Auf dem Weg in den Markt

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Bisher hat die Technologie ein Aschenputtel-Dasein geführt: Von 33.000 Megawatt weltweit installierter Photovoltaiksysteme stammen gerade einmal 28 Megawatt von der konzentrierenden Photovoltaik (CPV) – ein beinahe zu vernachlässigender Bruchteil. Doch in den kommenden Jahren könnte sich das ändern. Die CPV, die mit Spiegeln oder Linsen das Sonnenlicht auf eine kleine hocheffiziente Zelle fokussiert, hat beste Chancen, sich in die zukünftige Ballkönigin zu verwandeln.

„Wir erleben im Moment eine unglaublich spannende Zeit. Wir verfolgen mit, wie die CPV große Marktvolumen erobert“, sagt Hansjörg Lerchenmüller, Senior Vice President Customer Group bei der Firma Soitec. „2010 war kommerziell das entscheidende Jahr, weil in diesem Zeitraum die ersten CPV-Kraftwerke mit Solarzellen auf Basis von III-V-Halbleitern installiert wurden.“ Und dieser Kraftwerksmarkt dürfte nun geradezu explodieren, glauben Beobachter der Szene. Analysten von GTM Research haben die Technologie einer genauen Analyse unterzogen und im Sommer dieses Jahres einen 260 Seiten starken Bericht vorgelegt. Darin prognostizieren die Autoren bis zum Jahr 2015 ein Wachstum der jährlichen CPV-Installationen auf über 1.000 Megawatt.

Dabei sind gerade einmal drei Systemhersteller für 96 Prozent aller Projekte verantwortlich, die derzeit weltweit im Betrieb, im Bau und in der Entwicklung sind: Soitec, Amonix und Solfocus. Der französische Halbleiterkonzern Soitec hatte im Jahr 2009 durch die Akquisition des deutschen Unternehmens Concentrix Solar den CPV-Markt betreten. Bei Concentrix handelte es sich um eine Ausgründung des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE aus Freiburg. Kraftwerke auf Basis der konzentrierenden Photovoltaik hat Soitec bisher in Spanien und den USA errichtet – mit einer zurzeit noch bescheidenen Gesamtkapazität. Doch für Kalifornien hält das Unternehmen Projekte in der Pipeline, die zusammengenommen eine Leistung von 180 Megawatt haben sollen. Und auch in Frankreich, Italien und Nordafrika dürften in den kommenden Jahren Soitec-Kraftwerke entstehen.

„Jetzt erst kommt Bewegung in den Markt, denn es braucht auch einfach ein wenig Zeit, den Investoren und Banken die Verlässlichkeit der Technologie zudemonstrieren. Und auch die Produktionskapazitäten ziehen ja jetzt erst nach“, erklärt Hansjörg Lerchenmüller.

Die beiden anderen Mitbewerber haben ihren Sitz in den USA. Der im Jahr 1989 gegründete CPV-Pionier Amonix (Seal Beach, Kalifornien) verfügt über bereits installierte Anlagen von rund 17 Megawatt. Der geographische Schwerpunkt liegt vor allem im trockenen, sonnigen Südwesten der USA: Arizona, Nevada und Kalifornien. Das größte zukünftige CPV-Projekt des Unternehmens ist ein Solarkraftwerk mit einer Leistung von 30 Megawatt im US-Bundesstaat Colorado. Solfocus, ebenfalls mit Sitz in Kalifornien, verfügt über eine ganze Reihe von Projekten in den USA, Europa und Australien. Die Leistungen der einzelnen Anlagen liegen typischerweise unter einem Megawatt.

Hohe Wirkungsgrade

Das wichtigste Argument für die konzentrierende Photovoltaik ist der hohe Wirkungsgrad der Anlagen. Er wird möglich, da nur wenig Zellfläche nötig ist – umso teurer und effizienter kann die kleine Zelle sein. Im Labor lassen sich heutzutage bereits Zellen herstellen, deren Wirkungsgrad über 40 Prozent liegt. Das ist möglich, weil die Entwickler statt des konventionellen Siliziums auf andere Materialien zur Energieumwandlung setzen, nämlich auf sogenannte III-V-Halbleiter. Das sind Verbindungen aus Elementen der dritten und fünften Hauptgruppe des Periodensystems. Mehrere Schichten solcher Halbleiter in einer einzigen Zelle arbeiten besonders effektiv, weil sie einen breiten Frequenzbereich des Sonnenlichtes umwandeln können. Andreas Bett vom Fraunhofer ISE in Freiburg glaubt, dass mit dieser Technologie in Zukunft auch Zellwirkungsgrade von 50 Prozent möglich sein werden: „Das überträgt sich natürlich auf hohe Modul- und Systemwirkungsgrade.“ Der Wirkungsgrad der CPV-Module liegt bei rund 30 Prozent, derjenige von kompletten Anlagen bei bis zu 25 Prozent (siehe Interview Seite 68 und Artikel Seite 72).

Die relativ hohe Diskrepanz zwischen den Zell- und Modulwerten liegt zum einen an den Verlusten durch die Optik. Aber auch die Messmethodik habe einen Anteil daran, erklärt der Fraunhofer-Forscher. Während einzelne Zellen unter kontrollierten Bedingungen im Labor vermessen werden, existieren nur an wenigen Instituten die Geräte, mit denen etwas Vergleichbares bei Konzentratormodulen möglich wäre. Daher werden die CPV-Systeme meistens unter realen Bedingungen vor Ort beurteilt, wo eventuell Wind, Wetter und die variable Zusammensetzung des Sonnenspektrums die Laborwerte weiter senken. Aber dessen ungeachtet liegen die Wirkungsgrade immer noch rund doppelt so hoch wie die von konventionellen Siliziummodulen. „An sonnigen Standorten lässt sich auf diese Weise eine hohe Leistung zu geringen Kosten erzeugen. Und das macht diese Technologie so attraktiv. Daher sind auch viele Start-up-Firmen in diesen Bereich eingestiegen, so dass sich die CPV in jüngster Zeit tatsächlich Marktrelevanz erobert hat“, sagt Bett.

Ein hoher Wirkungsgrad ist allerdings nur die halbe Miete. Im Gegensatz zu konventionellen Solarzellen sind die konzentrierenden Systeme auf einen hohen Anteil an Direktstrahlung angewiesen. Wolken und Dunst reduzieren diesen Teil des Sonnenlichts. Als Standorte eignen sich also vor allem Regionen mit hoher direkter Sonneneinstrahlung, wie der Südwesten der USA, Nordafrika, Südafrika und Australien. Aber auch bestimmte europäische Regionen könnten für die Technologie interessant sein. In Andalusien zum Beispiel lässt sich die Amonix-Technologie in mehreren Anlagen finden. Und Solfocus hat CPV-Systeme nach Griechenland, Italien und Portugal geliefert. In welchen Landstrichen sich die Spiegel- und Linsensysteme rentieren, müsse differenziert betrachtet werden, sagt Andreas Bett. Wenn die Direktstrahlung hoch genug sei, dann sei die CPV auf der Kostenseite im Vorteil. „Ob das der Fall ist, muss man für jeden Standort einzeln durchrechnen“, sagt er.

Eine wichtige Rolle spielt dabei auch, wie die Anlage im Detail verwirklicht wurde. Denn die konzentrierende Photovoltaik ist keineswegs eine homogene Technologie. Die Art des Konzentrators, die Zellarchitektur und das Nachführsystem entscheiden im hohen Maße über die Wirtschaftlichkeit. Ein wesentlicher Parameter ist der Konzentrationsfaktor. Die effizienten Zellen auf Basis von III-V-Halbleitern arbeiten mit Sonnenlicht, das von der Optik 500- bis 1.000-fach konzentriert wird. CPV-Module mit einem deutlich niedrigeren Konzentrationsfaktor setzen üblicherweise auf Zellbasis auf eine leicht modifizierte Siliziumtechnologie, die deutlich den konventionellen Solarzellen ähnelt. Nicht hohe Wirkungsgrade sind die Motivation für diese Systeme, sondern einfach die Materialersparnis des Halbleiters Silizium. Für den gerade einsetzenden Boom der CPV spielen niedrig konzentrierende Systeme kaum eine Rolle, glaubt Hans-Dieter Mohring, Fachgebietsleiter PV, Module, Systeme und Anwendungen beim Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) in Stuttgart: „Systeme mit einem Konzentrationsfaktor von zwei bis fünf brauchen trotzdem noch Halbleiterfläche. Doch in der Zwischenzeit sind die Preise für die Module derart gesunken, dass es sich kaum mehr lohnt, ein bisschen Modulfläche zu sparen und sich dafür aber mehr Mechanik für die Nachführung einzuhandeln.“

Leistungsprognosen

Der Tracker, der dafür sorgt, dass die konzentrierende Optik dem Lauf der Sonne folgt, wird von vielen Kritikern der CPV als Schwachpunkt der Technologie angesehen. Denn einerseits erhöht sich durch diese zusätzliche Komponente das Ausfallrisiko im Vergleich zu nichtnachgeführten Photovoltaikanlagen. Und andererseits können bereits kleine Abweichungen des Trackers von der idealen Spur dazu führen, dass die Leistung der Anlage deutlich sinkt. „Wenn es in der Vergangenheit Ausfälle einer CPV-Anlage gab, dann lag das am Tracker“, sagt Hansjörg Lerchenmüller von der Firma Soitec. „Mittlerweile haben wir aber hinzugelernt, so dass es mit den neuesten Modellen gar keine Schwierigkeiten gibt. Man muss darauf achten, dass kein Sand in die Getriebe gelangen kann. Aber wir verwenden geschützte Getriebe nach dem Industrie-Standard. Wenn man die richtigen Materialien, Komponenten und Hersteller auswählt, dann halten die Tracker 40 bis 50 Jahre lang.“ Die Verlässlichkeit und der Ertrag einer CPV-Anlage sind wichtige Kriterien für potenzielle Investoren. Nicht nur aus diesem Grund haben Experten aus der Industrie und von Forschungsinstituten an Werkzeugen gearbeitet, mit denen sich die Leistungsabgabe eines Moduls an einem bestimmten Standort simulieren lässt. Die Modelle müssen mit Wetterdaten gefüttert werden und außerdem die tageszeitlichen Schwankungen des Sonnenspektrums berücksichtigen – und zwar über das ganze Jahr hinweg, sagt der ISE-Fachmann Andreas Bett: „Daran arbeiten wir bereits seit Jahren sehr intensiv. Es gibt mittlerweile adaptierte Modelle, welche äußerst präzise Vorhersagen machen können. Anfangs standen dabei nicht ausreichend Daten zur Verfügung, aber mittlerweile gibt es genügend Mess- und Satellitendaten. Auf diese Weise lassen sich nun sehr präzise Vorhersagen über die Effizienz und den Ertrag machen.“

Zertifizierung bringt Sicherheit

Damit können die Hersteller der Systeme ein entscheidendes Argument anführen, wenn sie um Geldgeber, Kooperationspartner und Kunden werben. Nicht weniger entscheidend ist die Tatsache, dass seit dem Jahr 2007 ein internationaler Standard zur Zertifizierung der Module und Anlagen existiert. Mit der IEC 62108 hat die Internationale Elektrotechnische Kommission eine Norm ausgearbeitet, die sicherstellen soll, dass CPV-Module und Baugruppen unter verschiedensten klimatischen Bedingungen auf lange Sicht verlässlich funktionieren. Sie spezifiziert die Anforderungen für die Bauart- und Typenzulassung und entspricht der IEC 61215 im Bereich der Module auf Basis von kristallinem Silizium.

Die kalifornische Firma Solfocus hatte als erste weltweit ihre Module nach diesem Standard zertifizieren lassen. Ein weiterer wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Marktdurchdringung war für diese Firma, dass ihre Module von der Kalifornischen Energiekommission (CEC) auf die Liste jener Geräte aufgenommen wurden, die unter dem Programm „California Solar Initiative“ finanziell gefördert werden. Dafür müssen umfassende Tests zur Leistungsfähigkeit und Verlässlichkeit der Anlagen absolviert werden.

Die Felderfahrung mag bei der CPV deutlich geringer sein als bei der konventionellen Photovoltaik. Trotzdem ist es den führenden Unternehmen im Bereich der konzentrierenden Photovoltaik bereits gelungen, Abnahmeverträge mit Stromversorgern im mehrstelligen Megawatt-Bereich abzuschließen. Die GTM-Research-Studie „Concentrating Photovoltaics 2011“ legt Zahlen vor, die sich für Projekte, die von 2011 bis 2017 fertiggestellt werden, auf 12.000 Megawatt summieren.

Konkurrenz um die Sonne

Und auch in Konkurrenz zu anderen Photovoltaiktechnologien steht die CPV nicht schlecht da – wenn der Standort stimmt. Für Phoenix in Arizona, wo der Anteil der Direktstrahlung hoch ist, berechnet der Report von GTM Research die Wirtschaftlichkeit der verschiedenen Systeme. Niedrig bis mittelstark konzentrierende Module auf Basis von Silizium erzeugen dabei zwar den teuersten Strom, aber bei der hoch konzentrierenden Photovoltaik mit III-V-Halbleitern können die hohen Wirkungsgrade punkten. Diese Anlagen sind sogar noch ein klein wenig wirtschaftlicher als nichtkonzentrierende, einachsig nachgeführte Module mit monokristallinen Siliziumzellen. Allerdings: Günstiger als all diese Technologien sind laut GTM Research fest stehende Anlagen mit Cadmiumtellurid-Dünnschichtzellen.

Aber die CPV steht nicht nur mit anderen Photovoltaiktechnologien in Konkurrenz, sondern auch mit der Stromerzeugung durch Solarthermie (Concentrating Solar Power, CSP). Auch hier wird das Sonnenlicht üblicherweise durch Spiegel konzentriert. Solarthermische Kraftwerke erzeugen zunächst mit der Sonnenwärme Dampf, der dann über eine Turbine mit Generator elektrischen Strom erzeugt. CSP ist auch auf eine hohe Direktstrahlung angewiesen und bietet sich daher für dieselben Standorte an wie die CPV. Solarthermiekraftwerke haben den Vorteil, dass sie die Wärme über einige Stunden speichern können, zum Beispiel indem sie eine Salzschmelze erhitzen, welche die Energie dann in den Abendstunden wieder abgeben kann. Allerdings benötigen sie auch die Infrastruktur eines Dampfkraftwerkes inklusive Kühlung. Konzentrierende Photovoltaiksysteme hingegen wandeln das Sonnenlicht ohne diesen zusätzlichen Schritt in Strom um. Welche Konzentratortechnologie am Ende wirklich das Rennen mache, lasse sich im Moment noch nicht abschließend bestimmen, erklärt Andreas Bett: „Ich denke, das wird der Markt entscheiden. Im Endeffekt sind die Euro pro Kilowattstunde ausschlaggebend. Meiner Einschätzung nach kann die CPV sehr gut konkurrieren mit der CSP. Sie wird die Nase vorn haben, solange nicht zusätzliche Vorteile hineinspielen, wie zum Beispiel die Speicherung. In diesem Falle sehe ich tatsächlich die CSP vorne.“ Henning Wicht, Senior Director und Principal Analyst beim Marktforschungsunternehmen IHS iSupply, sieht für CPV noch eine weitere Schwierigkeit: „Wenn die Preise für herkömmliche Siliziumphotovoltaik weiterhin so stark fallen, wird es für die konzentrierende Photovoltaik noch schwerer werden, sich am Markt zu behaupten.“ Ein starkes Wachstum der Branche hält er zwar auch für möglich, seiner Einschätzung nach wird CPV aber „auch in absehbarer Zeit ein Nischenprodukt bleiben“. Das Potenzial der konzentrierenden Photovoltaik sei allerdings noch lange nicht ausgeschöpft, erklärt der Solarexperte Bett. Je tiefer die Technologie in den Markt eindringe, desto kostengünstiger könne sie auch werden: „Die Wachstumsraten sind potenziell noch sehr hoch. Dadurch ist ein großes Potenzial an Kostenreduktion möglich. Wenn man die Produktion ausweitet und Skaleneffekte besser nutzen kann, werden die Kosten gerade am Anfang noch mal sehr massiv sinken können.“

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