Neues Fördersystem nimmt Konturen an

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Wer in Polen in erneuerbare Energien investieren will, braucht starke Nerven. Die aktuelle Regierung hat die Idee ihrer Vorgänger beibehalten, und das Ausschreibungsmodell wurde als grundlegendes Fördersystem für erneuerbare Energien nach einigen Verzögerungen zum 1. Juli 2016 eingeführt. Diese Ausschreibungen werden jedoch anders als in Deutschland aussehen, wo der Bieter die Größe der Anlage sowie den Preis nennt, zu dem er die gesamte erzeugte Energie zu verkaufen bereit ist. In Polen wird bei den Ausschreibungen die Menge ausschlaggebend sein. Das heißt, der Bieter wird die Menge an Energie angeben, die er innerhalb eines Zeitraums – gewöhnlich 15 Jahre – zu einem bestimmten Preis verkaufen wird.

Ganz neu gegenüber der vorherigen Lösung ist die Organisation der Ausschreibungen im Rahmen sogenannter Technologiekörbe (Vergabekörbe). Die Anwendung solcher Vergabekörbe an sich ist nichts Neues – diese Lösung ist in anderen Ländern gang und gäbe. In Polen wurden jedoch der Einteilung in die einzelnen sieben Vergabekörbe einzigartige Kriterien zugrunde gelegt:

  • Der erste Korb umfasst Erneuerbare-Energien(EE)-Anlagen mit einem Nutzungsgrad der installierten Stromleistung (insgesamt, unabhängig von der Ursprungsquelle) von mehr als 3.504 Megawattstunden/Megawatt/Jahr.
  • Der zweite Korb umfasst Anlagen, in denen zur Erzeugung elektrischer Energie der biologisch abbaubare Teil industrieller und kommunaler Abfälle pflanzlicher beziehungsweise tierischer Herkunft verwendet wird, darunter Reststoffe aus Anlagen zur Verarbeitung von Abfällen sowie Abfälle aus Wasser- und Abwasseraufbereitung, insbesondere Abwasserrückstände – gemäß den Vorschriften des Abfallrechts über die Qualifizierung des Teils der Energie, der aus der thermischen Bearbeitung von Abfällen gewonnenen wird.
  • Der dritte Korb umfasst EE-Anlagen, deren CO2 -Ausstoß unter 100 Kilogramm/Megawattstunde liegt und deren Nutzungsgrad in Bezug auf die installierte Leistung mehr als 3.504 Megawattstunde/Megawatt/Jahr beträgt.
  • Der vierte Korb umfasst Anlagen, in denen ausschließlich landwirtschaftliches Biogas zur Erzeugung von elektrischer Energie eingesetzt wird.
  • Zwei weitere Körbe im Ausschreibungssystem umfassen Erneuerbare-Energien-Anlagen, die den Mitgliedern von jeweils kleinen und großen Energieclustern gehören. Energiecluster basieren auf zivilrechtlichen Vereinbarungen zwischen unterschiedlichen Rechtsträgern (natürlichen und juristischen Personen, Zusammenschlüssen von Gebietskörperschaften), die die gemeinsame Energieerzeugung auf dem Gebiet einer Gemeinde (Mikro-Cluster) beziehungsweise eines Kreises (Makro-Cluster) betreffen.
  • Der siebte Korb umfasst alle anderen EE-Anlagen, die keiner der oben genannten Gruppen zugeordnet werden können.

Die Ausschreibungen werden separat für jeden Vergabekorb organisiert, und außerdem wird die Einteilung in Anlagengruppen bis ein Megawatt und über ein Megawatt beibehalten. Dies bedeutet, dass allein für neue Erneuerbare-Energien-Anlagen bis zu 14 separate Auktionen in jeder Ausschreibungsrunde veranstaltet werden können. Der Gesetzgeber hat auf die in den bisherigen „auf Eis gelegten“ Vorschriften genannte Anforderung verzichtet, dass 25 Prozent der Menge an elektrischer Energie, die in einer Ausschreibungsrunde erworben wird, aus Anlagen mit einer Leistung bis ein Megawatt stammt.

Vier Ausschreibungen im Jahr 2016

Eine sehr wichtige Änderung besteht darin, dass der Ministerrat jeweils die Reihenfolge der durchzuführenden Ausschreibungen auf Antrag des Energieministeriums festlegen wird. Für das betreffende Jahr wird die Menge an Energie festgelegt werden, über die im Rahmen aller Auktionen Verträge zu schließen sind. Im August 2016 wurden Entwürfe der ersten Verordnungen vorgestellt, welche für die ersten Auktionen für erneuerbare Energien in Polen vorbereitet wurden.

Ende September 2016 wurden die Verordnungen noch geändert. Nach einem der Entwürfe werden in diesem Jahr nur vier Auktionen veranstaltet. Dies werden zum einen Ausschreibungen für bestehende landwirtschaftliche Biogasanlagen mit einer Leistung bis ein Megawatt sein, zum anderen für bestehende landwirtschaftliche Biogasanlagen mit einer Leistung über ein Megawatt. Außerdem kommen Erneuerbare-Energien-Anlagen zum Zug, deren CO2 -Ausstoß unter 100 Kilogramm/Megawattstunde liegt und deren Nutzungsgrad in Bezug auf die installierte Leistung mehr als 3.504 Megawattstunden/Megawatt/Jahr beträgt und die weniger als ein Megawatt leisten (an dieser Auktion werden die Betreiber der kleineren Wasserkraftwerke teilnehmen können). Die letzte Gruppe bilden volatile Anlagen mit einer Leistung bis ein Megawatt, die erst nach Auktionsende in Betrieb gehen werden.

Das Energieministerium begründete die begrenzte Anzahl der Auktionen damit, dass die erste Ausschreibungsrunde einen Probecharakter hat und erst 2017 Auktionen aus allen „Technologiekörben“ stattfinden werden. Was die kleineren volatilen Anlagen anbelangt, so geht das Ministerium davon aus, dass durch die Auktion 100 Megawatt an neu installierter Leistung bei der Photovoltaik entstehen.

Für die Berechnung wird von einem durchschnittlichen jährlichen Ertrag der Anlagen von 1.050 Megawattstunden/Megawatt ausgegangen. Natürlich können an der Auktion auch Betreiber von Windkraftanlagen teilnehmen – die Auktion ist für alle geplanten Anlagen zugelassen, die kleiner als ein Megawatt sind und einen durchschnittlichen Jahresertrag von maximal 3.504 Megawattstunden/Megawatt haben. In dieser Anlagengröße wird die Photovoltaik ihre Stärke ausspielen, und es ist nicht zu erwarten, dass es viele Akteure aus der Windbranche geben wird.

Gleichzeitig wurde der Entwurf der Verordnung veröffentlicht, welche die maximal zulässigen Angebotspreise angibt, die die Bieter in den Auktionsrunden 2016 platzieren können. Das Ministerium legte die Referenzpreise für alle Technologien fest. Zum Glück haben sich manche düsteren Prognosen nicht bewahrheitet, und die Referenzpreise wurden im Vergleich zur vorherigen Verordnung nicht wesentlich geändert. Bei den kleineren Anlagen wurde der maximale Preis im Vergleich zur vorherigen Verordnung um symbolische 5 Polnische Zloty (PLN) – entspricht 1,16 Euro – pro Megawattstunde erhöht.

Es ist nüchtern festzustellen, dass die Entwicklungschancen für Photovoltaik in der Industrie in Polen angesichts des gegenwärtigen rechtlichen Umfelds gering sind. Photovoltaik sollte jedoch eine führende Technologie bei der Entwicklung kleinerer, lokaler erneuerbarer Energiequellen sein.

Förderung der Erzeugung von Energie in Mikroanlagen

Das neue Gesetz hat aber auch die Förderung für Mikroanlagen wesentlich geändert. Das vorherige Gesetz hat das bekannte und bewährte System garantierter Tarife für Erneuerbare-Energie-Erzeuger eingeführt, und zwar mit einer angemessenen Förderung, deren Höhe sich nach der Größe der Anlage und der bei der Erzeugung eingesetzten Technologie richtete.

Anstelle des Systems mit Einspeisetarifen wurde im Entwurf das System der Barter-Abrechnungen vorgesehen. Auf dieser Grundlage wäre der Mikroerzeuger berechtigt, für jede in das Vertriebsnetz eingespeiste Kilowattstunde an Strom 0,7 Kilowattstunden Strom aus diesem Netz zu entnehmen (im Falle einer Mikroanlage mit einer Leistung bis zu 7 Kilowatt). Bei Mikroanlagen mit einer Leistung von über 7 Kilowatt könnte der Prosumer nur noch 0,5 Kilowattstunden entnehmen, und bei einer bezuschussten Mikroanlage (sogar bei einer solchen, deren Leistung 2 bis 3 Kilowatt beträgt) gerade einmal 0,35 Kilowattstunden. Zusätzlich würde der Prosumer für den zu diesen Grundsätzen entnommenen Strom keine Gebühren entrichten, die mit dessen Vertrieb verbunden sind.

Ob das neue Fördersystem weiten Zuspruch finden oder nur für Liebhaber von Erneuerbaren und umweltbewusste Bürger attraktiv sein wird, muss sich erst erweisen. Der Gesetzgeber hat jedenfalls dafür gesorgt, dass die Grundsätze der Förderung vereinfacht und die von den Vorgängern eingeführten unnötigen Berichtspflichten eliminiert werden, wobei gleichzeitig ein vereinfachter Weg zum Anschluss von Mikroanlagen verblieb. Außerdem wird die Position bei Streitigkeiten mit Energieunternehmen gestärkt, und Verbraucherberechtigungen werden zuerkannt. (Piotr Mrowiec)

Der AutorPiotr Mrowiec ist Associate Partner bei Rödl & Partner, wo er als Rechtsanwalt in Polen vor allem ausländische Mandanten im Bereich des Energierechts, Verwaltungsrechts und internationalen Zivilrechts betreut. Er spezialisiert sich auf die Unterstützung von Investoren aus der Erneuerbaren-Energien-Branche. Mrowiec ist Autor zahlreicher Publikationen, hält regelmäßig Vorträge und veranstaltet Schulungen.

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