Erst unerträgliche Hitze und katastrophale Dürre, jetzt Starkregen und vollgelaufene Keller: Die Wetterkapriolen der schon lange vorhergesagten Klimakatastrophe werden immer verrückter.
In dieser Woche wenden sich namhafte Wissenschaftler mit einem Appell an die Weltgemeinschaft, der aufhorchen lässt: Das globale Klimasystem gleiche einer Kette von Dominosteinen – die ersten Steine drohen bereits zu fallen. Es droht eine Heiß-Zeit. Ist die Welt noch zu retten?
Die Theorie der Dominosteine dient als Illustration dessen, was passieren kann: Kippelemente, die das Klimasystem weit mehr verändern als wir es uns bisher vorstellen konnten. Solche Dominosteine sind zum Beispiel: der Amazonas-Regenwald, der Eispanzer Grönlands oder auch der Permafrostboden Sibiriens. Wenn Permafrost taut, entweichen riesige Mengen Methan. Und Methangas ist etwa 25mal mehr Klima belastend als das bisher meist diskutierte CO2. Das heißt konkret: Das globale Klima steigt nicht nur um die zwei Grad, die bisher prognostiziert waren, sondern um das doppelte bis vierfache. Wenn der erste Dominostein fällt, reißt er weitere mit sich. Und, so die Klimawissenschaftler, es könnte global zwischen fünf und acht Grad heißer werden. „Wenn eines der Elemente kippt, schiebt es die Erde auf einen weiteren Kipppunkt zu“, sagt zum Beispiel der Stockholmer Klimaforscher Johan Rockström. Schon Kinder wissen, dass es schwierig wird, Dominosteine vom Kippen abzuhalten, wenn der erste gefallen ist. Die Wissenschaftler sprechen bereits von einer „Teufelsspirale im Klimasystem“: Der globale Meeresspiegel kann in hundert Jahren um 60 Meter steigen, in Wäldern und Meeren geht die Artenvielfalt verloren.
Die weltweite Klimaerhitzung und ihre Folgen kann niemand mehr leugnen. Klimaforscher Mojib Latif und seine Kollegen prognostizieren für die Zukunft noch mehr Hitze im Sommer und weit weniger Kälte und Frost im Winter, noch mehr Sturm- und Feuerschäden, noch mehr Überschwemmungen und Hitze-Tode. Im Hitzesommer 2003 starben in Westeuropa 65.000 Menschen den Hitze-Tod.
Menschen und Tiere sterben
Die bisherigen Hitzesommer waren und sind nur die Vorboten.
Wenn man mit Gletscherforschern in Grönland und Alaska, am Südpol und am Nordpol spricht, dann klingen deren Vorhersagen noch weit dramatischer. Das Eis, so haben sie errechnet, schmilzt heute dreimal schneller als es die Gletscherforschung noch vor zehn Jahren vorhergesagt hat. Das bedeutet: Hunderte Millionen Menschen an den Küsten rund um den Globus werden in den nächsten Jahrzehnten durch den Anstieg des Meeresspiegels ihre Heimat verlieren. Schon heute irren in Afrika 18 Millionen Klimaflüchtlinge über den Kontinent – auf der Suche nach Trinkwasser. Die heutigen Kriegsflüchtlinge können wahrscheinlich irgendwann zurück in ihre alte Heimat. Die künftigen Klimaflüchtlinge können das nicht. Denn der Klimawandel ist überall und dauerhafter als jeder Krieg. In Bangladesch hat mir ein 35-jähriger Bauer schon vor einigen Jahren erzählt, dass er durch den Anstieg des Meeresspiegels schon fünfmal sein Haus wieder aufbauen musste.
Und was tun die Regierungen in dieser Situation?
Sie haben 2015 in Paris ehrgeizige Klimaschutzziele beschlossen, aber sie tun nur wenig, um diese Ziele zu erreichen. Das gilt nicht nur für die USA unter Präsident Trump, das gilt auch für Deutschland und Europa. Und die Bürgergesellschaft? In Deutschland nutzen bereits 15 Millionen Menschen erneuerbare Energien. Doch die AfD und Teile der Wirtschaft bestreiten noch immer den Klimawandel und deutsche Pegida-Anhänger rufen in diesen Tagen den Klimaflüchtlingen im Mittelmeer zu „Absaufen! Absaufen!“
Immer mehr Klimaflüchtlinge
„Land unter“ gilt schon heute vor allem für Millionen Inselbewohner. Die Erderhitzung bedroht viele Insel-Traumparadiese.
Wenn wir uns nicht ändern, dann ändert der Klimawandel uns. Er ist die Überlebensfrage für die Menschheit. Es geht vor allem um die Zukunft, um das Leben und um die Gesundheit unserer Kinder und Enkel. Noch gilt: Die Erde brennt – doch der Mensch pennt.
Wie werden es unsere Nachfahren beurteilen, dass wir seit Jahrzehnten über die Gefahren der Klimaerhitzung Bescheid wussten, aber fast nichts dagegen getan haben? Sie werden uns anklagen: Ihr hättet die Katastrophe verhindern können, aber ihr habt es nicht getan. Aber auch jetzt gilt noch: Zumindest das Schlimmste können wir noch verhindern. Allerdings nur, wenn wir jetzt rasch handeln. Dazu brauchen wir freilich Lust auf Zukunft. Noch ist die Energiewende, die Verkehrswende, die Wasserwende, die Bau- und Landwirtschaftswende möglich. In dieser Zeitenwende können wir noch eine intelligente Wendezeit organisieren. Noch. Die Klimawissenschaftler sagen: Wir haben noch eine Gnadenfrist von etwa 15 bis 20 Jahren. In dieser Zeit können und müssen wir die hundertprozentige Energiewende schaffen. Alles liegt an uns. Wir sind die erste Generation, welche die Klimakatastrophe verursacht hat. Wir sind aber auch die letzte, die das Problem noch läsen kann.
Drei Teiler in der „tz“:
- Wie wird München fit für die Zukunft?
- Wie wird die Welt fit für die Zukunft?
- Wie werden wir fit für die Zukunft?
— Der Autor Franz Alt ist Journalist, Buchautor und Fernsehmoderator. Er wurde bekannt durch das ARD-Magazin „Report“, das er bis 1992 leitete und moderierte. Bis 2003 leitete er die Zukunftsredaktion „Zeitsprung“ im SWR, seit 1997 das Magazin „Querdenker“ und ab 2000 das Magazin „Grenzenlos“ in 3sat. Die Erstveröffentlichung des Beitrags erfolgte auf www.sonnenseite.com. —
Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion(at)pv-magazine.com.
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Der Mensch vergißt gern die Vergangenheit! 1976 war bisher die schlimmste und längste Dürre aller Zeiten! Klimawandel? Klimaphänomen!
Wenn schon Rechenmodelle gelten, dann aber konsequent.
Deutschland muss die internationalen Klimaziele einhalten, aber jede darüber hinausgehenden Aufwand aufgrund des unbedeutenden globalen Anteiles vermeiden. Vor allem sind alle deutschen Sektoren gefordert ihren Anteil zu erfüllen!
Wenn wir schon zusätzliches Geld investieren wollen, dann nicht in die teure praktisch nichts bewirkende „Stromumwandlung“ stecken, sondern gegen die zu erwartenden Klimaveränderungen einsetzen. Grün-u. Wasserflächen schaffen, Pflanzenarten, Frischluft-Kühlzonen, Gebäudeanpassungen, ….. .
Denn Deutschland kann noch so viel in Sonne- und Windstromerzeugung investieren, global erreichen wir beim Klimawandel nichts, wenn nicht alle mitmachen.
Aber sich selbst schaden können wir, und dies mit Sicherheit.
Peter Rentfort sagt.
Denn Deutschland kann noch so viel in Sonne- und Windstromerzeugung investieren, global erreichen wir beim Klimawandel nichts, wenn nicht alle mitmachen.
Aber sich selbst schaden können wir, und dies mit Sicherheit.
@Peter Rentfort.
Warum bei der Energiewende immer der Klimawandel im Vordergrund steht bleibt mir unverständlich.
Gehen wir doch mal von dem aus, wo zu wir keine Wissenschaft brauchen, nämlich von der Tatsache, dass fossile Rohstoffe – wann auch immer – endlich sind.
Wenn wir vor diesem Hintergrund in Sonne und Wind investieren, erreichen wir sehr wohl was für unsere Land. Sollte dann noch was für den Klimawandel bei rauskommen, ist das ein willkommener Synergieeffekt.
Andre Pierre/ Peter Rentfort:
Natürlich gab es schon immer Dürrperioden und auch alle Klimasforscher von Rang sagen das ein heißer Sommer eben kein Klimawandel ist. Allerding haben wir in Deutschland den 22. zu warmen Sommer in Serie und global sieht das ganz ähnlich aus. Und klar- es gab immer Warm- und Kaltzeiten. Diese haben sich allerdings über Jahrtausende entwickelt und nicht in Jahrzehnten. Mehr als genug Hinweise auch für Skeptiker. Ich denke, es ist eindeutig: Der von Menschen gemachte Klimawandel nimmt weiter an Fahrt auf und wir erleben hier derzeit nach 2003 eben die zweite deutliche Erinnerung daran.
Deutschland hat ca. 2% der CO2 Emissionen bei bald nur noch 1% der Menschen auf dem Globus und ist sehr starkes Land. Wind- und Solarenergie sind mittlerweile die billigsten Stromerzeuger auch in Deutschland und was gerne vergessen wird: Wir sind ein recht armes Land an anderen Energieresourcen. Also kann Deutschland das von Deutschland Erreichte, nämlich billigen Solar- und Windstrom weltweit zu bekommen massiv umsetzen. Warum das nix bringen soll- ok, das Argument kenne ich schon lange. In Berlin wo ich meine 2. Heimat gefunden habe ist es auch normal, dass Leute ihren Hund vor die Tür von anderen scheißen lassen. Ist doch egal und der „Drecksstaat“ soll das mal weglassen. Da gefällt mir die Einstellung in meiner alten Heimat, einem Dorf in Rheinland- Pfalz besser: Kehre jeder seinen Dreck von der eigenen Tür und ermahne dann erst andere.
Und so ist das global auch- andere folgen oder sind eh schon schneller wie z.B. China in der Anwendung von Solar- und Windenergie. Und die sind pro Kopf noch immer wesentlich ärmer als wir. Weltweit gibt es 20 Märkte mit mehr als 1 GWp Neuinstallationen pro Jahr- das Gro davon ärmer als wir. Also was soll das mit dem „bringt eh nix“ und „lass mal andere machen“? Kehren Sie vor Ihrer Tür bitte.
Wer hat gesagt, dass man nichts machen soll??
Typische Übertreibung, wenn einem nichts mehr einfällt.
Ja, unbedingt an alle international vereinbarten Aufgaben und Ziele halten!
Und ja, jeder soll vor seiner Türe kehren!
Und daher nicht ständig über den Strom reden und dass die bösen Energiekonzerne mauern. Die sind in Deutschland die Einzigen, die die internationalen Ziele erreichen werden.
Aufgrund des kleinen deutschen CO2-Anteiles ist jede „besondere Aktivität“ Deutschlands in der Praxis jedoch völlig wirkungslos, aber sehr teuer.
Und solange die großen Emittenden nicht reduzieren, sollte man auf keinen Fall mehr tun als verabredet. Sonst ist man nur etwas früher abgemeldet, als alle Anderen.
Sorry.
Quelle ist: https://www.next-kraftwerke.de/wissen/strommarkt/merit-order