Tickende Verjährungszeitbombe bei Batteriespeichern

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In Deutschland wurden bereits zehntausende Heimspeicher verkauft – und zehntausende Male ist unklar, ob die Verkäufer nur zwei Jahre oder doch fünf Jahre gewährleistungspflichtig sind. Fünf Jahre würden Prosumer länger und besser schützen, für die Branche wären sie eine große wirtschaftliche Herausforderung. Denn die Gewährleistungsfrist lässt sich für Verkäufer direkt in Euro und Cent umrechnen – und auch für Hersteller. Die Hersteller geben zwar länger laufende Garantien. Doch diese zusätzlichen Herstellergarantien sind viel schwächer, sie sichern Prosumer weniger ab und sie dürften die Hersteller deutlich weniger kosten.

Aktuell scheint die Frage noch keine praktische Relevanz zu haben: Möglicherweise sind viele der bisher installierten Speicher noch nicht aus der kurzen Gewährleistungsfrist raus. Oder die Anforderungen des KfW-Programms hinsichtlich der Zeitwertersatzgarantie sorgen noch für Frieden. Oder aber die Möglichkeit der langen Gewährleistungsfrist ist bei Käufern, Verkäufern und Herstellern einfach noch nicht bekannt.

Klar ist jedenfalls: Sobald die Frage praktische Relevanz bekommt, wird sie umstritten sein. Denn die einschlägigen Paragrafen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) sind zu abstrakt und die einschlägige Rechtsprechung zu unübersichtlich für eine klare Rechtslage. Eine baldige Klärung ist nicht wahrscheinlich. Denn Rechtssicherheit brächte nur ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH). Ob es zu einer Klärung durch den BGH kommt, bleibt abzuwarten. Denn möglicherweise lässt die Branche eine höchstrichterliche Entscheidung, durch die die fünfjährige Gewährleistungsfrist droht, gar nicht zu.

Es wird sicherlich keinen Mangel an unterinstanzlichen Gerichtsverfahren geben, die zur Diskussion beitragen werden. Denn die Reparatur von Mängeln an Speichern ist zu aufwendig und teuer, als dass eine Partei kampflos auf den Kosten sitzen bleiben möchte. Und Mängel wird es geben: Speicher sind aufgrund der hohen Belastung durch ständige Be- und Entladung anfällig, viel anfälliger als Module. Außerdem steht zu befürchten, dass sich der immer weiter steigende Preisdruck in der Qualität der Speicher niederschlägt. Die Richter müssen dann entscheiden, ob die PV-Anlage mit Speicher selbst ein „Bauwerk“ oder zumindest eine Sache ist, „die entsprechend ihrer üblichen Verwendungsweise für ein Bauwerk verwendet worden ist“. Dann würde die fünfjährige Gewährleistungsfrist für alle Anlagenkomponenten gelten.

Noch keine Urteile

Noch gibt es keine Urteile zu Photovoltaikanlagen mit Speichern zur Eigenversorgung, nur solche zu „reinen“ Photovoltaikanlagen. Diese sind zwar nicht übertragbar auf Photovoltaik- anlagen mit Speichern, sie verdeutlichen aber zumindest, dass die fünfjährige Gewährleistungsfrist nicht völlig abwegig ist. Denn einige Gerichte haben auf PV-Anlagen die fünfjährige Gewährleistungsfrist angewendet. Und die rechtliche Einordnung vergleichbarer Systeme lässt eigentlich nur einen Schluss zu: Wenn für die Heizungsanlage zur Wärmeversorgung eines Gebäudes die lange Gewährleistungsfrist gilt, dann muss für eine Photovoltaikanlage mit Stromspeicher als Haupt-Stromversorgungsanlage des Gebäudes dasselbe gelten.

Da nicht ausgeschlossen ist, dass für Photovoltaikanlagen mit Speicher zur Eigenversorgung die fünfjährige Gewährleistungsfrist gilt, sollten sich die Beteiligten vorbereiten und absichern. Betroffene Anlagenbetreiber müssen bei Mängeln, die nach zwei Jahren auftreten, entscheiden, ob sie den Hinweis des Installateurs auf den Ablauf der kurzen Gewährleistungsfrist und den Verweis auf die Herstellergarantie akzeptieren oder ob sie auf die möglicherweise geltende fünfjährige Gewährleistungsfrist setzen. Installateure müssen sich dahingehend absichern, dass sie möglicherweise deutlich länger gegenüber Anlagenbetreibern haften. Sie können die Kosten dann zwar an den Speicherhersteller durchreichen, doch sie müssen diese oft vorfinanzieren. Auch Hersteller müssen sich dahingehend absichern, dass sie im Verhältnis zum Installateur länger und schärfer haften.

In der aktuellen Printausgabe lesen Sie ein Interview mit Holger Schneidewindt zu seiner Untersuchung der Garantiebedingungen in der Branche.

— Der Autor Holger Schneidewindt ist Referent für Energierecht bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. —

Die Blogbeiträge und Kommentare aufwww.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion(at)pv-magazine.com.

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