Bremst die aktuelle M&A-Welle bei deutschen Projektentwicklern benötigte Innovation im Strommarkt bei Batteriespeichern?

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Meldungen wie „Strategischer Investor steigt bei Projektentwickler ein“ sind in diesem Jahr immer häufiger zu lesen, zuletzt übernahm beispielsweise Ørsted die Firma Ostwind vollständig. Was sind die Hintergründe dazu? Welche Auswirkungen sind im deutschen Markt zu beobachten? Und welche sind weiter zu erwarten? Dies soll hier kurz diskutiert werden insbesondere im Hinblick auf Projekte mit Batteriespeicher.

ProjektentwicklerInvestorJahrAnteil
WindwärtsMVV2014100,00%
Juwi *MVV2018100,00%
PNEMorgan Stanley Infrastructure Partners201939,66%
VSBPartners Group202080,00%
ib vogtDIF202151,00%
Baywa reEIP202149,00%
SunovisBrookfield2021100,00%
BelectricElevion2021100,00%
Green CityQair2022100,00%
OstwindØrsted2022100,00%
MaxsolarNature Infrastructure Capital202265,00%
WPD offshoreGlobal Infrastructure Partners2022100,00%
WES GreenEnovos Renewables2022100,00%
* Mehrstufiger Übernahmeprozess
Die Übersicht erhebt weder einen Anspruch auf Vollständigkeit noch alle aktuellen Entwicklungen zu berücksichtigen.

Rege Merger & Acquisition (M&A)-Aktivitäten in einem Markt, der so dynamisch ist und schnell wächst wie die Erneuerbaren, sind erstmal nicht ungewöhnlich. Diese Entwicklung hat in den Jahren 2021 und 2022 jedoch scheinbar rasant an Geschwindigkeit gewonnen.

Auffällig ist, dass es sich dabei um zwei Arten von Investoren handelt: Investmentgesellschaften mit bestehendem Portfolio von Wind- und Solarparks sowie Energieversorger. Für beide Gruppen dürfte in den meisten Fällen das größte Interesse im Zugang zum Erwerb von Projekten bestehen und weniger die Aussicht auf regelmäßige Dividendenzahlungen oder ein erhoffter Wertzuwachs bei einem eventuellen zukünftigen Wiederverkauf des Projektentwicklers.

Die Vorteile für die Projektentwicklern liegen auf der Hand. Neben der zusätzlichen Liquidität für den Wachstumskurs stabilisiert ein kapitalstarker Partner das Unternehmen im volatilen Entwicklungsgeschäft, senkt Finanzierungskosten und gibt mehr finanzielle Sicherheit bei der Planung.

Aber was bedeutet dies für den restlichen Markt?

  1. Das Angebot an fertigen Projekten verknappt sich am freien Markt, da die Investoren von ihrem Vorkaufsrecht bei den Projektentwicklern Gebrauch machen.
  2. Mutmaßlich geht die Nachfrage allerdings nicht im gleichen Maße zurück. Kapitalstarke strategische Investoren werden in den meisten Fällen bemüht sein, weiter Projekte im Markt zu erwerben.
  3. Interessierte Firmen ohne Gesellschaftsanteile an einem Projektentwickler, Vereinbarungen über ein Rahmenvertrag oder Joint Venture finden sich in immer größer und kompetitiver werdenden Bieterrunden wieder.
  4. Der Markteintritt für neue Investoren gestaltet sich noch schwieriger, insbesondere wenn das Netzwerk in der Branche fehlt.

Eine weitere Beobachtung ist, dass zunehmend Bieterrunden für Solarparks stattfinden, in denen nicht wie früher üblich Projekte baureif oder schlüsselfertig, sondern nur mit Aufstellungsbeschluss angeboten werden. Wer mag es Projektentwicklern verübeln, früher aus dem Risiko zu gehen und trotzdem ähnliche Preise zu erzielen? Es ist schlicht an weiteres Zeichen für den starken Angebotsmarkt, den wir derzeit sehen.

Auch wenn auf den ersten Blick vielleicht nicht direkt erkennbar, so hat diese Marktlage auch Auswirkungen auf Gestaltung und Gelingen der deutschen Energiewende. Politisch herrscht heute Konsens beim weiteren Ausbau von Erneuerbaren. Selbst die FDP setzt sich mittlerweile für die „Stärkung von Freiheitsenergien“ ein.

Zum Gelingen der Energiewende nehmen neben der installieren Kapazität allerdings auch der Netzausbau sowie Speichertechnologien eine Schlüsselrolle ein. Und bei Letzteren hakt es weiterhin gehörig an vielen Stellen. Unklare Vorgaben in der Regulierung oder Beschränkungen in der Innovationsausschreibung sollen hier nicht Gegenstand der Diskussion sein, sondern die aktuelle Marktlage.

Was haben schöne Altbauwohnung in ruhiger Lage in der Münchener oder Berliner Innenstadt und Photovoltaik-Freiflächenanlage mit EEG-Vergütung gemeinsam? Die Käufer stehen von allein Schlange und überbieten sich bei ihren Preisangeboten. Und in dieser komfortablen Lage, in der viele Projektentwickler sind, sich den Zeitpunkt im Entwicklungszyklus und Käufer aussuchen zu können, nehmen die Anreize für Innovationen ab.

Somit scheint es im Moment attraktiver zu sein, einen Verkauf mit etabliertem Prozess zügig über die Bühne zu bringen, als ein wenig extra Arbeit in die Entwicklung von Hybridprojekten für die Vermarktung außerhalb des EEGs zu leisten. Und dass obwohl solche Projekte zusätzliche Erlösquellen ermöglichen (PPA, Regelenergie, Arbitragehandel) und es gerade bei den aktuellen Marktpreisen ein hohes Interesse bei Industrie- und Gewerbeunternehmen gibt.

Wie könnte der weitere Weg hier aussehen? Ein Abebben der Nachfrage nach erneuerbaren Assets und ein damit zunehmender Druck aus dem Markt auf Projektentwickler ist nicht erkennbar. Mehr Klarheit in der Regulierung und mehr Freiheiten im Betrieb von Hybrid-Anlagen unter dem EEG können sicherlich zusätzliche Anreize sowohl bei Projektentwicklern als auch bei Investoren schaffen, sich diesem Thema anzunehmen.

Bleibt zu hoffen, dass sich die Erkenntnis im Markt durchsetzt, dass es ohne mehr flexible Speicher nicht geht. Im ersten Halbjahr 2022 deckten die Erneuerbaren knapp die Hälfte der Stromerzeugung in Deutschland. Das ist aber auch nur die halbe Wahrheit. Denn alle Systemdienstleistungen im Netz, die bisher noch überwiegend von konventionellen Kraftwerken erbracht werden, müssen bei einer vollständigen Dekarbonisierung der Stromerzeugung auch mitgedacht werden. Dafür werden dringend flexible Speicherkonzepte benötigt.

— Der Autor Felix Hübner ist unabhängiger Industrieexperte und berät Kunden in den Bereichen Business Development, Innovationsmanagement und Start-up-Strategie. Zuvor war er in der Betriebsführung bei juwi und in Indien bei der GIZ tätig. Er absolvierte ein Studium der Sozialwissenschaften an der Uni Mannheim und Sciences Po Paris sowie einen MBA an der Grenoble École de Management. https://www.linkedin.com/in/felixhuebner/  —

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