Energetische Modernisierung im Bestand: Das lohnt sich – nicht immer

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Am Mittwoch veröffentlichten die Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz (DENEFF) und der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) eine Studie, die untersucht, ob es sich für Eigentümer lohnt, ihre Immobilie energetisch zu modernisieren. Basis waren Ein- und Zweifamilienhäuser mit Baujahren zwischen 1919 und 1978, was ungefähr 41 Prozent der Wohnfläche in Einfamilienhäusern bis Baujahr 2009 entspricht. Das Ergebnis: „Selbst ambitioniertes Modernisieren ist ökonomisch attraktiver als nicht zu modernisieren.“

Nichts geht ohne finanzielle Unterstützung

Allerdings nur, wenn der Staat die Häuslebesitzer finanziell unterstützt. Andernfalls zahlen sie drauf. Und das unabhängig davon, ob sie auf den KfW-Standard Effizienzhaus 85, 70 oder 55 gehen. Spannend dabei: Die Einsparungen beim Standard 55 sind so hoch, dass sie die höheren Kosten im Vergleich zum Standard 85 nicht nur ausgleichen, sondern langfristig die wirtschaftlich sinnvollere Lösung darstellen.

Eberhard Hinz, Energieberater und Co-Autor der Studie, beschreibt die Vorgehensweise: Erst müsse das Gebäude ausreichend gedämmt werden. Dann kämen die Fenster dran. Danach erst gehe es um die Versorgung mit Wärme, beispielsweise durch eine Wärmepumpe. „Gebäude mit elektrischen Wärmepumpen weisen bei vergleichbarem energietechnischem Standard ähnliche Energiekosten auf wie die Gebäude mit Pelletheizungen“, rechnet Hinz vor.

Wärmepumpe: Erfahrungswerte fehlen

Allerdings bemängelt er hier einen hohen Unsicherheitsfaktor, da eine empirisch abgesicherte Datenbasis für die Kosten von Wärmepumpen fehlten. „Die angenommenen Kosten für Wärmepumpen sind daher mit einem vergleichsweise hohen Risiko behaftet und können im Einzelfall zum Beispiel je nach Leistung der Wärmepumpe, Betrieb der Wärmepumpe und/oder gewünschten Deckungsanteilen deutlich von den hier ermittelten Kosten abweichen“, beklagt er bereits in seiner Vorgänger-Studie 2021.

Zudem ist eine energetische Sanierung auch mit Förderung teuer. Je nach Zustand des Gebäudes wird es fünf- oder sechsstellig. „Für viele ist das viel Geld, das will gut geplant sein“, empfiehlt Thomas Engelke, Leiter des Teams Energie und Bauen beim vzbv. Gerade angesichts hoher Immobilienpreise sind Finanzierungen oft schon am Anschlag. Eine weitere monatliche Belastung für die Kosten eines Darlehens zur energetischen Modernisierung können Immobilienkäufer unter Umständen nicht tragen.

Gesamtkosten (Mittelwerte der Barwerte BW) der Modell-Einfamilienhäuser nach verschiedenen Gebäudealtersklassen (EFH 48, 68, 78) mit und ohne energetische Modernisierung auf die Standards Effizienzhaus 55, 70, 85 sowie zusammenfassend im flächengewichteten Mittel aller Baualtersklassen – ohne Förderung.

Quelle: Studie DENEFF/vzbv 2022

Eine Frage des Alters

Ein weiteres Problem ist der Personal- und Materialmangel. Um nur drei Prozent des Bestands pro Jahr energetisch zu modernisieren, gibt es nicht genügend gut ausgebildete Handwerker. Und das hat dramatische Folgen. Hinz kennt einen Installateur, der Heizungen nur noch zu Tagespreisen anbietet. Man könne auch nichts machen, hohe Heizkosten zahlen, und sich den ganzen Ärger mit den Handwerkern sparen.

„De facto kann sich angesichts aktueller Heizkosten und gleichzeitig attraktiver Förderung niemand mehr leisten, nicht zu sanieren.“, sagt Christian Noll, geschäftsführender Vorstand der DENEFF zwar. Aber es ist tatsächlich auch eine Frage des Alters. Da die Studie einen Zeitraum von 25 Jahren betrachtet, werden gerade ältere Menschen die Amortisation ihrer Investition nicht mehr erleben. Nach Angaben des statistischen Bundesamts haben Jungen eine Lebenserwartung von 78,6 Jahren, müssen die Maßnahmen also spätestens mit 52 Jahren durchführen, damit die Modernisierung für sie ein Nullsummenspiel ist. Frauen können sich immerhin bis 58 Zeit lassen. Allerdings werde die Immobilie auch weitergegeben und „nicht mit dem Tod abgerissen“, sagt Noll. Das ist aber gerade in Hochpreisregionen wie dem Speckgürtel rund um München nicht der Fall. Hier rollt in der Regel der Bagger an, altes kommt weg. Hinz räumt daher auch ein: „Wenn ich weiß, das Haus wird in zehn Jahren abgerissen, dann mache ich nichts mehr daran.“ (Jochen Bettzieche)

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