Smart-Meter-Monitoring

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Ineffiziente Lösungen ärgern Rolf Weber sehr. Das hat den Vorstandsvorsitzenden der Bürgerenergiegenossenschaft in der Stadt Hagen und dem angrenzenden Ennepe-Ruhr-Kreis dazu gebracht, die Datenlogger der Photovoltaikanlagen aufs Altenteil zu schicken.

Das fing damit an, dass der örtliche Netzbetreiber AVU Netz im Jahr 2014 seinen Kunden anbot, Smart Meter einbauen zu lassen, wenn sie das wollen. Diese kosten zwar rund 80 Euro im Jahr und damit etwa das Doppelte der herkömmlichen Zähler. Ein Köder für die Energiegenossenschaft war aber, dass die damit ausgerüsteten Anlagen nicht auf 70 Prozent abgeregelt werden müssen, sondern am Einspeisemanagement teilnehmen können. Statt der pauschalen Leistungsminderung hat der Netzbetreiber damit das Recht, Anlagen bei Bedarf herunterzuregeln. Das rechnet sich für die meisten Anlagen, die größer als zehn Kilowatt sind, haben Rolf Weber und seine Mitstreiter anhand der Produktionsdaten von 2013 ausgerechnet. Ein Teil der 59 Bürgerenergie-Anlagen hat jetzt Smart Meter, die die eingespeiste Energie viertelstündlich erfassen und den Wert an den Energieversorger melden.

Das ist ein wesentlicher Teil dessen, was auch der Datenlogger tut, der die Daten des bisherigen Zählers erfasste und speicherte. „Dass wir zwei Geräte haben, die beide den Ertrag aufnehmen und beide Strom verbrauchen, hat mich geärgert“, erzählt Weber. Außerdem wird die Energie für die Herstellung gespart, wenn in Zukunft keine extra Monitoringsysteme mehr angeschafft werden müssen. Die Frage ist nur, wie kommt die Bürgerenergiegenossenschaft an die Daten des Smart Meters.

Er spricht mit dem Netzbetreiber. Dieser hat die Daten, aber ein Problem mit der Tarifstruktur. Gewerbekunden, die ein Smart Meter einbauen lassen und die Daten nutzen, müssen einen höheren Preis zahlen als Solaranlagenbetreiber. Der Netzbetreiber bietet den Solarenthusiasten daher an, statt viertelstündlich aufgelöster Werte Tageswerte weiterzugeben, was für nur einen geringeren Betrag möglich ist. Die Tageswerte reichen Rolf Weber für seine Auswertung.

Smart-Meter-Daten kommen zurück

Jetzt bekommt die Bürgerenergiegenossenschaft täglich je Anlage eine Mail vom Netzbetreiber, die den Ertrag des Vortages auflistet. Die Bürgerenergiegenossenschaft hat eine Arbeitsgruppe Photovoltaik. Diese hat einen Algorithmus entwickelt, nach dem ein Programm analysiert, ob eine Anlage genauer untersucht werden muss.

Das geht nach einem mehrstufigen Verfahren. Zunächst vergleicht das Programm die spezifischen Tageserträge der nah beieinander liegenden Anlagen. Wenn eine Anlage mehr als zehn Prozent aus dem Rahmen fällt, folgt die zweite Stufe, da das alleine noch kein eindeutiges Zeichen für einen Fehler ist. Zu den zehn Prozent kann es auch durch jahreszeitliche Schwankungen des Sonnenstandes und damit durch Verschattungen kommen. Daher vergleicht die Software im zweiten Schritt die aktuelle Abweichung mit den Abweichungen über 20 Tage aus dem Vorjahr. Nur wenn sich der Mittelwert um mehr als zehn Prozent von der aktuellen Abweichung unterscheidet, wird ein Fehler als möglich angesehen und ein Techniker auf die Anlage geschickt.

Das Smart Meter kann zwar nicht alles, was ein Datenlogger tut. Es meldet zum Beispiel keinen Wechselrichterausfall. Doch auch damit kann Rolf Weber leben.

Nutzen und Kosten der Daten

Die Datenlogger gibt es immer noch, da sie ja nun einmal gekauft sind. „Wir bauen sie jetzt sukzessive in Anlagen ein, die wir außerhalb des Netzgebietes der AVU Netz neu bauen“, sagt Weber. Dadurch wird zum einen Geld gespart, allerdings weniger, als die zusätzlichen Gebühren kosten. Entscheidend, um auf das Smart-Meter-Monitoring umzusteigen, war die Energieeffizienz. „Unser oberstes Ziel, den Klimaschutz, haben wir damit verbessert“, sagt Weber. Bei Neuanlagen im Netzbereich dürfte das Smart-Meter-Monitoring dagegen auch finanziell rentabel sein, da sich die Genossen die Anschaffung neuer Datenlogger sparen.

Die Daten des Smart Meters gehören im Prinzip ja demjenigen, von dem sie stammen. Für den Service, der Energiegenossenschaft die Tageswerte per E-Mail zu senden, berechnet der Netzbetreiber in dem Pilotprojekt knapp 35 Euro im Jahr. Er hat dadurch einen Aufwand, dass er die Viertelstundenwerte zu Tageswerten „aufarbeiten“ und diese versenden muss. Das Pilotprojekt mit der Bürgerenergiegenossenschaft ist zunächst ein Testlauf, um Funktionalitäten und Aufwand zu bewerten.

Wenn man das Projekt weiterdenkt, könnte der Netzbetreiber jedoch noch ganz andere Services anbieten. Er kennt die Daten aller Solaranlagenbetreiber in seinem Gebiet. Er könnte mit nicht sehr hohem Aufwand auch eine vollautomatisierte Auswertung anbieten, wie sie derzeit von der Bürgerenergiegenossenschaft für ihre eigenen Anlagen durchgeführt wird. Die Bürgerenergiegenossenschaft hat das Programm auch gleich so schreiben lassen, dass andere Mandanten angelegt werden können. Die Betreiber würden dann nur eine Warnung bekommen, falls die statistische Auswertung zeigt, dass die Anlage ein Problem hat. Für die AVU Netz ist eine Ausweitung des Monitoringgeschäfts durchaus denkbar. Doch zunächst müsse man abwarten, bis mit dem Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende die Rahmenbedingungen geklärt seien. Dann würden sich die möglichen Geschäftsmodelle sowieso ändern, weil ja vermutlich auch andere Anbieter auf den Markt kommen werden.

Die Muttergesellschaft des Netzbetreibers, die AVU AG, hat sich auch schon früher für Photovoltaik interessiert und betont, dass sie eine gute Zusammenarbeit mit der Energiegenossenschaft pflegt. Vor zwei Jahren hat sie sich sogar mit einigen Anteilen in Höhe von zusammen 5.000 Euro an der Bürgerenergiegenossenschaft beteiligt, um die Energiewende vor Ort zu unterstützen. (Michael Fuhs)

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