Die wirtschaftlichen Auswirkungen von drei unterschiedlichen Energiewende-Szenarien für die Schweiz haben jetzt mehrere Laboratorien der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL) analysiert. Die drei Szenarien spiegeln unterschiedliche Ansätze einer schweizerischen Energiepolitik mit Blick auf die Situation im Jahr 2050 wider – bei einer Fortführung der Energiepolitik des Jahres 2011, bei der Umsetzung jetzt beschlossener Maßnahmen sowie bei der Umsetzung der sogenannten „Neuen Energiepolitik“. Laut EPFL würde eine stärkere Nutzung erneuerbarer Energien in Verbindung mit mehr Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz in der Schweiz mehr Arbeitsplätze schaffen und die Energieunabhängigkeit des Landes erhöhen, ohne dass die Gesamtkosten steigen.
Den Forschern zufolge erwies sich das dritte Szenario ‚Neue Energiepolitik‘ mit Blick auf die Energieunabhängigkeit der Schweiz als das beste. Die Nutzung von lokal erzeugter erneuerbarer Energie aus Sonne, Wind, Wasser und Holz würde in Kombination mit einer Verbesserung der Energieeffizienz von Autos und Gebäuden zu einem starken Rückgang der Energieimporte wie Heizöl, Benzin und Diesel sowie Erdgas führen. So können die Energieunabhängigkeit des Landes bis 2050 von jetzt 26 Prozent auf etwa 72 gesteigert werden. Bei den anderen beiden Szenarien wären es 26 beziehungsweise 46 Prozent.
Zudem werden der Analyse zufolge im Szenario ‚Neue Energiepolitik‘ in den energierelevanten Sektoren der Schweiz 35 Prozent mehr Arbeitsplätze geschaffen als unter den beiden anderen Szenarien. Das liege vor allem daran, dass neue Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz insbesondere bei der Gebäudesanierung dazu führe, dass ein Großteil der Wertschöpfung von lokalen Unternehmen in der Schweiz generiert würde. Es sei aber auch ein Zuwachs bei Arbeitsplätzen im Verkehrssektor zu erwarten, da sich der Schwerpunkt stärker auf den öffentlichen Verkehr verlagere. Der Anstieg der Anzahl von vergleichsweise wartungsarmen Elektroautos würde jedoch wahrscheinlich zu weniger Arbeitsplätzen in der Automobilbranche führen.
Die jährlichen Kosten für jedes Energiesystem liegen der Analyse zufolge in allen drei Szenarien bei rund 24 Milliarden Franken (ohne Steuern). Diese Zahl beinhalte Infrastrukturkosten beispielsweise für das Stromnetz, die Kosten für die Steigerung der Energieeffizienz und die Kosten für den Import von Erdölprodukten, Erdgas und Strom. Bei Szenarien, die stärker auf fossile Brennstoffe angewiesen sind, seien die Kosten für Öl und Gas jedoch unsicherer und auf lange Sicht schwieriger zu prognostizieren als die Preise für saubere Technologien.
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Preise für fossile Energieträger: Wenn die Nachfrage nach Kohle, Öl und Gas sinkt, dann senken die erst mal die Preise. Das macht den Erneuerbaren eine Zeit lang das Leben schwer. Im sogenannten „Schweinezyklus“ wirken sich die gesenkten Preise eben erst mit Zeitverzögerung auf das Angebot aus. Erst nach einiger Zeit scheiden teure Rohstoffquellen wie Frackinggas, Ölsände, Kohle aus dem Untergrund aus dem Markt, weil ihre Kosten zu hoch sind. Die Preise für die kostengünstiger zu gewinnenden Fossilen passen sich durch das sinkende Angebot wieder den Kosten an. Wenn die Erneuerbaren bis dahin durchgehalten haben, sind sie anschließend die preisgünstigere Energiequelle und haben gewonnen.
Wenn man allerdings nur auf die kurzfristigen Relationen schaut, würde der Schweinezyklus wieder angeheizt: In der Niedrigpreisphase würden die Erneuerbaren eingestampft. Das würde die Renaissance der Fossilen bewirken und wir hätten bald wieder Ölpreise bei 200$/barrel und mehr, womit der Zyklus erneut beginnt. Um das zu verhindern, ist eine klare Perspektive, wohin der Energiemarkt gehen soll und entsprechende Marktsteuerung notwendig. Die hat natürlich das Problem, das staatliches Handeln genauso irrtumbehaftet sein kann, wie privates. Deshalb muss intensiv politisch um den richtigen Weg gerungen werden. Die Politik muss und kann aber neben den aktuellen Preisverhältnissen auch immer weiter Aspekte im Auge behalten, wie soziale Ausgewogenheit, Umweltverträglichkeit, Nachhaltigkeit, internationale Beziehungen, …. Das Problem unseres gegenwärtigen Energiemarktes ist: Klimawandel, Auslösung von Migrationsströmen, Unterstützung von zweifelhaften Regimen, weltweite wirtschaftliche Ungleichgewichte. Das drückt sich nicht direkt im Preis aus. Die Folgen machen sich bei uns erst mit größerer Zeitverzögerung bemerkbar. Jetzt kämpfen wir gleichzeitig gegen diese Folgen und um den Umbau des Energiemarktes. Aber die Alternative wäre ein „Augen zu und noch tiefer in die Katastrophe“. Das wäre dann das, was Trump und seine Ratgeber sich wünschen.