SG-Ready 2.0 – Wie geht es weiter mit Solarstrom und Wärmepumpe?

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Glaubt man den Energieszenarien renommierter Forschungsinstitute, wird ein Großteil des Wärmebedarfs mit Fortschreiten der Energiewende in Deutschland durch elektrische Wärmepumpen gedeckt werden. Eine wichtige Nebenbedingung ist jedoch, dass die Wärmeerzeuger dann laufen, wenn genügend Strom zur Verfügung steht und keine Netzengpässe die Versorgung beeinträchtigen. Um dies zu ermöglichen, hat der Bundesverband Wärmepumpe (BWP) bereits im Jahr 2013 das sogenannte SG-Ready-Label veröffentlicht.

Das Label definiert vier Betriebszustände, in die eine Wärmepumpe durch aktive Schalthandlungen von außen versetzt werden kann. Dadurch kann die elektrische Leistungsaufnahme zeitlich begrenzt wahlweise gesteigert oder auch reduziert werden. Mit über 30 Herstellern und mehr als 1.000 Wärmepumpen-Modellen verfügt praktisch jede neue Wärmepumpe über diese Eigenschaft. In einem Workshop an der Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Berlin diskutierten im Januar Hersteller, Institute und Anwender über Erfahrungen mit der Anwendung und über notwendige Anpassungen des Labels.

Tjarko Tjaden aus der Forschungsgruppe Solarspeichersysteme und Danny Günther vom Fraunhofer ISE haben den Workshop maßgeblich vorbereitet und erläutern die Ergebnisse.

Was waren die Ziele des Workshops?

Tjaden: Wenn es um die Sektorkopplung, in diesem Fall mit Wärmepumpen, Stromnetzen und Photovoltaiksystemen, geht, sind unterschiedlichste Akteure beteiligt. Damit Technologien in diesem Kontext einfach und robust funktionieren können, muss man auch immer die Hintergründe und Sichtweise des anderen kennen. Der Workshop sollte primär also der Vernetzung und dem Wissensaustausch dienen.

Günther: Ein weiterer Grund für den Workshop war, dass die aktuelle Version des SG-Ready-Labels sehr offen formuliert ist und keine Unterschiede zwischen verschiedenen Anwendungsfällen macht.

Welche möglichen Anwendungsfälle wurden in dem Workshop diskutiert?

Tjaden: Es wurden natürlich viele Anwendungen diskutiert. Die Anwendung, die unsere Forschungsgruppe und bereits viele Endkunden und Installateure beschäftigt, ist die Kombination aus Photovoltaik mit Wärmepumpen. Der Grund ist ganz einfach: Entscheidet sich ein Betreiber für eine Wärmepumpe, kann die intelligente Steuerung der Wärmepumpe bei überschüssigem PV-Strom zu nennenswerten ökonomischen Vorteilen führen. So können in gut sanierten bis neu gebauten Einfamilienhäusern mit sieben Kilowattpeak Photovoltaik die Gesamtautarkiegrade nur durch Anwendung der SG-Ready-Schnittstelle um fünf bis zehn Prozentpunkte gesteigert werden [siehe „PV-Systeme mit Wärmepumpen ideal betreiben“, pv magazine, Juni 2015, Seite 106].

Günther: Neben der von Tjarko beschriebenen lokalen Optimierung sind wir auch auf die möglichen Optionen im Gesamtsystem, wie die Bereitstellung von Regelleistung, eingegangen. Diesen Fokus hat unser aktuelles Forschungsvorhaben „WPsmart im Bestand“, auch wenn bislang nur die PV-Eigenstromnutzung ökonomisch abbildbar ist, was sich zukünftig jedoch ändern wird.

Wo liegen denn die Herausforderungen bei der Anwendung von PV plus Wärmepumpe?

Tjaden: Zusammen mit Solarworld haben wir eine einfache Regelung in deren Energiemanager implementiert. Bei der Entwicklung haben wir feststellen müssen, dass zu hohe Soll-Temperaturen in den Betriebszuständen 3 und 4 sowie die zu häufige Nutzung der Schnittstelle auch zu einem ökonomischen Schaden führen kann, verglichen mit einem Betrieb ohne Nutzung von SG-Ready. Durch einen angepassten Algorithmus haben wir diese Herausforderung in den Griff bekommen. Für eine schnelle Energiewende gehört dieses Wissen aus unserer Sicht in durch Branchenverbände veröffentlichte Anwendungsleitfäden. Hier täte eine Zusammenarbeit von BSW-Solar, BVES und BWP bestimmt gut.

Günther: Bei den von uns untersuchten Wärmepumpen konnten wir feststellen, dass aktuell keine einheitliche Hardware verbaut wird. Das macht es für Installateure oft schwierig. Von der eigentlich vorgesehenen Klemmlösung (ähnlich der EVU-Sperre) über potenzialfreie Kontakte bis hin zu proprietären busbasierten Lösungen ist alles vertreten. Erschwerend kommt hinzu, wie auch Tjarko erwähnte, dass jeder Hersteller die Betriebszustände 3 und 4 in unterschiedliche Soll-Temperaturen sowie weitere Parameter übersetzt. Für Planer und Installateure bedeutet dies, dass sie sicherheitshalber in die Dokumentation des Herstellers schauen und gegebenenfalls die Werkseinstellungen anpassen müssen. Dazu müssten sie allerdings auch wissen, welche Einstellungen tatsächlich zielführend sind. Ich denke, hier hat die Forschung bereits Antworten geliefert, die ihren Weg leider noch nicht in die breite Anwendung gefunden haben.

Sind andere Ansteuerungsmöglichkeiten wie VHP-Ready oder EEBus daher deutlich besser geeignet?

Tjaden: Nahezu jede marktverfügbare Wärmepumpe kann aktuell prinzipiell über SG-Ready angesteuert werden. Da sind die beiden anderen genannten Lösungen noch weit von entfernt. Nach Ansicht der Workshopteilnehmer werden hier auch noch mehrere Jahre vergehen. Bis dahin sollten wir den bestehenden Standard möglichst gut ausnutzen.

Günther: Zudem bedeuten busbasierte Lösungen einen deutlich größeren Mehraufwand für den Entwickler des Energiemanagements gegenüber der Nutzung von SG-Ready. Darüber hinaus ist ein Vorteil der unidirektionalen Ansteuerung über SG-Ready aktuell, dass die volle Verantwortung für den sicheren Betrieb und die Einhaltung von Komfortvorgaben aufseiten der Wärmepumpenhersteller liegt. Aus unserer Sicht ist das eine gute Idee.

Wäre es für die Anwendung in Kombination mit Photovoltaik nicht besser, wenn man der Wärmepumpe exakt vorgeben könnte, wie hoch die Energieaufnahme sein darf?

Tjaden: Ist die PV-Anlage knapp dimensioniert und gibt es zudem keinen Batteriespeicher im Haushalt, kann eine gezielte Ansteuerung der Wärmepumpen über die Drehzahlregelung durchaus einen Mehrwert bringen. Batteriespeichersysteme gehören bald jedoch schon zur Standardausrüstung von PV-Systemen. Sie sind deutlich schneller, effizienter und robuster, was die schnelle Ausregelung von Stromüberschüssen und -defiziten betrifft. Daher reicht aus unserer Sicht auch die SG-Ready-Schnittstelle.

Wie geht es nun weiter mit SG-Ready, wird es eine Version 2.0 geben?

Tjaden: Ziel ist in jedem Fall, dass das Label ein inhaltliches Update bekommen soll, dass mehr Transparenz und Klarheit für die Installateure und Planer bedeutet. Hierbei sind vor allem auch die PV-Branche und insbesondere die engagierten Installateure gefragt [siehe Kasten unten].

Günther: Eine wichtige Grundlage werden wir mit einer Herstellerumfrage liefern können. Hierbei wird dokumentiert, wie die Hersteller aktuell die unterschiedlichen Betriebszustände umsetzen, und dies anschließend mit den Anforderungen je nach Anwendungsfall abgleichen. Dies machen wir weiterhin in engem Kontakt zur HTW Berlin und dem Bundesverband Wärmepumpe.

An Planer und Installateure

Praxiserfahrung gesucht: Falls Sie Erfahrungen in der Anwendung der SG-Ready-Schnittstelle gemacht haben oder konkrete Wünsche haben, wie die Betriebszustände 1 bis 4 umgesetzt werden sollten, dann melden Sie sich bitte bei der Forschungsgruppe Solarspeichersysteme.

Kontakt: tjarko.tjaden(at)htw-berlin.de, 030-5019-3647.

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