Annalena Baerbock im Kanzleramt?

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Zur Bundestagswahl treten nun drei Männer als Spitzenkandidaten an: Scholz, Lindner und Söder/Laschet, sowie eine Frau, Annalena Baerbock für die Grünen.

Robert Habeck hat es vorgemacht: Ein kluger Mann kann unterstützend und mitarbeitend in den Hintergrund treten, wenn eine kluge Frau antreten will. Ein neuer Politikstil und ein mutige Frau.

Baerbock war Profi-Trampolin-Springerin. Der doppelte Salto war ihr liebster Sprung. Das wird sie brauchen. Baerbock hat auch die Unterstützung ihrer Familie. Sowohl ihres Ehemanns wie auch ihres „Polit-Manns“. Habeck hat sechs Jahre Regierungserfahrung als Umwelt- und Landwirtschaftsminister. Das könnte klappen.

Diese politische Kultur ist neu in der deutschen Politik. Bisher galt Kampf, Kampf, Kampf. Jetzt könnte gelten: Partnerschaft und Kooperation. Es wird sich zeigen, ob das gut geht und ob diese neue politische Kultur auch von den Wählerinnen und Wählern akzeptiert wird. Dieser neue Politikstil könnte den Frauen besser gefallen als den Männern.

Annalena Baerbock spricht bei ihrer Vorstellung nicht nur vom Klimaschutz, sondern auch davon, dass sie ein „gutes Leben für alle“ wolle, von Kitas, von Bildung und Gerechtigkeit. Und davon, dass endlich die gesamte Gesellschaft in ein digitales Zeitalter geführt werden müsse. „Ich bin nicht mehr jung, aber auch noch nicht alt“. Da spricht eine neue Politiker-Generation, die beseelt ist von Zukunftsthemen. Deutschland und Europa von morgen.

Annalena Baerbock erinnert auch an das Pariser Klimaabkommen vor fünf Jahren. Als das 1,5 Grad-Ziel beschlossen war, lagen sich Vertreter von 194 Staaten in den Armen, weil sich die Menschheit zum ersten Mal in der Geschichte als Menschheitsfamilie und nicht mehr als Feinde verstanden hatte. Die Völkerrechtlerin hatte begriffen. Sie hat auch internationale Erfahrung, die sie noch brauchen wird, falls sie Kanzlerin wird.

Diese Kandidtenwahl kann für die Grünen zum entscheidenden Vorteil bei der Bundestagswahl werden. Je mehr sich in der Union Söder und Laschet ineinander verhaken, desto eher kann das grüne Spitzenduo durch Gemeinwohl-Politik punkten. Die beiden Spitzen-Grünen sind Teamplayer. Dafür wurden sie von ihrer Basis gewählt. Das könnte neben Stil und Programm ihr entscheidender Vorteil bei den nächsten Wahlen sein.

Annalena Baerbock zu ihrer Doppelrolle als Politikerin und Mutter: „Ich habe zwei kleine Kinder. Und ich will deshalb nicht aufhören, Mutter zu sein, bloß weil ich Spitzenpolitikerin bin. Und es wird Momente geben, da bin ich nicht da, weil es wichtiger ist, dass ich bei meinen Kindern bin“ Hat es in der deutschen Politik jemals einen Mann gegeben, der ähnlich geredet, gedacht und gehandelt hat?

Sie tritt auch an, um in der Politik Voraussetzungen für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu schaffen. Das ist familienfreundlich und menschenfreundlich. Eine junge Mutter im Kanzleramt, das ist jetzt immerhin möglich. Deutschland kommt allmählich im 21. Jahrhundert an.

— Der Autor Franz Alt ist Journalist, Buchautor und Fernsehmoderator. Er wurde bekannt durch das ARD-Magazin „Report“, das er bis 1992 leitete und moderierte. Bis 2003 leitete er die Zukunftsredaktion „Zeitsprung“ im SWR, seit 1997 das Magazin „Querdenker“ und ab 2000 das Magazin „Grenzenlos“ in 3sat. Die Erstveröffentlichung des Beitrags erfolgte auf www.sonnenseite.com. —

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