekt zertifiziert und kommt zu seinem ersten Feldtest. Trotz erheblicher Aktivität im Geschäftsbereich Wärmepumpen ist sich Vaillant nach eigenen Aussagen sicher, dass sich Wasserstoff-Technologien im Gebäudebereich als weiteres Standbein etablieren werden. Die Technik wäre bereits ausgereift, so Vaillant. Der Feldtest liefere die Grundlage für die künftige Gesetzgebung.

Der Wasserstoff für den Netzabschnitt soll klimaneutral produziert sein und über Tanks angeliefert werden. Erst in dem Dorf wird er in das Gasnetz eingespeist. Dafür wurde eigens eine neue Einspeiseanlage errichtet. „Damit haben wir einen wichtigen Meilenstein geschafft. Die Offenheit und das Interesse unserer Kunden am Thema Wasserstoff im Wärmebereich ist die Grundlage für unsere enge Zusammenarbeit“, erklärt Mathias Stierstorfer von Energienetze Bayern.

Gelder kommen vom Ministerium

Das Projekt ist Teil des Leitprojekts „TransHyDE“. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung stellt dafür die Mittel zur Verfügung. An insgesamt vier Demonstrationsprojekten und fünf weiteren wissenschaftlichen Projekten will das Bundesministerium Wasserstoff-Transportlösungen testen und bewerten.

Ob sich Wasserstoff-Brennwertgeräte als solides Standbein in der Gebäudeenergieversorgung etablieren werden, bleibt abzuwarten. Im September veröffentliche das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI eine Metastudie, die 40 Studien zu klimaneutralen Energiesystemen und 300 Minderungsszenarien des sechsten Sachstandsberichts des Weltklimarats (IPCC) auf ihre Wasserstoffszenarien analysierte. Das Ergebnis: Bis 2050 dürfte in der EU der Anteil von Wasserstoff am Gebäudeenergiebedarf bei 1,7 Prozent liegen.

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