Komplizierte Lage in Italien

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Anfang März hat der Ministerrat in Italien ein Dekret beschlossen, in der erste Richtlinien für die künftige Ausgestaltung der Solarförderung enthalten sind. Demnach soll es zum 1. Juni 2011 eine neue Regelung geben. Alle Photovoltaik-Anlagen, die bis dahin nicht nur fertiggestellt, sondern auch bereits am Netz und somit in Betrieb genommen sind, werden die aktuelle Einspeisevergütung erhalten. Dies bestätigen übereinstimmend der Analyst der BHF Bank AG, Götz Fischbeck, sowie das Münchner Unternehmen New Energy Projects unter Berufung auf das Dekret. c Bis zum 30. April wollen sich Umwelt- und Wirtschaftsministerium über das neue Dekret mit den einsprechenden Photovoltaik-Vergütungen einigen.

Allerdings sei die Einführung einer Obergrenze für die neu installierte Photovoltaik-Leistung pro Jahr für den Erhalt der Einspeisevergütung im Gespräch, bestätigt Fischbeck der photovoltaik. Derzeit seien wohl ein bis zwei Gigawatt in der Diskussion. Außerdem sollen Photovoltaik-Freiflächenanlagen auf Ackerland auf eine Größe von einem Megawatt beschränkt werden, wie Fischbeck weiter sagt. Nach Angaben des Analysten ist die Fertigstellung von Photovoltaik-Anlagen, die derzeit noch gebaut werden, sehr fraglich. Bereits jetzt gebe es Anlagen mit einer Kapazität von 2,5 Gigawatt, die installiert, aber noch nicht am Netz seien. Im Monat Februar habe es der Netzbetreiber ENEL gerade einmal geschafft, 520 Megawatt Photovoltaik-Leistung ans Netz zu bringen. Für viele Investoren scheint es damit fraglich, ob sie überhaupt noch von den aktuellen Einspeisetarifen profitieren können, obwohl ihre Photovoltaik-Anlage längst fertig ist. Fischbeck geht nicht davon aus, dass ENEL in den kommenden drei Monaten bis Ende Mai deutlich mehr Anlagen pro Monat ans Netz bringen wird. Nun sei zu erwarten, dass alle im Bau oder der Planung befindlichen Photovoltaik-Projekte sofort gestoppt würden. Bis zur Veröffentlichung der neuen Photovoltaik-Einspeisetarife sei keine Finanzierung für neue Anlagen mehr möglich. Der Solarboom in Italien sei mit der Entscheidung des Ministerrats erst einmal gestoppt, so Fischbeck weiter. Nun müssten die Preise sinken, um die Installationen von Photovoltaik-Anlagen in anderen Photovoltaik-Märkten wieder attraktiv zu machen.

Allerdings gebe es dafür die Obergrenze von acht Gigawatt nicht mehr, so der Beschluss des Ministerrats. Eine Festschreibung einer Degression fordert der Ministerrat ebenfalls. Die Absenkung  der Einspeisetarife soll sich jeweils an der Höhe der Systempreise für die schlüsselfertige Errichtung von Photovoltaik-Anlagen richten. Neben den Produktionskosten würden dabei auch die Preisentwicklungen auf anderen europäischen Märkten berücksichtigt, so Fischbeck. Die Entscheidung der italienischen Regierung trifft nach Ansicht des Analysten die gesamte Branche – von den Herstellern über die Händler bis hin zu den Projektentwicklern. Sie werde sich auch auf die Nachfrage nach Photovoltaik-Komponenten in Europa auswirken. Diese wird Fischbeck zufolge spürbar sinken ebenso wie der Auftragseingang bei den Zulieferern zurückgehen wird.

Das Beratungsunternehmen Rödl & Partner kritisiert ebenfalls die Entscheidung der italienischen Regierung. Sie „fügt damit der gesamten Solarindustrie schwere Schäden zu: praktisch wurde ein sofortiger "Stop" für Investoren und finanzierende Banken verfügt bis die neuen Fördertarife, die ab dem 1.06.2011 gelten werden, verabschiedet wurden“, heißt es in einer Mitteilung. Das Legislativdekret der italienischen Regierung stelle eine „Verletzung von verfassungsrechtlichen, europarechtlichen und völkerrechtlichen Grundsätzen“ dar. Rödl & Partner verlangt daher von der Regierung in Rom „korrigierend einzugreifen“ und eine Übergangsfrist zu schaffen.

Verbände wenden sich an Napolitano

Die vier Verbände APER, Assosolare, Asso Energie Future und Gifi, die weitgehend den kompletten Photovoltaik-Sektor vertreten, haben sich gemeinsam an den italienischen Präsidenten Giorgio Napolitano gewandt. Sie forderten ihn auf, das Dekret nicht zu unterzeichnen, das die gesamte Erneuerbare-Energien-Branche in Unsicherheit stützen und Investitionen in Solar- und Windkraftanlagen zum Erliegen bringen wird. Aus Sicht der Verbände verstößt das Dekret sowohl gegen die italienische Verfassung als auch gegen die Europäische Konvention der Menschenrechte. Zudem sei das Dekret ohne Zustimmung der Regionen erlassen, die auch nicht die Auffassung des Kabinetts teilten, hieß es weiter. (Sandra Enkhardt)

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