EU-Gipfel beschließt Finanzplan mit blassgrünem Anstrich

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Insgesamt 91 Stunden haben die Staats- und Regierungschefs der EU über das europäische Corona-Hilfspaket sowie die Finanzplanung für die kommenden Jahre verhandelt. Nach zähem Ringen haben sich die Politiker auf einen mit 390 Milliarden Euro ausgestatteten Rettungsfonds sowie ein Kreditprogramm in Höhe von 360 Milliarden Euro verständigt, die die wirtschaftlichen Folgen in den besonders hart von der Pandemie getroffenen Mitgliedsstaaten abmildern sollen. Zudem einigten sie sich auf einen EU-Haushalt für die Jahre 2021 bis 2027 in Höhe von insgesamt 1074 Millionen Euro.

Dreißig Prozent aller Gelder des Haushalts sowie des Corona-Hilfspakets soll in Maßnahmen zum Klimaschutz fließen, etwa in den Ausbau der erneuerbaren Energien, in die energetische Gebäudesanierung, die Elektromobilität oder den öffentlichen Nahverkehr. Zu wenig, meint die Deutsche Umwelthilfe (DUH) – die Marke sei zu gering, um die Pariser Klimaschutzziele zu erreichen. Dafür seien mindestens 40 Prozent nötig. Insbesondere beim 750 Milliarden Euro schweren Corona-Wiederaufbaufonds bleiben Umwelt- und Klimaschutzkriterien unkonkret, kritisiert die DUH. Viele Formulierungen seien vage. Es drohe die Gefahr, dass sie in den kommenden Monaten und Jahren ausgehöhlt und damit nutzlos würden.

Die DUH fordert deshalb das Europaparlament auf, im weiteren Budget-Prozess nachzubessern und ambitioniertere Ziele durchzusetzen. „Europa kann die Klimakrise nur entschlossen und gemeinsam bewältigen – so wie auch die Coronakrise. Und wir können nur hoffen, dass die Europaparlamentarier das besser verstehen als die Staats- und Regierungschefs“ sagt Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner.

Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE), begrüßt ausdrücklich, dass eine Eingung auf ein Konjunkturpaket möglich wurde. „Allerdings fehlt ein Impuls im Bereich der Klima- und Energiepolitik. Hier muss dringend nachgebessert werden!“ Die Investitionen im energie- und klimapolitischen Bereich kämen im finalen Verhandlungsdokument des Gipfels deutlich zu kurz. „Nur 30 Prozent der veranschlagten Mittel für den Klimaschutz zu nutzen wird der Bedeutung der Klimapolitik als Innovationsmotor für die europäischen Volkswirtschaften und damit für ein Europa der Zukunft nicht gerecht“, kritisiert Peter. Es fehlten konkrete Kritieren hinsichtlich der klimaschutzfreundlichen Verwendung der Mittel. „In der vorliegenden Form erreicht das Paket keinesfalls das Ziel einer zukunftsweisenden Krisenbewältigung. Hier verstreicht eine großartige Möglichkeit, der europaweiten Energiewende einen kräftigen Schub zu geben. Die muss das Europäische Parlament durch Nachbesserungen nun stärker voranbringen“, so Peter.

Greenpeace sieht den Beschluss des EU-Gipfels dagegen grundsätzlich positiv. Damit aus dem Kompromiss der versprochene grüne Wirtschaftsplan, müsse das Europäische Parlament jetzt jedoch dringend Nachbesserungen durchsetzen. „30 Prozent aller EU-Mittel und vor allem 40 Prozent des riesigen Agrarbudgets an den Schutz des Klimas zu koppeln, ist ein Versprechen gegenüber Millionen von Menschen, die Klimaschutz als Fundament einer zukunftsfähigen Wirtschaft fordern“, sagt Geschäftsführer Martin Kaiser. Damit dieses Versprechen nicht zur hohlen Phrase verkommt, müssten Bundeskanzlerin Angela Merkel und das europäische Parlament aber verbindlich ausschließen, dass EU-Gelder weiterhin Konzerne und Agrarfabriken finanzieren, die auf Kosten von Natur und Klima wirtschaften. „Nur wenn Kanzlerin Merkel die vagen Stellen des Kompromiss‘ während der deutschen Ratspräsidentschaft in belastbare politische Beschlüsse umwandelt, haben sich die vergangenen vier Tage und Nächte gelohnt“, sagt Kaiser.

Neben dem Finanzplan haben die Staats- und Regierungschefs der EU auch beschlossen, eine europäische CO2-Grenzsteuer einzuführen. Wer Produkte und Güter aus Staaten importiert, die weniger ambitionierte Klimaziele verfolgen, soll einen Aufschlag zahlen müssen. Ziel ist es, zu verhindern, dass Unternehmen ihre Produktion aus Europa in Länder mit niedrigeren Umweltstandards verlagern. „Die angekündigte CO2-Grenzsteuer und ein realistischer CO2 Preis für alle schmutzigen Industrien haben das Zeug, endlich mit der Umsetzung des Pariser Klimaabkommens ernst zu machen“, kommentiert Greenpeace-Geschäftsführer Kaiser. Zudem haben sich die Politiker auf eine Plastiksteuer geeinigt. Jeder Mitgliedsstaat muss künftig pro Kilogramm nicht recyceltem Kunststoffmüll 80 Cent an die EU abführen.

Hinweis der Redaktion: Wir haben den Text am 21. Juli (15.30 Uhr) um das BEE-Statement ergänzt.

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