Fragwürdiges Konstrukt

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Am 1. April hat das Bundesfinanzministerium mit einem Schreiben an die Obersten Finanzbehörden der Länder die umsatzsteuerrechtliche Handhabung des Direktverbrauchs von Solarstrom nach Paragraf 33 Absatz 2 EEG 2009 geregelt. Allerdings mit einem juristischen Konstrukt, das bei Experten und Anlagenbetreibern noch immer Fragen aufwirft. Denn die Arbeitsanweisung in Sachen Umsatzsteuer und Eigenverbrauch von selbst erzeugtem Solarstrom ist nicht nur auf den ersten Blick unverständlich, sondern weicht auch von der bisherigen Regelung des Umsatzsteuergesetzes ab.

Nach der Verabschiedung des neuen EEG im Sommer 2008 herrschte beim Thema Besteuerung der neuen Eigenverbrauchsförderung nur Funkstille in den Berliner Ministerien. Monatelang saßen Experten aus Umweltministerium (BMU) und Finanzministerium (BMF) zusammen und suchten laut BMU-Steuerrechtsexperten Guido Wustlich „eine konstruktive Lösung“. Einig waren sie sich nur über eins: Durch die neue Förderung des Photovoltaik-Selbstverbrauchers sollte niemand steuerlich schlechter gestellt werden – weder Erzeuger noch Fiskus. Für das BMU war laut einer Empfehlung vom Dezember 2008 die Sache klar: Wer nicht nur gelegentlich in das allgemeine Stromnetz einspeist, ist ein Unternehmer – mit allen Vor- und Nachteilen bei der Umsatzsteuer. Das heißt konkret: Der Direktverbraucher genießt weiter beim Kauf der Solaranlage den vollen Vorsteuerabzug der Umsatzsteuer. Dafür muss er aber wie bisher die mit der Einspeisevergütung zusätzlich ausbezahlte Mehrwertsteuer an das Finanzamt abführen. Eine Antwort schuldig blieb das Ministerium allerdings in der Frage, von welchem Betrag die Mehrwertsteuer beim Eigenverbrauch zu berechnen wäre.

Monatelang gebrütet

So brütete das Finanzministerium monatelang über ein ausgeklügeltes Steuerkonstrukt, das niemanden bei der Mehrwertsteuer bevorteilt oder benachteiligt. Ergebnis: Es verpasste dem selbst verbrauchten Solarstrom einfach das umsatzsteuerrechtliche Etikett „(Rück)-Lieferung des Netzbetreibers“. Aus der umsatzsteuerlichen Sicht des Finanzministeriums liefert der Netzbetreiber an den Anlagenbetreiber einen Wert von 0,18 Euro pro selbst verbrauchter Kilowattstunde zurück. Für die Berechnung der abzuführenden Mehrwertsteuer spielt dies aber keine Rolle. Die Umsatzsteuer wird für den gesamten erzeugten Strom – auch den selbst verbrauchten – auf Basis der Einspeisevergütung von 0,4301 Euro pro Kilowattstunde berechnet. Eine Regelung, die im Grunde so tut, als gebe es den Selbstverbrauch an sich gar nicht.

Für Diplom-Finanzwirt Rainer Doemen ist die juristische Konstruktion in dem BMF-Schreiben „eine fragwürdige Variante“. Und auch andere kritische Stimmen werden zumindest in Internetforen laut. Denn üblicherweise wird der Eigenverbrauch – im Fachjargon die „unentgeltliche Wertabgabe“ – nach Paragraf 10 Absatz 4 Umsatzsteuergesetz nach den Selbstkosten für die Erzeugung versteuert. Das heißt, die Grundlage für die Mehrwertsteuer müsste über die Kosten der Anlage plus Nebenkosten – also Abschreibung plus Versicherung, Darlehenszinsen et cetera – errechnet werden. So steht es im Gesetz, und das gilt zunächst auch für die Steuerzahler.

Für Experten ist damit ein Konflikt zwischen den Finanzbehörden und findigen Steuerberatern programmiert, die für ihre Mandanten das Umsatzsteuergesetz anwenden. Denn eine Berechnung nach dem Umsatzsteuergesetz ergibt meist eine niedrigere Mehrwertsteuerzahlung an den Fiskus.

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