Solarworld-Petition: US-Handelsministerium prüft noch

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Edward Lebows klare Botschaft an die Photovoltaik-Branche in den USA ist: „Sie sollten einfach vermeiden, der eingetragene Importeur zu sein“ und zwar von chinesischen kristallinen Siliziumsolarzellen und -modulen. Er erläuterte bei einem aktuellen Konferenzgespräch von Jeffries den Zeitplan der gegenwärtigen Untersuchung des US-Handelsministeriums und der Internationalen Handelskommission im Fall der Dumpingklage gegen chinesische Photovoltaik-Hersteller. Das nächste wichtige Datum ist Mitte Februar, wenn Handelsministerium seine vorläufige Entscheidung zu möglichen unlauteren Subventionen der chinesischen Regierung an chinesische Photovoltaik-Hersteller bekanntgibt. Mitte April entscheidet das Ministerium dann den „Anti-Dumping“-Teil des Falls, den die US-Tochter der deutschen Solarworld zusammen mit sechs weiteren Photovoltaik-Herstellern aus den USA am 19. Oktober 2011 gestartet hatte.  Da die Möglichkeit besteht, diese Strafzölle rückwirkend einzusetzen – für einen Zeitraum von 90 Tagen vor der vorläufigen Anti-Dumping-Entscheidung, könnten eingetragene Importeure bereits Mitte Januar von diesen Strafzöllen betroffen sein. Dazu müssten sogenannte „außerordentliche Zustände“ behauptet werden und vom US-Handelsministerium bestätigt werden. Nach Aussagen von Lebow ist aber recht unwahrscheinlich, dass es zu rückwirkenden Strafzöllen kommt.

Was am US-System besonders kritisch zu bewerten ist, ist die längerfristige Unsicherheit, in welcher hohe Strafzölle überhaupt verhängt werden, wie der Rechtsexperte ausführte. Lebow sieht darin einen deutlichen „Abkühlungseffekt“, bei dem Marktteilnehmer nicht bereit seien, das Risiko auf sich zu nehmen, wenn sie Produkte aus China importieren, da bis zu einem Zeitraum von zwei Jahren Unklarheit bestünden, in welcher Höhe Zölle überhaupt greifen würden.  Dies unterscheide sich von der europäischen Rechtslage bei Handelsstreitigkeiten, wo sich die Strafzölle nach ihrer Festsetzung nicht mehr veränderten.  In den USA würden solche Fälle nach einem Jahr nach der endgültigen Entscheidung, die im Oktober erwartet werde, nochmals eingehend geprüft und diese Prüfung kann zu neuen Erkenntnissen und Strafzöllen führen, sagt Lebow weiter.

Dazu kommt, dass diese Untersuchungen in den USA einen fast willkürlichen Charakter bekommen aufgrund der Tatsache, dass die Volksrepublik China nicht als eine Marktwirtschaft eingestuft wird.  Wäre China eine Marktwirtschaft, würde Handelsministerium nur den Heimatmarkt betrachten und die Produktionsfaktoren und Preise in diesem Markt.  Als „Nicht-Marktwirtschaft“ sieht es aber ganz anders aus:  in solchen Fällen muss Ministerium Produktionsfaktoren und Preise in Marktwirtschaften mit einem ähnlichen Entwicklungsgrad – gemessen hauptsächlich nach pro Kopf Bruttosozialprodukt – berücksichtigen.  Für lange Zeit fungierte Indien als Referenzland, aber in jüngster Zeit hat DOC sechs neue Länder als die einschlägigen Referenzländer bestimmt, und zwar die Ukraine, Kolumbien, Südafrika, die Philippinen, Thailand und Indonesien.  Um dann zu Ersatzwerten für diverse Produktionsfaktoren zu kommen wie Material-, Strom- und Lohnkosten, betrachtet das Handelsministerium die Importe in diese sechs Länder, die laut Lebow sehr anders gestaltet sein können als die eigentlichen Einfuhren chinesischer Hersteller, um ihre Ware herzustellen. Letztendlich ist der ganze Untersuchungsprozess, von der Wahl der Referenzländer bis zur Wahl bestimmter Ersatzwerte für einzelne Produktionskosten, so offen, dass es für chinesische Hersteller sehr schwierig – wenn nicht unmöglich – ist, herauszufinden, ob sie in den USA ihre Ware zu Dumpingpreisen anbieten.

Yingli will freiwillig Stellung nehmen

Aktueller Stand ist, dass das Handelsministerium nur die Photovoltaik-Hersteller Suntech Power und Trina Solar gebeten hat, zu den Vorwürfen der Gegenseite und dem Fragenkatalog des Ministeriums Stellung zu nehmen. Yingli Green Energy versucht, als „freiwillige Partei“ in diesen Prozess einzusteigen. Noch ist aber unklar, ob Yingli damit Erfolg haben wird.  Sollte der chinesische Photovoltaik-Hersteller jedoch punkten und das Handelsministerium letztendlich entscheiden, dass im Fall Yingli alles sauber sei, könnte das Unternehmen Strafzölle komplett umgehen. Offensichtlich glaubt Yingli daran, dass seine Preise im US-Markt fair sind, und dass es von der chinesischen Regierung keine unlautere Unterstützung bekommt.  Für die anderen Hersteller in China sieht die Situation dagegen düster aus: sollte das Handelsministerium und die die Internationale Handelskommission für die Solarworld-Petition stimmen, müssten sie unweigerlich den gewichteten Durchschnitt der festgesetzten Strafzölle tragen, auch wenn sie eine reine Weste haben. Mit anderen Worten, nur die allergrößten chinesischen Photovoltaik-Hersteller werden von der US-Regierung angehört. Der große Rest der Firmen muss akzeptieren, was politisch entschieden wird.

Was können chinesische Photovoltaik-Hersteller dagegen tun? Lebow bestätigte, dass eine Maßnahme für chinesische Hersteller die Übernahme der eingetragenen Importeurfunktion ist. So nehmen sie das Risiko auf sich, dass für ganze zwei Jahre die Höhe der Strafzölle unbestimmt sei.  Eine andere Maßnahme sei der Einstieg bei ausländischen Photovoltaik-Herstellern, wie der jüngste Kauf der deutschen Sunways durch LDK Solar zeigt. Entscheidend ist dabei der Produktionsort der Photovoltaik-Zellen und Solarmodule und nicht, ob der Hersteller eine chinesische Firma ist.

Kommt es noch zum Kompromiss?

Wie Lebow im Laufe des Jeffries-Gesprächs klarstellte, enden die meisten dieser Fälle zu Gunsten der US-Kläger.  Für die chinesischen Hersteller sind die Erfolgschancen also recht gering.  Aufgrund der großen Bandbreite in der Wahl der Referenzländer und Ersatzwerte für Produktionskosten im Fall von Nicht-Marktwirtschaften wie China sei das US-System in dieser Hinsicht grundsätzlich gegen ausländische Hersteller aufgestellt. Gleichzeitig steigert China seine eigenen Handelsverfahren gegenüber ausländischen Herstellern. Einen Hoffnungsschimmer gibt es, dass mit steigender Zahl dieser Fälle beide Länder erkennen werden, dass es nicht in ihrem Interesse liegt, Handelsbarrieren zu errichten, auch gerade wenn es um die Entwicklung sauberer Energien geht. Es bleibt also eine Chance, dass beide Regierungen die Initiative ergreifen werden und einen Kompromiss finden werden, bevor ein Handelskrieg so richtig anfängt. (Eckhart Gouras)

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