Clearingstelle: Zeitpunkt der Zählersetzung ist für die EEG-Vergütung nicht entscheidend

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Ist die eigene Photovoltaik-Anlage erst einmal auf dem Dach, soll es nach dem Willen der Anlagenbetreiberinnen und Anlagenbetreiber am besten sofort losgehen mit der Stromerzeugung. Doch leider lässt der neue Zähler manchmal auf sich warten.

Mit dem Schiedsspruch vom 8.2.2022 (2021/28-IX) hat die Clearingstelle EEG|KWKG nunmehr klargestellt, dass der Zeitpunkt der Zählersetzung für die EEG-Vergütung grundsätzlich nicht entscheidend ist. Auch Strom, der vor der Zählersetzung ins Netz eingespeist wird, muss unter bestimmten Umständen vom Netzbetreiber vergütet werden.

Verantwortlich für die Zähler sind grundsätzlich die Netzbetreiber

Der Einbau der Zähler, die für den Betrieb einer Photovoltaik-Anlage erforderlich sind, ist grundsätzlich Aufgabe des örtlichen Netzbetreibers. Ein Anlagenbetreiber könnte zwar auch einen Messdienstleister seiner Wahl mit dem Zählereinbau beauftragen. Macht er dies jedoch nicht, liegt die Verantwortung für die Zähler kraft Gesetzes beim Netzbetreiber als sogenannter „grundzuständiger Messstellenbetreiber“.

Das war nicht immer so. Bis zur Einführung des Messstellenbetriebsgesetzes (MsbG) im Jahr 2016 war es vielmehr originäre Aufgabe des Anlagenbetreibers, dafür Sorge zu tragen, dass der ins Netz eingespeiste Strom korrekt gemessen wird. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte dies mit Verweis auf das Kaufrecht begründet: Stromlieferungen seien wie der Verkauf einer beweglichen Ware zu behandeln. Und im Kaufrecht sei es Sache des Verkäufers, seine Verkaufsware zu wiegen und zu messen (vgl. BGH, Urt. 23.02.2013 – EnVR 10/12 –, juris).

Mit dem Messstellenbetriebsgesetz wurde jedoch ein Paradigmenwechsel vollzogen. Nun müssen auch die für die Photovoltaik-Anlage benötigten Zähler vom Messstellenbetreiber bestimmt und eingebaut werden. Manche Netzbetreiber haben dies allerdings bis heute scheinbar noch nicht wirklich verinnerlicht. Sie verlangen weiterhin, dass der Anlagenbetreiber für den Zählereinbau einen entsprechenden „Antrag“ stellt oder dass er selbst einen Installateur mit dem Zählereinbau beauftragt. Beides ist genau genommen nicht korrekt.

Netzanschluss erfordert regelmäßig Mitwirkung der Netzbetreiber

Das Verfahren zur Anmeldung und zum Anschluss einer neuen Photovoltaik-Anlagen und zur Zählersetzung ist allerdings nicht bei allen Netzbetreibern gleich. Denn das EEG und das MsbG enthalten hierzu nur punktuell Vorgaben.

So ist dem EEG etwa zu entnehmen, dass Photovoltaik-Anlagen nicht ohne Abstimmung mit dem Netzbetreiber errichtet und ans Netz angeschlossen werden dürfen. Auch wenn der Anlagenbetreiber den Netzanschluss grundsätzlich von jeder „fachkundigen Person“ vornehmen lassen darf (vgl. § 10 Abs. 1 EEG), so setzt das EEG doch voraus, dass zunächst ein sogenanntes Anschlussbegehren an den Netzbetreiber gerichtet wird (vgl. § 8 EEG). Nur wenn der Netzbetreiber hierauf nicht binnen eines Monats reagiert, dürfen kleine Photovoltaik-Anlagen bis 10,8 Kilowattpeak installierter Leistung auch ohne Freigabe durch den Netzbetreiber über den vorhandenen Hausanschluss angeschlossen werden.

In den aller meisten Fällen erhalten die „Anschlussbegehrenden“ jedoch vom Netzbetreiber eine positive Einspeisezusage für einen bestimmten Netzverknüpfungspunkt. Wie es danach konkret weiterzugehen hat, bestimmt jeder Netzbetreiber weitgehend selbst. Manche Netzbetreiber verlangen, dass Netzanschluss und die erstmalige Netzeinspeisung im Beisein eines Mitarbeiters der Netzbetreibers erfolgen. Andere Netzbetreiber überlassen es nach der entsprechenden Freigabe dem Elektroinstallateur vor Ort, die Anlage anzuschließen und den Zähler erforderlichenfalls selbst zu wechseln.

Vergütung nur bei Kenntnis der Netzbetreiber

Die Clearingstelle musste sich jüngst im Rahmen eines Schiedsverfahrens ganz genau mit Netzanschluss und Zählersetzung befassen (Schiedsspruch vom 08.02.2022 – 2021/28-IX). Dabei ging es um die Frage, inwiefern ein Anlagenbetreiber die EEG-Vergütung auch für Strom verlangen kann, den er vor der Zählersetzung ins Netz eingespeist hatte.

In diesem konkreten Fall hatte der Elektriker, der den Netzanschluss vorgenommen hatte, die Photovoltaik-Anlage sogleich angeschaltet. Die Anlage speiste danach Strom ins Netz ein, obwohl der Strom vom Netzbetreiber messtechnisch noch nicht erfasst werden konnte. Der Netzbetreiber sprach daher von einer „wilden Einspeisung“ – und wollte nur den Strom ab Zählersetzung vergüten.

Die Clearingstelle sah dies jedoch anders und gab dem Anlagenbetreiber zum Teil Recht. Nach Ansicht der Clearingstelle komme es für die EEG-Vergütung zwar in erster Linie darauf an, dass Strom aus einer Photovoltaik-Anlage in das Netz eingespeist wird. Die Stromeinspeisung allein genügt jedoch noch nicht. Vielmehr müsse der Netzbetreiber auch Kenntnis davon haben, dass Solarstrom in sein Netz eingespeist wird. Denn nur dann könne der Netzbetreiber die Stromeinspeisungen richtig bilanzieren und vermarkten.

Insoweit ließ es die Clearingstelle auch nicht genügen, dass der Netzbetreiber vom Anlagenbetreiber das Formular zur Meldung des Netzanschlusses erhalten hatte. Dem Formular sei nämlich nicht zu entnehmen gewesen, dass die Photovoltaik-Anlage auch schon laufe und Strom ins Netz einspeise. Dies wurde dem Netzbetreiber erst später telefonisch mitgeteilt.

Nur wenige weitere Voraussetzungen

Die Clearingstelle hat mit diesem Schiedsspruch zudem klar herausgearbeitet, auf welche weiteren Umstände es für die EEG-Vergütung ankommen kann. So verlangt das EEG zum einen, dass der Anlagenbetreiber seinen Strom vorab einer bestimmten Veräußerungsform zuordnet (vgl. § 21b EEG). Zum anderen muss die Anlage im Marktstammdatenregister registriert sein.

Auf den Zeitpunkt der Zählersetzung kommt es dagegen – entgegen der Rechtsauffassung des Netzbetreibers – nicht an. Auch ein mit dem Netzbetreiber abgestimmtes Messkonzept wird vom EEG nicht verlangt. Soweit die betreffenden Strommengen nicht mit einem geeichten Zähler erfasst wurden, können die Mengen im Wege der Ersatzwertbildung ermittelt werden.

Die technischen Vorgaben haben ebenfalls keine Relevanz für den Vergütungsanspruch. Gravierende Verstöße gegen technische Anforderungen mögen zwar unter Umständen dazu führen, dass der Netzbetreiber den Netzanschluss verweigern darf. Der Netzbetreiber darf aber nicht die Auszahlung der Vergütung verweigern, nur weil er meint, dass eine bestimmte technische Norm nicht eingehalten worden sei.

Folgen für die Praxis

Die Entscheidung der Clearingstelle verdeutlicht noch einmal, dass die EEG-Vergütung nicht vom Belieben der Netzbetreiber abhängt. Vor allem können Netzbetreiber die Vergütungsvoraussetzungen nicht dadurch hinauszögern, dass sie sich mit der Zählersetzung Zeit lassen.

Gleichwohl sollten Photovoltaik-Anlagen in aller Regel nicht ohne Freigabe durch den Netzbetreiber eingeschaltet werden. Vorsicht ist vor allem dann angezeigt, wenn der alte Zähler durch die Stromeinspeisungen rückwärtslaufen würde. Denn das könnte leicht einen Straftatbestand erfüllen, weil nämlich der Strombezug aus dem Netz nicht mehr korrekt berechnet werden könnte. Das sollte tunlichst vermieden werden.

Die Vergütung des Stroms, der vor der Installation des neuen Zweirichtungszählers eingespeist wurde, sollte daher die Ausnahme bleiben. Im Normalfall sollte die Zählersetzung besser abgewartet werden.

— Der Autor Rechtsanwalt Sebastian Lange ist Inhaber der in Potsdam ansässigen Projektkanzlei (www.projektkanzlei.eu). Er ist auf das Recht der Erneuerbaren Energien spezialisiert. Rechtsanwalt Sebastian Lange vertritt bundesweit Photovoltaik-Anlagenbetreiber bei Streitigkeiten mit Netzbetreibern. Auf seinem Web-Portal www.mein-pv-anwalt.de informiert er regelmäßig über juristische Fallstricke beim Betrieb einer Photovoltaik-Anlage und gibt Tipps. —

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