Saisonstart misslungen? Nicht unbedingt!

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Der europäische Photovoltaik-Markt konnte die Erwartungen, die viele Beobachter nach dem starken Anstieg der Installationszahlen im November und Dezember 2016 zu Jahresanfang in die Entwicklung gelegt haben, bislang noch nicht erfüllen. Zwar ist im Vergleich zum ersten Quartal des vergangenen Jahres insgesamt eine Belebung erkennbar, so richtig durchstarten will der Markt aber noch nicht. Am Wetter kann es eigentlich nicht liegen – der Winter war und ist ausgesprochen mild. An den Modulpreisen kann es aber auch nicht liegen, denn diese sinken nach wie vor – zwar nur noch langsam, aber kontinuierlich und auf breiter Front. Bis auf die Preise chinesischer kristalliner Module fallen von Januar zu Februar alle Werte um mindestens 1,0 Cent pro Wattpeak – diese ziehen jedoch im März ebenfalls nach.

Woran liegt es denn dann, dass die Photovoltaik-Zubauzahlen noch kein allzu starkes Wachstum zeigen? Sollte Milan Nitzschke von EU Prosun doch Recht behalten, der immer noch bestreitet, dass die Marktentwicklung etwas mit den Modulpreisen zu tun hat und behauptet, der hohe Mindestimportpreis der EU-Kommission schade der Branche nicht? Die starken Zuwächse zu Ende des vergangenen Jahres seien allein auf die Torschlusspanik vor der Anpassung des deutschen Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) zurückzuführen. Ich behaupte hingegen, genau das ist der Punkt, warum die installationszahlen noch nicht explodieren.

Die Akteure der Branche müssen sich erst einmal an die neuen Regelungen gewöhnen und ihre Geschäftsmodelle anpassen. Eine akzeptable Vorbereitungszeit und damit Planungssicherheit gibt es bei EEG-Novellen angesichts der vielen Korrekturen, die an einem Gesetzesentwurf meistens bis zum letzten Augenblick noch angebracht werden, ohnehin nie. So müssen bestehende Konzepte und vorentwickelte Projekte erst an die neuen Gegebenheiten angepasst werden, bevor an eine Realisierung gedacht werden kann. Im aktuellen Fall wird es vor allem die Limitierung bei ausschreibungsfreien Dachanlagen auf 750 Kilowatt sowie die Befreiung von Freiflächen bis zu dieser Größenordnung sein, die den Planern reichlich Arbeit verschaffen.

Viele Solarfirmen bauen allerdings angesichts der attraktiven Modulpreise eine beachtliche Projektpipeline auf, die über die kommenden Monate abgearbeitet werden kann. Dafür werden laufend Materialangebote eingeholt und verglichen, obwohl der eigentliche Abruf vielleicht noch gar nicht terminiert ist. Angesichts der immer noch volatilen Preise will sich kaum einer längerfristig binden, was den Lieferanten die Prognose und Planung allerdings schwer macht. Nichtdestotrotz füllen sich die Auftragsbücher, so dass die Situation im deutschen und europäischen Photovoltaik-Markt allgemeinen Anlass zu Optimismus gibt.

Bei vielen Fachbetrieben und größeren O&M-Dienstleistern hat zudem die Saison für Jahreswartungen begonnen. Nach dem Winter werden viele Anlagen überprüft, gereinigt und schadhafte Module ausgetauscht. Da viele der eingesetzten Modultypen jedoch nicht mehr hergestellt werden, ist die Beschaffung von geeignetem Ersatz nicht immer einfach. Einschlägige Anbieter können zwar noch baugleiche oder sehr ähnliche Produkte liefern, oftmals aber nur in geringen Stückzahlen und zu Preisen, die ein Vielfaches des aktuellen Marktpreises betragen. Gerade bei dem mittlerweile erreichten niedrigen Preisniveau entscheiden sich daher immer mehr Betreiber für einen Komplettumbau, also das Entfernen aller existierenden Altmodule und Einbau vorwiegend kristalliner Module neuester Bauart.

Dies trifft auch beziehungsweise vor allem Photovoltaik-Systeme, die erst vor wenigen Jahren mit Dünnschichtmodulen errichtet wurden, deren Ertrag heute aber bereits 15 bis 20 Prozent unter den Erwartungswerten liegt. Der Modulhersteller ist leider in den seltensten Fällen noch haftbar zu machen, da viele von ihnen bereits vor Jahren Insolvenz angemeldet haben. So bleibt dem Betreiber oftmals nur der vollständige Umbau auf eigene Kosten. Was sich bis vor kurzem aus wirtschaftlichen Gründen noch nicht lohnte, ist bei den heutigen Modulpreisen allemal eine Überlegung wert. Unter günstigen Umständen rechnet sich ein sogenanntes „Repowering“ einer Anlage, die eine vergleichsweise hohe Einspeisevergütung noch über einen langen Zeitraum erhält, bereits nach wenigen Jahren.

Übersicht der nach Technologie unterschiedenen Preispunkte im Februar 2017 inklusive der Veränderungen zum Vormonat:

Modulklasse

Preis (€/Wp)

Veränderung

ggü. Vormonat

Beschreibung

High Efficiency

0,54

-3,6 %

Kristalline Module ab 280 Wp, mit Cello-, PERC-, HIT-, N-Type- oder Rückseitenkontakt-Zellen oder Kombinationen daraus

All Black

0,51

 0,0 %

Modultypen mit schwarzer Rückseitenfolie, schwarzem Rahmen und einer Nennleistung  zwischen 200 Wp und 275 Wp

Mainstream

0,42

-4,5 %

Module mit üblicherweise 60-Zellen, Standard-Alurahmen, weißer Rückseitenfolie und 250 bis 275 Wp, repräsentieren den Großteil der Module im Markt

Low Cost

0,29

 0,0 %

Minderleistungsmodule, B-Ware, Insolvenzware, Gebrauchtmodule (kristallin), Produkte mit eingeschränkter oder ohne Garantie

(Die dargestellten Preise geben die durchschnittlichen Angebotspreise für verzollte Ware auf dem europäischen Spotmarkt wieder.)

— Der Autor Martin Schachinger beschäftigt sich seit mehr als 20 Jahren mit dem Thema Photovoltaik und Regenerativen Energien im Allgemeinen. Er ist innerhalb der Photovoltaik-Branche bestens vernetzt, was nicht zuletzt auf sein kontinuierliches Engagement für die internationale Online-Handelsplattform für Solarkomponentenwww.pvXchange.com zurückzuführen ist, welche er 2004 zusammen mit zwei Partnern ins Leben rief. Dort wird ein breites Spektrum an Markenprodukten, Neu- und Gebrauchtware mit unterschiedlichsten Spezifikationen angeboten. —

Die Blogbeiträge und Kommentare aufwww.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte anredaktion(at)pv-magazine.com.

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