Die Internationale Energie Agentur (IEA) warnt in ihrem neuen World Energy Outlook 2018 (WEO 2018) vor einer dramatischen Unterversorgung der weltweiten Erdölversorgung. Nicht erst in Jahrzehnten – nein, bereits in den kommenden fünf Jahren soll diese eintreten! Dies ist deshalb besonders bedeutsam, weil die IEA bisher immer die Frage nach dem Maximum der globalen Erdölförderung – dem Peak Oil – ignoriert hat und die Botschaft setzte, dass es auch weiterhin keine Engpässe in der Ölversorgung gäbe.
Dies rächt sich nun dramatisch für die Weltwirtschaft. Sie hatte zum größten Teil auf die IEA-Thesen vertraut, es gäbe noch genügend Erdöl und hat deshalb nicht auf Erneuerbare Energien gesetzt. Kein Wunder, denn auch hier hat die IEA immer die falschen Botschaften vermittelt: Die Erneuerbaren Energien könnten nicht schnell wachsen und wären zu teuer – eine These, die sie auch im WEO 2018 aufrechterhält. Genau diese zwei Botschaften haben viele in der Welt davon abgehalten, in Erneuerbare Energien zu investieren und sind stattdessen Konsumenten der fossilen/atomaren Energien geblieben – allen Klimaschutznotwendigkeiten zum Trotz. Doch genau das rächt sich nun für sie und damit für die Weltwirtschaft sowie den Milliarden Erdöl-Kunden.
Die Association for the Study of Peak Oil and Gas (ASPO Deutschland) hat sich den am 13. November erschienenen WEO 2018 näher angeschaut. Im kostenpflichten Teil des Berichts fand sie die dramatische Botschaft auf Seite 159:
Wenn nicht massiv in neue Erdölförderungen aus neuen Quellen investiert wird, dann – so die IEA – wird 2025 die Erdölförderung auf die Hälfte des heutigen Standes zurückfallen. Hintergrund dieser als Apell zu verstehenden Aussage ist die von Ökonomen vertretene Auffassung, dass nur genug in die Exploration investiert werden müsse, um wieder mehr Öl zu finden und kurze Zeit später zu fördern. Das allerdings geht nur, wenn noch ausreichend Öl vorhanden ist. Doch viele Geologen betrachten die Erde als „aus-exploriert“, da eine massive Investitionstätigkeit seit Anfang der 2000er Jahre zu keinen großen Neufunden geführt hat. Im Gegenteil: die Neufunde sind auf ein historisches Tief gefallen. Daher hat die Ölindustrie ihre Investitionen seit 2014 stark zurückgefahren und zeigt wenig Bereitschaft, diese wieder auszuweiten; stattdessen werden in großem Stil Aktien zurückgekauft.
Auch eine maximale Ausweitung der US-Fracking-Aktivitäten wird den Rückgang bei der konventionellen Ölförderung nicht kompensieren können. Und übrigens gibt es ja inzwischen die Divestment-Bewegung. Immerhin wurde aus Verantwortung für den Planten bereits entschieden, dass über 6 Billionen US Dollar Anlagevermögen aus der fossilen und atomaren Finanzierung zurückgezogen werden.
Es wird also keine nennenswerte Investitionen in neue Erdölförderung geben, wie sie die IEA allen Klimaschutznotwendigkeiten zum Trotz fordert.
Das Ganze ist ein Schreckensszenario für die Weltwirtschaft. Denn die, die auf 100 Prozent erneuerbare Energien umgestellt haben, sind viel zu Wenige, als dass sie den Weltwirtschaftscrash verhindern könnten. Trotz all dem wird das Problem des Peak Oil von Medien, Politik oder Unternehmen weiterhin nicht ernst genommen. Dabei sieht nun sogar die IEA den Peak Oil bei 2020. ASPO und Energy Watch Group (EWG) haben seit vielen Jahren in vielen Studien vor den Auswirkungen und der schnellen Erreichung des Peak Oil gewarnt. Doch die tauben Ohren waren und sind bis heute in der übergroßen Mehrheit.
Wie heftig politische Konflikte und Aufstände auf Grund von Benzinpreiswut sind, hat die Vergangenheit schon oft gezeigt. Gestern konnte man dies wieder in Frankreich hautnah erleben. Mehr als 240 Tausend Menschen protestierten gegen die Französische Regierung, weil diese Steuererhöhungen auf Benzin und Diesel plant. Gut ist, dass die Regierung standhaft bleiben will. Man werde den abgesteckten Kurs halten, sagte Premierminister Édouard Philippe am Abend im Sender France 2. Ziel sei, „dass die Steuern schwerer auf CO2 und Umweltverschmutzung lasten als auf der Arbeit“. (https://www.tagesschau.de/ausland/proteste-frankreich-121.html)
Genau das ist der Grundsatz einer längst überfälligen und notwendigen ökologischen Steuerreform. Hoffentlich schafft es die französische Regierung dies gegen alle Proteste durchzusetzen. In der Berliner Politik unter Kanzlerin Merkel will aber niemand etwas von solch einer richtigen ökologischen Politik wissen. Stattdessen subventioniert die Regierung aus CDU/CSU/SPD sogar noch den Neubau von Erdölheizungen und schützt mit aller Macht die Automobilindustrie mit ihren Diesel- und Benzin-Fahrzeugen.
Was bedeutet nun diese dramatische Meldung der IEA? Für jeden PKW und jeden LKW in der Welt steht 2025 im Mittel nur noch die Hälfte des bisher verbrauchten Treibstoffes zur Verfügung, genauso wie für die Heizungen und die Millionen Dieselgeneratoren weltweit. Die meisten aber werden gar nichts bekommen, weil ihnen schlicht das Geld fehlt, da in dieser Verknappungsphase die Spritpreise explodieren werden. Nur noch die Reichen werden Auto fahren und über eine warme Wohnung verfügen – ach ja und auch diejenigen, die auf E-Mobile oder Solarheizungen umgestellt haben. Doch das ist nur ein kleiner Teil der Menschheit, denn der größte Teil lebt in dem irrigen Glauben der unendlichen und dauerhaft billigen Versorgungsicherheit mit Erdöl. Und sie alle werden nicht einmal von den Medien aufgeklärt, wie dramatisch die Lage tatsächlich ist.
— Der Autor Hans-Josef Fell saß für die Grünen von 1998 bis 2013 im Deutschen Bundestag. Der Energieexperte war im Jahr 2000 Mitautor des EEG. Nun ist er Präsident der Energy Watch Group (EWG). Mehr zu seiner Arbeit finden Sie unter www.hans-josef-fell.de. —
Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion(at)pv-magazine.com
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Das wollen die Petrolköpfe aber nicht hören. Sie wollen bequem mit dem SUV zum Supermarkt fahren, wo es das billige 1.99 Steak aus Argentinien und das Glyphosat-Bier gibt. Dass die individuelle Mobilität ein Problem ist, will keiner hören. Der Reifenabrieb ist eine der grössten Microplastikquellen überhaupt. Was den Dreck und die Luft angeht, wären Elektroautos da wesentlich besser. Aber diese wird in der Presse nur verteufelt und mit den unsinnigsten Argumenten bekämpft. Dabei ist diese Technik heute schon vollkommen ausgereift und alltagstauglich. Auch die bösen Akkus werden heute schon in Deutschland recycelt.
In dem Diagramm aus der Originalquelle steht „with no new investment“. Es ist doch mehr als unwahrscheinlich, dass nun GAR KEIN Geld mehr in die Ölförderung investiert wird – zumal die Ölpreise bei Knappheit ja (moderat) steigen werden und das System somit gepuffert ist. Die gewollte Interpretation des Artikels, dass nur die 10 reichsten Könige Englands es sich leisten können, ein Auto zu fahren, ist also vermutlich so „nicht ganz richtig“, höflich formuliert.
@Schnueffel:
Das Problem beim Peak Oil ist ja nicht, dass es gar kein Öl mehr gäbe, sondern dass das Angebot auf Dauer unter der Nachfrage bleibt und die Preise deshalb in kurzer Zeit astronomische Höhen erreichen, nämlich so weit explodieren, wie ein Pendler in den OECD-Staaten noch bereit ist zu zahlen, um überhaupt zu seiner Arbeit zu kommen, bevor er sich für viel Geld ein Elektroauto anschafft. Das können dann auch locker 2,50 EUR pro Liter sein.