Seit mehr als einem Jahr zeigt man in der globalen Solarbranche gegenseitig mit dem Finger aufeinander. Es geht um Milliarden Euro, wobei es keine klaren Sieger gibt. Die USA, China, die EU und Indien diskutieren über internationale Konventionen, wehren Beschwerden ab und ringen darum, eine gute Stellung in der Solarindustrie zu erreichen.
Auch wenn manche Klagen ihre Berechtigung haben, so haben die Kläger ebenfalls keine ganz reine Weste. In vielen Ländern lässt sich über Subventionen diskutieren. Das können niedrige Steuern, günstige Kredite oder billige Grundstücke für Solarunternehmen sein. All das hilft Unternehmen, zu expandieren und wettbewerbsfähig zu bleiben. Etliche Länder haben sogenannte Domestic-Content-Regeln eingeführt. Sie reduzieren, was importiert werden kann. Dazu kommt die weltweite Überproduktion, die den Preiskampf antreibt und die teilweise auch gefördert wurde.
Der Effekt ist desaströs. Heutzutage haben die Solarhersteller in allen Regionen volle Lager und leergeräumte Konten. Viele schweben am Rand des Bankrotts oder kommen für eine Übernahme in Frage. Der durchschnittliche Preis eines Solarmoduls ist seit Anfang 2011 um 51 Prozent geschrumpft. Laut Lux Research in New York sind die Einnahmen der Branche von 64,4 Milliarden US-Dollar (49 Milliarden Euro) im Jahr 2010 auf 56,9 Milliarden US-Dollar(43 Milliarden Euro) im Jahr 2012 zurückgegangen.
Zudem kann sich die Preispolitik der Unternehmen an anderer Stelle als kontraproduktiv erweisen: Die Strafzölle, die von den einzelnen Ländern erhoben werden könnten und in den USA bereits eingeführt sind, sollen gleiche Wettbewerbsbedingungen schaffen – und für Vergehen einen Ausgleich. Führen die Zölle jedoch zu höheren Preisen, könnte dies den Verkauf bremsen und den Fortschritt in Richtung Unabhängigkeit im Energiebereich behindern.
Anfang in den USA
Die Entwicklung begann in den USA. Am 19. Oktober 2011 reichten sieben US-Hersteller von Solarzellen und Solarmodulen aus kristallinem Silizium – angeführt von Solarworld Industries America, einer Tochter der Solarworld AG in Bonn – beim U.S. Department of Commerce DOC und der Internationalen Handelskommission der Vereinigten Staaten USITC Beschwerde darüber ein, dass chinesische Unternehmen von ihrer Regierung illegale finanzielle Unterstützung erhielten, was im sogenannten Ausgleichszollverfahren behandelt wird, und Solarmodule unter Einstandspreis verkauften, was Thema der Antidumpingverfahren ist.
Die sieben Kläger schlossen sich unter dem Namen Coalition of American Solar Manufacturing (CASM) zusammen, während sich der Großteil der US-Branche – hauptsächlich Installateure – in der Coalition for Affordable Solar Energy (CASE) vereinigt haben.
Im Detail argumentierte CASM, dass „die anhaltende Flut riesiger Mengen an chinesischen Zellen und Modulen zu Dumpingpreisen bei wachsender Zielpreisunterbietungsspanne zu künstlichen und illegal niedrigen Preisen 2011 schließlich zu einem starken Preiseinbruch in den USA geführt hat (der weltweite Preisrückgang lag bei durchschnittlich 40 Prozent) – und das trotz eines wachsenden Marktes für diese Waren. Der resultierende Preiseinbruch hat für die Solarzellen- und Solarmodulbranche in den USA verheerende Auswirkungen und führt landesweit zu Schließungen, Entlassungen und Insolvenzen.“ Als Beweis dafür, dass die chinesischen Hersteller ihre Preise künstlich gesenkt haben, führte CASM eine Analyse des National Renewable Energy Laboratory (NREL) an. Aus ihr ging hervor, dass „China keinen Vorteil bei den Herstellungskosten hat: Auf die Arbeit entfallen nur zehn Prozent der Produktionskosten von Solarmodulen. Tatsächlich kam das NREL zu dem Ergebnis, dass chinesische Hersteller gegenüber den amerikanischen nur einen Kostenvorteil von ein bis zwei Prozent haben. Berechnet man die Lieferkosten hinzu, dann haben sie sogar einen Kostennachteil von fünf Prozent. Folglich ist man bei CASM überzeugt, dass diese Preisgestaltung ohne illegale Subventionen und Preisdumping nicht möglich ist.“ CASE widersprach und schrieb, dass ein Preisrückgang von 40 Prozent bei Solarmodulen im selben Zeitraum zwischen 2006 und 2011 die Verachtfachung der Nachfrage nach Solarenergie begünstigt habe. CASE warnte geradezu: „Die Regierung zu bitten, sich einzumischen und den Preis künstlich zu erhöhen, wird den Einsatz der Technologie behindern, tausende von Arbeitsplätzen kosten, unsere Energiesicherheit vermindern und die bereits wackelige Wirtschaft noch weiter in Mitleidenschaft ziehen.“ Etwas mehr als zwölf Monate nach dem Einreichen der ersten Beschwerde hat sich CASM durchgesetzt. Am 7. November 2012 veröffentlichte die Internationale Handelskommission der Vereinigten Staaten das endgültige Urteil bezüglich des „materiellen Schadens“ in den Untersuchungen zu Dumping und Ausgleichszöllen. Suntech Power Co. Ltd. und Changzhou Trina Solar Energy Co. Ltd. wurden endgültige kombinierte Strafzölle von 35,97 Prozent und 23,75 Prozent zugewiesen. 59 weiteren chinesischen Exporteuren wurde ein Dumpingzoll von 30,66 Prozent zugewiesen. Für alle übrigen chinesischen Exporteure liegt der endgültige Dumpingzoll bei 254,66 Prozent. Es werden keine rückwirkenden Zölle erhoben.
Die Folgen
Der Fall ist abgeschlossen. Doch es folgten noch weitere Handelsbeschwerden (siehe Kasten nächste Seite), obwohl es noch viele offene Fragen gibt: Wird die Regelung ungerechtfertigte Subventionen, Rabatte, Steuergutschriften und andere Anreize wirklich unterbinden? Werden gleiche Wettbewerbsbedingungen die Verkäufe im Solarbereich verlangsamen? Wird China es schaffen, die Strafzölle durch Produktion oderVerkauf in anderen Regionen zu umgehen? Wird die Zahl der Handelsbeschwerden noch weiter steigen?
Richard Keiser von Keiser Analytics in New York, ehemals Analyst bei Sanford C. Bernstein, ist der Meinung, dass Subventionen beibehalten werden können und sollten: „Um zu wachsen, ist die Photovoltaikbranche noch auf Subventionen angewiesen. Diese Subventionen gibt es in Ländern überall auf der Welt. Sie nehmen verschiedene Formen an: Hilfen bei Installationen (Dollar pro Watt), Gutschriften für die Erzeugung (Dollar pro Kilowattstunde), Steueranreize und natürlich – am weitesten verbreitet – die Einspeisevergütung. Während der vergangenen fünf Jahre wurden in China jedoch mehr als 80 Prozent der Solarmodule produziert und nur weniger als zehn Prozent installiert. Aufgrund sinkender Subventionen in Europa und insbesondere Deutschland hat China zu Recht erkannt, dass es die nationale Nachfrage ankurbeln muss. Und hierbei geht es nicht nur darum, Solarunternehmen zu helfen, auch wenn dies ein wichtiger Punkt ist. Es geht auch darum, den unglaublich großen Energiebedarf Chinas zu decken und Energiesicherheit zu gewährleisten. China hat sehr viel Sonneneinstrahlung und beabsichtigt wie viele andere Länder, sich das zunutze zu machen. Folglich stützt China die inländische Photovoltaikbranche und wird dies auch weiterhin tun.“ So stehen auch die Gegner der Strafzölle, darunter die amerikanischen Installateure und Lieferanten von Polysilizium, auf dem Standpunkt, dass der Verkauf billiger chinesischer Module die Preise insgesamt sinken lässt, so dass es zu einem verstärkten Einsatz der Photovoltaik in den USA kommt.
Das Center for American Progress ist hingegen der Auffassung, dass „diese Theorie nicht mit den grundlegenden internationalen wirtschaftlichen Realitäten einhergeht“. Die Wirtschaftsexperten des Centers vertreten eine marktliberale Auffassung: „Sollte die chinesische Regierung – oder eine andere – tatsächlich Dumpingpolitik betreiben, die von der Welthandelsorganisation nicht gutgeheißen wird, dann wäre das Ergeb- nis chinesische Marktdominanz. Wenn
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