Verklotzen statt Verspargeln?

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Pumpspeicherwerke pumpen Wasser aus tiefer gelegenen Seen oder Flüssen einen Berg hinauf, wenn zu viel Strom im Netz ist. Zum Beispiel nachts. Wird wieder mehr Strom verbraucht, können die Netzbetreiber das Wasser ablaufen lassen und treiben damit Turbinen an. Dann wird in Minutenfrist wieder Strom erzeugt; die im Wasser gespeicherte Energie wieder ins Netz gespeist. Das ist seit den zwanziger Jahren Praxis. Doch diese Speicher können nur dort eingesetzt werden, wo es ein Gefälle gibt. Im Flachland kann man keine Pumpspeicherwerke bauen. Doch wäre das gerade hier praktisch, fällt an der Küste doch viel Windenergie an.

Schwerkraft-Werke

Aber auch da ließe sich viel Energie speichern, ist Werner Rau aus Keltern überzeugt. Denn „im Prinzip sind die Pumpspeicherwerke nichts weiter als Schwerkraft-Werke“; und die Schwerkraft ließe sich auch ohne Wasser nutzen, erklärt der pensionierte Ingenieur: Mit Gewichten, die an Seilen hängen.

Das Prinzip ist da einer Pendeluhr: Die wird aufgezogen, indem ihre Gewichte hochgewuchtet werden. Dann wird das Pendel angestoßen, und die in den Gewichten gespeicherte Energie sorgt über das Pendel und die Mechanik dafür, dass die Uhr nicht stehen bleibt.

Ganz ähnlich soll Raus Hubspeicherkraftwerk funktionieren: Ist mehr Strom im Netz als benötigt, springen Elektromotoren an und wuchten große Gewichte in die Höhe. Wird Strom gebraucht, läuft der Prozess umgekehrt: Dann senken sich die Gewichte wieder, erzeugen über Seilwinden und Generatoren Strom. „Ein Hubspeicherkraftwerk mit einem Gewicht von 360 Tonnen und einer Hubhöhe von 100 Metern könnte 100 Kilowatt Strom speichern“, rechnet Werner Rau vor. Um eine kleine Stadt mit 7.000 Haushalten einen Abend lang mit Strom zu versorgen, müssten sich 200 dieser Gewichte auf einem Areal von einem Hektar drängen.

Nicht jeder ist allerdings überzeugt, dass es sich um eine ebenso schöne wie einfache Technik handelt. „560 Tonnen, die in hundert Metern Höhe hängen – das ist nicht nur eine ästhetische Belastung für norddeutsche Dörfer und Städte. Da tritt eine enorme mechanische Beanspruchung der Lager und der Antriebe auf“, wendet zum Beispiel Volker Handke vom Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung in Berlin ein. Das Institut beschäftigt sich seit Jahren mit Energiespeichern in Europa. Handke kennt die Projekte daher genau, „und niemand in Europa beschäftigt sich mit einer mechanischen Lösung.“

Auch für Werner Bergholz von der Jacobs Universität in Bremen sind die hohen Belastungen die große Unbekannte in der Rechnung. Sollte sich tatsächlich jemand finden, der so ein Speicherkraftwerk realisieren will, dürften damit deutlich höhere Kosten verbunden sein als mit den konventionellen Speicherseen, schätzt der Wissenschaftler. Ob sich diese Kosten wieder erwirtschaften lassen, scheint fraglich – aber genau abschätzen lässt es sich nicht: Weil sich niemand mit der Technik beschäftigt, gibt es auch keine Erfahrungen mit Hubsystemen als Energiespeicher. Für Werner Rau ist das allerdings kein Hindernis, sondern eine Herausforderung. Und so hat er auf fast alle Einwände eine Antwort parat:

Große mechanische Belastung – „Ja, aber ich habe Stahlseile für 170 Tonnen Gewicht gesehen, und es gibt sogar welche für 400 Tonnen.“

Bremsen für 560 Tonnen – „Wenn es Seile für dieses Gewicht gibt, sollten Bremssysteme kein Problem sein.“

Hohe mechanische Belastung der Lager – „ich habe welche für ähnliche Gewichte gesehen, die sind vier Meter im Durchmesser.“

Hundert Meter hohe Klötze im Norddeutschen Flachland? – „Die Speicher lassen sich auch eingraben, zur Not sogar in Bergwerksschächten installieren.“

Daraus ließe sich also ein Folgenutzen für ein Erkundungsbergwerk in Norddeutschen Gorleben konstruieren, immerhin.

Erfinder Rau hält ohnehin energisch an seiner Idee fest – und hat es immerhin geschafft, die Fachhochschule Heidelberg dazu zu überreden, ihre Studenten ein Modell konstruieren zu lassen. „Ich glaube, dass das technisch machbar ist“, sagt Rau „Jetzt möchte ich wissen, ob sich das auch rechnet.“ Man darf gespannt sein, was die Wirtschaftswissenschaftler und Netztechniker dazu sagen.

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