Die unternehmerische Photovoltaik-Beteiligung als Investment: Die Absicherung der Bauphase

Teilen

Den vertrauenswürdigen Anbieter einer gewerblichen Photovoltaik-Anlage haben Sie nach einer intensiven Recherche auf dem Markt gefunden, die umfangreiche Dokumentation zum gewerblichen Photovoltaik-Projekt haben Sie auf Herz und Nieren geprüft und sich dann zur Unterschrift des Kaufvertrages entschieden. Trotz der umfangreichen Prüfung kommt es immer wieder während der Bauphase zum Totalverlust der Investition, da das Risiko der Anlagenerstellung vom Anbieter einseitig auf den Investor übertragen wird.

Die Zahlungskonditionen sehen in Ihrem Kaufvertrag eine Bezahlung der Photovoltaik-Anlage nach Baufortschritt vor. Typischerweise finden sich die folgenden Zahlungskonditionen so oder ähnlich in den Kaufverträgen:

 

Baufortschrittin Prozent
Auftrag und Abschluss des Kaufvertrages15
Bestellung Module, Wechselrichter, Unterkonstruktion50
Fertigstellung der Unterkonstruktion und Verlegung Solarkabel10
Montage der Photovoltaik-Module10
Montage der Wechselrichter, Trafo, Übergabestation10
Baufertigstellung mit Abnahme und Anschluss ans öffentliche Netz5

 

Durch eine einfache E-Mail oder einen Brief bestätigt Ihnen der Anbieter in der Regel die Erfüllung der Zahlungskondition, um Sie damit zur entsprechenden Teilzahlung aufzufordern. Manchmal bekommen Sie auch Fotos von der Baustelle als Nachweis der Erfüllung der Zahlungskondition. Einige Anbieter schalten gar noch einen Treuhänder (unter anderem Rechtsanwalt) ein, um die tatsächliche Erfüllung der Zahlungskondition zu prüfen, bevor die Zahlung vom Treuhandkonto an den Anbieter ausgelöst wird.

Im vollen Vertrauen zu der mehrjährigen Erfahrung des Anbieters und seiner beworbenen Qualitätssicherungsmaßnahmen im Anlagenbau überweisen Sie oder der Treuhänder vertragsgerecht die geforderte Teilzahlung und Sie freuen sich schon auf die Endabnahme und Übergabe der versprochenen Photovoltaik-Anlage.

Vertragsgetreu ziehen Sie bei der Endabnahme einen qualifizierten und unabhängigen Sachverständigen hinzu, der Sie bei der Abnahme der Photovoltaik-Anlage unterstützt und Ihre Interessen wahrnimmt. Der Sachverständige kommt nach einer intensiven Prüfung der zur Verfügung gestellten Dokumente und der errichteten Photovoltaik-Anlage zu der Erkenntnis, dass die Photovoltaik-Anlage nicht abnahmefähig ist, da erhebliche bauliche Mängel festzustellen sind.

Selbstverständlich fordern Sie nun vor der Bezahlung der Abschlussrechnung die Lieferung einer vertragsgerechten und mangelfreien Photovoltaik-Anlage, die nach dem jeweiligen Stand der Technik und den Herstellervorgaben gebaut werden sollte.

Der Anbieter müsste nun eigentlich ohne großen Protest auf seine Kosten die festgestellten Mängel beheben. Das genau tut er aber nicht. Der Anbieter reagiert zudem zu Ihrer großen Überraschung noch nicht einmal auf Ihre Anrufe, E-Mails oder anwaltliche Schreiben. Die Mängelbehebung zieht sich nun hin. Mit dem Anbieter beginnt nun der Streit über die Verantwortlichkeit für die Mängel und die Kosten der Mängelbeseitigung. Als Investor sind Sie nun aber in einer schlechten Verhandlungslage, da Sie bereits 95 Prozent des Kaufpreises an den Anbieter überwiesen haben. Der Anbieter hat dagegen bereits seine Kosten bereits gedeckt und schon den größten Teil des Gewinnes aus dem Projekt realisiert, so dass seine Zurückhaltung die Mängel zu beseitigen ansatzweise nachvollziehbar ist.

Im Vertrauen auf die Ineffizienz des deutschen Rechtssystems lässt es der Anbieter – gerade bei komplexen Sachverhalten – dann gerne auf eine zivilrechtliche Klage ankommen, die sich über mehrere Jahre und mehrere Instanzen hinziehen kann. Die meisten Investoren geben allein ob dieser Aussicht entmutigt auf und zahlen die vom Anbieter geforderten Kosten der Mängelbeseitigung oder schreiben die Investition zähneknirschend ab.

In diese Situation kommen derzeit nicht wenige Investoren und gerade in den letzten Jahren häufen sich diese Fälle. Die Frage nach dem „Warum konnte mir das passieren“ stellt sich unmittelbar. Warum haben die Sicherungsinstrumente (Auswahl des Anbieters, Prüfung, gute Bauchgefühl) nicht gegriffen? Die Hauptgründe für das „Warum“ sind meistens schnell identifiziert:

Ungleiche Geschäftspartner

Als Investor einer gewerblichen Photovoltaik-Anlage lassen Sie sich auf ein Business-to-Business (B2B) -Geschäftsmodell ein, ohne dass Sie in der Regel dafür die fachliche Qualifikation mitbringen oder die Spielregeln dieses Geschäftes kennen. Die gesetzlichen Regelungen zum Verbraucherschutz schützen Sie nicht wie in dem Ihnen bekannten Business-to-Consumer (B2C) -Geschäftsmodell. Der Kauf einer unternehmerischen Photovoltaik-Beteiligung setzt Sie aber vollständig den Regeln aus, die zwischen Gewerbetreibenden herrschen, da Sie als Photovoltaik-Unternehmer eben ein Gewerbe betreiben.

Margendruck/Margengier beim Anbieter

Im Photovoltaik-Anlagenbau ist es nicht untypisch, dass der Anbieter dem Investor in der Regel einen Festpreis anbietet. Manchmal verkalkuliert sich aber der Anbieter oder erratische Preiserhöhungen während der Bauphase – wie jetzt im Jahr 2021 – verursachen Kostenerhöhungen, die aufgrund des Festpreises nicht an den Kunden weitergegeben werden können. Beim Anbieter droht nun finanzieller Verlust bei Ihrem Auftrag. Daher versucht er, diese Kostenerhöhungen durch andere Kostensenkungen beim Montageteam oder unangemeldeten Austausch von anderen wesentlichen Komponenten (Module, Wechselrichter, Unterkonstruktion) zu kompensieren. Änderungen dieser Art führen in der Regel zu Qualitätseinbußen im Projekt, die die Abnahmefähigkeit beeinflussen.

Zum Schutz Ihres Vermögens können Sie sich als Investor aber die Regeln des Business-to-Business (B2B)-Geschäftsmodells zu eigen machen, um die finanziellen Risiken der kritischen Bauphase abzusichern. Das Risiko eines finanziellen Totalverlustes kann somit signifikant reduziert werden.

Folgende Möglichkeiten bieten sich Ihnen zur Absicherung der Bauphase an:

  1. Änderung der Zahlungskondition

Eine Änderung der Zahlungskondition hilft Ihnen nur, wenn wirklich der gesamte Kaufpreis – also 100 Prozent – erst nach der Abnahme ohne Mängel gezahlt werden muss. Der Anbieter muss somit den Bau der Photovoltaik-Anlage vollständig vorfinanzieren und geht damit vollkommen ins Risiko der Abnahme durch den Investor, wenn die Anlage nicht den vertraglichen Vereinbarungen entspricht. Entsprechend dieser Zahlungskondition werden die vertraglichen Vereinbarungen zur Leistungsbeschreibung und zur Abnahme ein hohes Gewicht in den Kaufverträgen haben und sehr detailliert beschrieben werden müssen. In der Regel wird eine Abnahme dann durch einen gerichtszugelassenen oder öffentlich bestellten Sachverständigen erfolgen. Diese Abnahme der Photovoltaik-Anlage sollte dann auch für beide Vertragsparteien bindend sein.

  1. Baubegleitendes Monitoring

Da nur wenige Anbieter von gewerblichen Photovoltaik-Anlagen diese unter Punkt 1 genannten Zahlungskonditionen anbieten können oder werden, kann das baubegleitende Monitoring für Sie eine wirksame und kostengünstigere Alternative sein. Ein Sachverständiger informiert sich anhand der vorgelegten Dokumente und auf der Baustelle, ob die jeweiligen Leistungen tatsächlich und auch fachgerecht ausgeführt wurden, bevor die Teilzahlung erfolgt und bevor der nächste Installationsabschnitt erfolgt. Damit erhöht der Investor erheblich die Wahrscheinlichkeit, dass die Zahlungen nur für vertragsgerechte Leistungen des Anbieters erfolgen. Fehler in der Installation werden somit frühzeitig gefunden und können damit kostengünstiger behoben werden, da ein vermeintlicher Schaden sich somit in der Regel auf den letzten Arbeitsschritt reduziert. Da der Anbieter von gewerblichen Photovoltaik-Anlagen häufig Nachunternehmer zur Vertragserfüllung einsetzt, sichert sich der Anbieter durch dieses baubegleitende Monitoring ebenso gegen die schlechte Leistung des Nachunternehmers ab. Eine Win-Win-Situation kann für den Investor und den Anbieter entstehen.

Bei beiden Möglichkeiten müssen Sie als Investor mit höheren Kaufpreisen für die Photovoltaik-Anlage rechnen, da die Kosten zur Zwischenfinanzierung bei der Bank oder die Kosten für den Sachverständigen, der das baugleitende Monitoring durchführt, bezahlt werden müssen.

Als Investor entscheiden Sie sich aber letztlich mit den Zusatzkosten für eine Risikoprämie zur Absicherung Ihrer Investition und zum Schutz vor einem Totalverlust Ihres Vermögens. Wenn Sie sich diese Risikoabsicherungsprämie nicht leisten wollen und es dann – wie eingangs jedoch beschrieben – „in die Hose geht“, dann erleiden Sie möglicherweise einen finanziellen Totalverlust. Alternativ bezahlen Sie später die Kosten zur Beseitigung der Mängel, oder ein Vielfaches der Risikoprämie an Rechtsanwälte und Gerichtskosten.

Machen Sie es daher wie die professionellen Anlagen-Einkäufer. Sichern Sie sich durch eine kostengünstige Risikoprämie Ihre Investition, Ihr Vermögen und Ihre Lebensqualität ab. Sparen Sie sich einen möglichen langjährigen Streit und sorgen Sie vor der Unterschrift des Kaufvertrages einer gewerblichen Photovoltaik-Anlage vor. Es lohnt sich.

Über die Autoren

Kai-Wilfrid Schröder hat jahrelange Erfahrung in der Projektentwicklung von Erneuerbare-Energien-Projekte für die Stromeigenversorgung. Aufgrund vieler bekanntgewordener Projektentwicklungsfehler aus Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien hat Kai-Wilfrid Schröder mit einem Ingenieurteam die Beratungsfirma Utility Consultants gegründet, die technische und kaufmännische Analysen für Geldanleger und Investoren in den erneuerbaren Energien anbietet. Der fachkundige Rat soll den privaten Investor vor Fehlentscheidungen in eine Investition oder eine Geldanlage schützen.  Mehr Informationen finden Sie unter http://www.utility-consultant.de/

 

Sabine Birken leitete die Rechtsabteilung der Celanx GmbH. Sie setzte dort internationale Erfahrung – auch im Bereich „Strafrechtliche Compliance“ – im Rahmen der Vertragsgestaltung für Bau und Betrieb von Erneuerbare-Energien-Anlagen sowohl deutschlandweit als auch international ein. Die branchenüblichen B2B-Praktiken übersetzt und überträgt Sabine Birken in eine verständliche Sprache für den privaten Anleger, der erstmalig als Gewerbetreibender in eine Photovoltaik-Anlage investiert.

Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion@pv-magazine.com.

Dieser Inhalt ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht kopiert werden. Wenn Sie mit uns kooperieren und Inhalte von uns teilweise nutzen wollen, nehmen Sie bitte Kontakt auf: redaktion@pv-magazine.com.