Umweltbundesamt hält EU-weite Minderung der CO2-Emissionen um sechzig Prozent bis 2030 für machbar

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Die EU-Kommission setzt sich dafür ein, die CO2-Emissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren. Nicht genug, meint das Europaparlament: Die Abgeordneten wollen mehrheitlich eine Reduktion um 60 Prozent. Eine neue Studie des Umweltbundesamtes (UBA) zeigt nun, dass dies machbar ist. Zentral sei dabei eine schnelle Reform des EU-Emissionshandels. Daneben könnten auch die bislang nicht vom Emissionshandel erfassten Sektoren Verkehr und Gebäude sowie Gewerbe, Teile der Industrie und die Landwirtschaft einen größeren Beitrag leisten als bisher. Das UBA betont, dass ihre Studie kein Beitrag im Rahmen der deutschen Ratspräsidentschaft ist.

Bei einem EU-Gesamtziel von minus 60 Prozent gegenüber 1990 müssten die Emissionen von Industrie- und Energieanlagen im Emissionshandel dem UBA zufolge bis 2030 um mindestens 66 bis 71 Prozent gegenüber 2005 sinken. UBA-Präsident Dirk Messner hält diesen zunächst überproportionalen Beitrag für durchaus machbar: „Die tatsächlichen Emissionen von Energiewirtschaft und Industrie liegen seit vielen Jahren deutlich unterhalb der festgelegten Obergrenze im europäischen Emissionshandel.“ Diese Marke müsse an ein ambitionierteres EU-Klimaziel für 2030 angepasst werden. „Über die Senkung der Zertifikatsmengen, die versteigert werden, könnte das schon kurzfristig umgesetzt werden“, so Messner. Wichtig sei dabei, dass die Unternehmen hier schnell Planungssicherheit bekommen.

Rund 60 Prozent der EU-weiten CO2-Emissionen entfallen allerdings auf Sektoren, die nicht vom Emissionshandel erfasst werden. Auch hier liegt noch viel Potenzial für den Klimaschutz. Heben lässt es sich nach Meinung des UBA unter anderem, indem auch für Brennstoffe wie Benzin, Diesel, Gas oder Öl ein Emissionshandel eingeführt wird. Das würde helfen, auch diese Emissionen europaweit kosteneffizient und verlässlich zu senken. Zudem würden die Staaten darüber zu Einnahmen kommen, die sie nutzen könnten, um klimafreundliche Investitionen anzustoßen. Dabei ist eine solidarische Verteilung der Mittel innerhalb der EU wichtig, betont das UBA.

Hier müsse anfangs eine klare Trennlinie zwischen den klassischen EU-Emissionshandelssektoren (Energie und Industrie) und den neuen Sektoren (vor allem Gebäude und Verkehr) gezogen werden. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass die Minderung vor allem in den klassischen Sektoren stattfindet – dort ist die Emissionsminderung aktuell kostengünstiger. Ein gemeinsames System würde daher zunächst keine ausreichenden finanziellen Anreize setzen, sich von klimaschädlichen Techniken bei Gebäuden und Mobilität zu verabschieden.

Parallel zur Erweiterung des Emissionshandels sollten nach Ansicht des UBA Hebel wie die Verschärfung des Flottengrenzwertes für PKW oder LKW oder eine deutliche Beschleunigung bei der Sanierung des Gebäudebestands genutzt werden. „Wir brauchen für die Sektoren Gebäude und Verkehr einen gut abgestimmten Instrumenten-Mix“, betont Messner. Dazu gehöre neben dem Emissionshandel eine kluge Mischung aus ordnungsrechtlichen und fiskalischen Instrumenten, etwa die Förderung der energetischen Sanierung von Gebäuden. Das UBA unterstützt daher das von der EU-Kommission für die erste Jahreshälfte 2021 angekündigte Klima-Gesetzespaket.

Greenpeace fordert Ende der Verbrennungsmotoren

Greenpeace nimmt die UBA-Studie zum Anlass, die Bundesregierung zu stärkerem Engagement für den europäischen Klimaschutz aufzufordern. “Die Analyse des Umweltbundesamt zeigt: Europa kann viel mehr tun für den Schutz des Klimas“, erklärt Lisa Göldner, Klimaexpertin von Greenpeace. „Dass wir mehr tun müssen, sagt die Klimawissenschaft seit Jahren.“ Auch das EU-Parlament und fortschrittliche Mitgliedstaaten wollen den CO2-Ausstoß schneller und stärker senken, als von der Kommission vorgeschlagen, so Göldner. „Bundeskanzlerin Merkel muss diesen Rückenwind nutzen und bis Ende des Jahres ein europäisches Klimaziel verabschieden, das der Dringlichkeit der Klimakrise gerecht wird.

Nach Ansicht der Greenpeace-Klimaexpertin unterstreicht die UBA-Analyse erneut den Rückstand des Verkehrs im Klimaschutz. Den Verkehr in den europäischen Zertifikatehandel aufzunehmen ist aber das falsche Mittel, erklärt Göldner mit Verweis auf die Studie. „Um die Emissionen im Verkehrs schnell und deutlich zu senken, führt kein Weg vorbei an strikteren Flottengrenzwerten und letztlich einem europaweiten Ausstiegsdatum aus dem Verbrennungsmotor.”

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