Die Bürgeranleihe der Tennet doch nicht so transparent

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Unsere Energiewende kann nur gelingen kann, wenn Sie von uns allen getragen wird und die Anreizmechanismen richtig gesetzt werden. Um Kapital einzuwerben und zugleich Akzeptanz für bauliche Veränderungen und Eingriffe in das Landschaftsbild zu erhöhen boomen derzeit Bürgerenergieprojekte. Diese sind umso erfolgreicher je mehr Bürger an Entscheidungen partizipieren dürfen und die Projektbedingungen mit einer erhöhten Transparenz verbunden sind.

Als erster Netzbetreiber will die Tennet Holding B.V. mit der Bürgeranleihe Westküstenleitung in Form einer Hybridanleihe Kapital aufnehmen und zugleich bei Gebietsansässigen und Grundstückseignern die Akzeptanz für das Projekt erhöhen.

Den Zeichnern wird eine Rendite über 3 Prozent vor und 5 Prozent nach Baubeginn versprochen. Die NordLB hat versucht diese Anleihe in einer Kreditanalyse dem Investor vertraut und schmackhaft zu machen, indem diese Anleihe mit verschiedenen am Markt gehandelten Anleihen verglichen wird. Sie hält die Konditionen aus heutiger Sicht für fair bepreist und sieht darin sogar ein “Rendite Pick-up“.

Ein gemeinsam unterzeichnetes Eckpunktepapier der Minister Altmaier (Umwelt) und Rösler (Wirtschaft) sowie der Geschäftsführern der vier Netzbetreiber vom 5.7.2013 zur finanziellen Beteiligung der Bürger am Netzausbau empfiehlt für Bürgerbeteiligungen an Netze eine Rendite von maximal 5 Prozent. Es stellt sich die Frage, ob der Kupon der Anleihe damit überhaupt aufgrund von betriebswirtschaftlichen Prämissen zustande kam. Im Prospekt der Anleihe wird zudem daraufhingewiesen, dass Bundesnetzagentur für Netzbetreiber eine Mindestverzinsung auf das Eigenkapital für Neu- und Erweiterungsinvestitionen in Strom- und Gasnetze mit 9,05 Prozent vor Körperschaftsteuer garantiert. Um dies zu erreichen, werden dementsprechend werden nun die Netzentgelte festgelegt.

Dem betroffenen Bürger wird für das gleiche Risiko 4 Prozent weniger Rendite zugesprochen als dem Netzbetreiber. Worin sollte also der Anreiz für Betroffene liegen, sich mit ihrem Kapital bei Tennet zu beteiligen?

Potenzielle Investoren sollten zudem wissen, dass  die Anleihe ist nachrangig ist, d.h. erstrangige Gläubiger im Zweifelsfall vorrangig behandelt werden. Sie ist ausschließlich mit einem Kündigungsrecht für den Schuldner ausgestattet. Gläubiger haben keine Möglichkeit ihre Forderung an Tennet wieder einzuziehen, sollte Tennet  nicht kündigen. Die Gläubiger sind damit Stillhalter einer Call Option. Das heißt, die Option für den Schuldner, die Anleihe dann zurückzuzahlen, wann es ihm genehm ist, wird hier nicht bepreist und auch von der NordLB in der Preisfindung nicht berücksichtigt. Am Markt handelbar wird diese Anleihe bei zu erwartender geringer Liquidität kaum sein.

Nicht zuletzt ist diese Anleihe für den Ausbau Nordwest nicht zweckgebunden. Sie ist eine Unternehmensanleihe und damit mit dem Risiko der Tennet und nicht mit dem Ausbaus der Leitung verbunden.

Der eigentlich gut gemeinte Ansatz, die betroffenen Bürger ist Boot zu holen, stellt sich als Boot zweiter Klasse heraus mit einem Kapitän Tennet, der sich nicht ins Logbuch schauen lässt und die Bürgeranleihe als Beiboot so lange mit sich herumziehen kann, wie es für die Finanzierung des Hauptschiffes Tennet opportun erscheint.

Worin liegt nun für Betroffene der besondere Anreiz sich an dieser Anleihe zu beteiligen? Mit den ausgewiesenen Konditionen sind andere „Not in my Backyard“ Investitionsmöglichkeiten im Segment der Erneuerbaren Energien attraktiver als diese Anleihe.

Grundsätzlich sind Bürgeranleihen zum Ausbau der Netze durchaus zu begrüßen. Sie sollten jedoch fair bepreis und damit einen Anreiz bieten sich zu beteiligen, transparent und zweckgebunden sein. Nur so lassen sich betroffene Bürger auch für den Netzausbau und damit für ein Gelingen der Energiewende gewinnen .

– Peter Romanowski, Partner bei SOLbrain und Aufsichtsrat der Sonne und Wind Beteiligungen AG, ist Investor und Finanzexperte für Erneuerbare Energien und Clean Tech. Als ehemaliger Senior Banker und Geschäftsführer eines Generalunternehmers berät er heute Investoren, Kommunen, Stadtwerke und Projektentwickler. –

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