Kehrt um!

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Junge Menschen machen sich ihren Rücken kaputt, ältere Installateure müssen vermutlich umschulen. Das liegt am Modul-Standardformat, das sich in den letzten Jahren durchgesetzt hat. Es ist einfach zu schwer und zu groß. Eigentlich darf man die Module nur zu zweit tragen.

Das würden auch Arbeitsmediziner sagen. Sie empfehlen auf der Basis von internationalen ergonomischen Normen zum Beispiel Gewichtsgrenzen von maximal 12 bis 13 Kilogramm, wenn Lasten regelmäßig länger als zwei Stunden pro Tag gehoben werden müssen. Auch die Empfehlung der Berufsgenossenschaften ist eindeutig: Schwere Lasten, und das sind Module mit 18 bis 22 Kilogramm, sollten zu zweit zu getragen werden.

Eine Alternative ist es, kleinere und leichtere Module zu verwenden. Es ist noch gar nicht wirklich lange her, da gab es handliche und bei Monteuren beliebte Module mit einem „Standardmaß“ von zum Beispiel rund 1,3 mal 0,65 Meter oder mit rund 1,5 mal 0,65 Meter. Sie wogen circa elf Kilogramm. Diese Modulabmessungen sind für eine sichere „Ein-Personen-Montage“ gut geeignet. Die zumutbare Grenze für eine gesunde und sichere Montage ist definitiv bei Modulabmessungen von 1,6 mal 0,8 oder 1,35 mal 1,0 Meter mit einem Gewicht von 15 Kilogramm erreicht.

In anderen Branchen sind solche Gewichtsobergrenzen üblich. Im Bereich Trockenbau mit Gipskarton wiegen sogenannte Ein-Mann-Platten seit Jahren etwa 11 bis maximal 16 Kilogramm. Solarmonteure müssen bei weitaus schwierigeren und gefährlicheren Bedingungen als Trockenbaumonteure arbeiten, auf steilen, nassen, bisweilen auch rutschigen Dächern bei Kälte, Hitze und Wind. Ich denke, die Arbeit mit deutlich schweren Solarmodulen ist eigentlich niemandem zuzumuten.

Produktionskosten nur unwesentlich höher

Doch warum sind Solarmodule heute so schwer? Eine naheliegende Antwort ist, dass es die Kosten senkt, wenn Module größer werden. Doch das stimmt so gar nicht, zumindest nicht in dem Maße und wenn man die Gesamtkosten betrachtet. Eine Schnellabschätzung ergibt, dass es möglich sein sollte, kleinere, leichtere Module mit nur zehn Cent pro Wattpeak Mehrkosten anzubieten (siehe Kasten). Diese ließen sich im Übrigen gleich wieder reduzieren, indem man auf den Rahmen verzichtet, was ich sowieso für sinnvoll halte. Je nach Hersteller und Modultyp liegen die Kosten für die rahmenlosen Laminate bei circa zehn Cent pro Wattpeak niedriger. Einer der größten Modulhersteller der Welt, First Solar, nutzt dieses Kosteneinsparpotenzial übrigens seit jeher konsequent und erfolgreich aus.

Die Mehrkosten bei der Unterkonstruktion unterscheiden sich bei kleinen Modulgrößen je nach Ausführung. Bei einlagiger Montage gerahmter Module sind im Wesentlichen nur circa 20 Prozent mehr Modulhalteklemmen notwendig. Je nach Art und Ausführung ergeben sich hier nur minimale Mehrkosten von vielleicht 0,2 bis maximal 0,4 Cent pro Wattpeak.

Einsparungen bei der Montage

Es ist ein offenes Geheimnis: Oft werden große, schwere Module alleine getragen. Wenn man solch eine Installation mit einer Installation kleinerer Module vergleicht, bei der Arbeitsschutzstandards eingehalten werden, bei der die Installateure gesund bleiben, bei der auch ältere, erfahrene Mitarbeiter eingesetzt werden können, liegen die Kosten der Variante mit den leichten Modulen also leicht über den Kosten der Montage mit schweren Modulen. Im Vergleich zur nicht ordnungsgemäßen Montage ist die ergonomische Montage den leichten Aufpreis wert. Außerdem sind hier die Unterschiede der Qualität der Montage nicht eingepreist. Es ist bestimmt von Vorteil, die älteren, erfahrenen Mitarbeiter ebenfalls einsetzen zu können.

Wenn man dagegen ordnungsgemäße Installationen miteinander vergleicht, liegt die Installation mit den leichteren Modulen bezüglich der Gesamtkosten vermutlich sogar vorne. Denn den Mehrkosten in der Modulproduktion und Logistik steht die Einsparung bei der Montage gegenüber, zum Beispiel wenn man eine kleinere Anlage auf einem steilen Schrägdach montiert. Module mit 1,7 mal 1,0 Meter Abmessungen und rund 270 Wattpeak müssen korrekterweise von zwei Personen getragen und montiert werden. Wenn die zwei Personen stattdessen jeweils alleine ein Modul mit rund 1,6 mal 0,8 Meter mit etwa 200 Wattpeak installieren, schaffen sie in der gleichen Zeit 400 statt 270 Wattpeak. Das ist effektiver und führt zu etwa 48 Prozent geringeren Modul-Montagekosten.

Richtwerte und gesetzlich vorgeschriebene Grenzwertefür das Tragen von Lasten mit geradem Rücken undohne Hilfsmittel für Männer
Alterselten(< 5 %der Schicht)wiederholt(5-10 %der Schicht)häufig(>10-35 %der Schicht)
-1620 kg13 kg
17-1930 kg20 kg15 kg
20-4550 kg30 kg20 kg
>4540 kg25 kg15 kg
Quelle: „Heben und Tragen von Lasten“, Bayrisches Landesamt für Arbeitsschutz, Arbeitsmedizin und Sicherheitstechnik, 07/2004

Von der Entnahme aus der Modulverpackung bis zum auf dem Dach fertig festgeschraubten Modul ergeben sich bei der „Ein-Mann-Montage“ von kleinen Modulen (200 Wattpeak) typischerweise Kostenvorteile von 5 bis 15 Cent pro Wattpeak. Je länger die Strecke auf der Baustelle ist, über die die Monteure Module tragen müssen, umso größer wird der Kostenvorteil. Verrechnet mit eventuell höheren Modulkosten ist das meist nicht teurer, vielleicht sogar billiger, und auf jeden Fall einfacher für die Monteure. Für einen Monteur ist es übrigens nach meiner Erfahrung viel angenehmer und praktikabler, ein Modul mit 15 Kilogramm alleine zu tragen als ein 20 Kilogramm schweres zu zweit.

Wohlgemerkt, das gilt für Dachanlagen. Im Freilandbereich, insbesondere in Gebieten mit geringen Schnee- und Windlasten, hat die Modulgröße einen darstellbaren Einfluss auf die Art und die Kosten der Unterkonstruktion. Da verhält es sich anders.

Der Weg zurück

Warum haben sich angesichts dieser Abschätzung die großen, schweren Module durchgesetzt? Es liegt wohl an dem üblichen Wechselspiel, den sich verselbstständigenden Routinen und den Spielregeln zwischen allen beteiligten Akteuren.

Der Boom der Freiflächenanlagen hat dazu geführt, dass die großen Module mit hohen Stückzahlen gefertigt wurden und die kleinen Module nahezu verschwunden sind. Und auch die Einkäufer bei Großhändlern gaben den Modulen mit den niedrigsten Wattpeakpreisen den Vorrang, und das sind eben die großen, schweren mit den hohen Stückzahlen. Irgendwo in der Kette bleibt die Praxiserfahrung auf der Strecke – und schon steht das große Modul im Lager. Der Modulhersteller ist dann übrigens auch zufrieden und glaubt, dass er das richtige Produkt angeboten hat.

Im Laufe der letzten Jahre hat sich eine solche selbstverstärkende und irgendwie scheinbar unkontrollierte beziehungsweise scheinbar normale Spiralbewegung in Richtung größere und schwerere Module in Gang gesetzt.

Die Frage ist also, wie man diese scheinbar zwanghafte Tendenz stoppen oder auch wieder etwas zurückdrehen kann. Denkbar wären zum Beispiel genauere Analysen und Studien zum Thema und Branchenvereinbarungen zu maximalen Größen und Gewichten für Modulinstallationen auf Gebäuden. Dadurch würden sich dann auch bei den kleineren Modulformaten wieder hohe Stückzahlen und günstige Kosten ergeben können.

Ich bin mir sicher: Wenn die Hersteller und Großhändler kleine und große Module zum nahezu gleichen Wattpeakpreis anbieten würden, würde die Mehrzahl der auf Gebäuden installierten kleinen und mittleren Anlagen wieder mit kleinen, „gesunden“ Modulen geplant und gebaut werden. Wäre das im Übrigen nicht eine lohnende Chance für heimische kleine Modulhersteller?

Der AutorClemens Sodeik, Mit-Geschäftsführer von SE-Consulting, plant und baut seit 1996 Anlagen mit erneuerbarer Energie und berät Hersteller von Modulen und Montagesystemen, Planungsbüros, Architekten sowie gewerbliche und private Investoren bei der Umsetzung ihrer jeweiligen Projekte und Entwicklungen.

Modulkosten

Wie viel kostet die Produktion und Lieferung kleiner Module pro Wattpeak (Wp) mehr als die großer Module?

• Materialkosten: Jedes Modul benötigt eine Anschlussdose. Bei einem 180-Wp-Modul kostet diese umgerechnet circa 3,8 Cent/Wp, bei einem 270-Wp-Modul bleiben 2,6 Cent/Wp, in dem Beispiel also 1,2 Cent/Wp mehr. Nimmt man kleinere Fünf-Zoll- statt Sechs-Zoll-Zellen, steigen die spezifischen Zellkosten um mindestens 20 Prozent. Kosten für EVA und Tedlar bleiben ungefähr konstant.

• Kosten für Rahmenteile steigen an.

• Verpackungs- und Versandkosten sind etwas höher.

• Produktionskosten: Diese lassen sich am schwierigsten abschätzen. Es hängt im Wesentlichen davon ab, wo der Flaschenhals der Produktion ist. Wenn die Glaswaschmaschine den Durchsatz bestimmt und nur eine Scheibe in 45 Sekunden verarbeitet, sinkt der Ausstoß der Linie entsprechend der geringeren Größe und Leistung der kleineren Module. Der Flaschenhals können auch der Stringer oder der Laminator sein. Wird eine Linie nicht optimal genutzt, gehen die auf die Leistung umgerechneten Investitions- und Betriebskosten für die gesamte Fabrik vermutlich um rund 3 bis 4 Cent/Wp nach oben.

Für ein „kleines“ Modul mit 1,6 mal 0,8 Meter mit 72 Zellen à fünf Zoll dürften die Kosten im Vergleich zum „großen“ Modul mit 72 Zellen à sechs Zoll im ungünstigsten Fall um bis zu 8 Cent/Wp steigen. Bei noch kleineren Modulen steigen die Produktionskosten bei nicht darauf optimierten Linien noch etwas höher. Der Schlüssel zu möglichst niedrigen Kosten für kleine Module liegt darin, die Linien darauf zu optimieren und hohe Stückzahlen zu produzieren.

Markus Steinkötter, Sunnyside upP

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