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pv magazine: Bis 2029 sind Batteriespeicher noch von Netzentgelten befreit. Wie bewerten Sie die aktuelle Situation und Diskussion darüber?
Thorsten Klöpper: Bis 2029 sind Batteriespeicher noch von Netzentgelten ausgenommen, beziehungsweise werden Netzentgelte für Speicher bis dahin pausiert. Jetzt erwägt die Bundesnetzagentur, diese Netzentgelte wieder einzuführen und Batteriespeicher aktiv an den Netzausbaukosten zu beteiligen. Grundsätzlich halten wir die verursachergerechte Beteiligung eines breiten Stakeholderkreises an den Netzausbaukosten für sinnvoll, sofern dies wohl durchdacht ist.
Sie schlagen in ihrer Stellungnahme zum AgNES-Verfahren ein 3-Stufen-Modell für die Einführung von Netzentgelten für Batteriespeicher ab 2029 vor. Wie soll dieses genau aussehen?
Netzentgelte für Speicher strikt festzulegen, ohne zu wissen warum und wofür, ist aus unserer Sicht ein Schnellschuss, der sowohl den Ausbau von Batteriespeichern als auch marktdienliches und systemdienliches Verhalten stark einschränken würde. Unser Drei-Stufen-Modell ist daher kein Versuch, sich nicht an den Kosten des Netzausbaus beteiligen zu wollen, sondern ein praxisorientierter Weg, den Netzausbau auch von Batteriespeichern mitfinanzieren zu lassen. Konkret sieht das Modell daher eine Verlängerung der Pausierung der Netzentgelte bis zur nächsten Regulierungsperiode im Jahr 2034 vor. Bis dahin muss Netzdienlichkeit definiert werden und eine Systemausgestaltung erfolgen. Dafür braucht es Pilotprojekte und eine aktive Kooperation zwischen Netzbetreibern und Speicherbetreibern. Auch muss die Wechselwirkung zwischen Netz-, System- und Marktdienlichkeit genau untersucht werden. Erst dann lassen sich Speicher verursachergerecht in die Entgeltsystematik integrieren.
Welche Befürchtungen haben Sie, wenn die Netzentgelte direkt ab 2029 wieder eingeführt werden?
Derzeit sind etwa zwei Gigawatt an großen Batteriespeichern an das deutsche Stromnetz angeschlossen. Der Ausbau steht also noch ganz am Anfang. Gleichzeitig ist von einem „Batterie-Tsunami“ die Rede, also von Netzanschlussanfragen im hohen dreistelligen Gigawattbereich. Es besteht aktuell eine erhebliche Diskrepanz: Ja, zu viele Speicher wollen ans Netz, und ja, zu wenige Speicher sind tatsächlich am Netz. Diese Dynamik hilft weder Netzbetreibern, Speicherbetreibern noch Endkundinnen und Endkunden. Generell ist die Investitionsdynamik für Batteriespeichersysteme jedoch positiv zu bewerten. Batteriespeicher sind die einzige subventionsfreie Flexibilitätsoption, die sowohl zur Stabilisierung der Strompreise beiträgt, Systemdienstleistungen erbringt als auch kommunale Wertschöpfung generiert. Das gilt es zu erhalten. Netzentgelte drohen jedoch, Folgeeffekte auf den Speicherausbau auszulösen, derer sich viele nicht bewusst sind, und könnten dadurch die Attraktivität des Investitionsstandorts Deutschland verringern.
Haben Sie ein Beispiel aus einem anderen Land, wo das vielleicht bereits passiert ist?
Speziell der Blick in die Niederlande zeigt die Risiken: Dort ist der Hochlauf von BESS aufgrund ungünstiger Netzentgeltregelungen ins Stocken geraten – ein Fehler, der erst kürzlich revidiert wurde. Dieses Szenario gilt es in Deutschland dringend zu vermeiden, weshalb eine durchdachte Entgeltsystematik zum jetzigen Zeitpunkt essenziell ist.
Halten Sie es daher auch für gerechtfertigt, die Netzentgeltbefreiung für Speicher bis 2034 zu verlängern?
Die Verlängerung bis 2034 schafft einen verlässlichen Zeithorizont, innerhalb dessen die Branche gemeinsam mit der Bundesnetzagentur und den Netzbetreibern ein tragfähiges und differenziertes Entgeltmodell entwickeln kann. Gleichzeitig entspricht diese Verlängerung dem politischen Ziel, Flexibilitätsoptionen im Stromsystem zu fördern und nicht zusätzlich zu belasten. Dies wurde bereits im Koalitionsvertrag festgehalten und muss jetzt umgesetzt werden.
Könnte Netzdienlichkeit ein Argument dafür sein?
Derzeit lässt sich schwer abschätzen, inwieweit Speicher überhaupt zu den aktuellen Herausforderungen im Stromnetz beitragen oder diese entlasten. Netzdienlichkeit hat sich immer mehr zu einem Buzzword der Energiewende entwickelt, ohne dass der Begriff definiert worden ist und notwendige Messkonzepte und Steuerungsmöglichkeiten spezifiziert worden sind. Nichtsdestotrotz wird im Koalitionsvertrag sowie im Diskussionspapier von Netzdienlichkeit gesprochen. Als Batteriespeicherbranche möchten wir diesen Begriff definieren, operationalisieren und im aktiven Netzbetrieb testen, um anschließend festlegen zu können, wie Batteriespeichersysteme dem Netz nutzen oder schaden. Erst danach lassen sich Netzentgelte für Batteriespeicher sinnvoll festlegen. Schnellschüsse bei der Netzentgeltsystematik drohen die Dynamik in Deutschland auszubremsen. Grundsätzlich sollen Netzentgelte nach dem 31. Dezember 2028 eingeführt werden – idealerweise mit Rabattoptionen, die Netzdienlichkeit erfassen. Stand Juli 2025 existiert weder eine Definition von Netzdienlichkeit noch Kriterien, um diese zu bemessen. Wir starten also derzeit bei null und wollen in den nächsten zweieinhalb Jahren ein Modell entwickeln, das die Finanzierung von Speichern grundlegend verändern könnte. Dieser Prozess muss wohlüberlegt sein und darf kein Schnellschuss werden. Um dies zu gewährleisten, fordern wir eine Verlängerung der Entgeltbefreiung bis zur nächsten Regulierungsperiode.
Sie haben ja eine Mitzeichnung ihrer Stellungnahme für andere Unternehmen initiiert. Wer hat schon unterschrieben und warum?
Die Stellungnahme wurde bewusst als gemeinsame Erklärung einer breiten Unternehmensallianz der Batteriespeicherwertschöpfungskette konzipiert. Gerade bei richtungsweisenden Fragen wie Netzentgelten ist eine geschlossene Stimme wichtig. Dabei gilt es nicht nur die Interessen von Entwicklern und Betreibern von Batteriespeichern zu vertreten, sondern auch von Vermarktern, oder in Deutschland ansässigen Herstellern. Folglich freuen wir uns die komplette Wertschöpfungskette abgebildet zu haben. Zu den bereits unterzeichnenden Unternehmen gehören unter anderem Voltwise Power Holdings Limited, ABO Energy Fabrik GmbH & Co. KGaA, MN Projects GmbH, Powerwerker GmbH, FAVEOS SE, Aquila Capital, Elements Green Limited, BE ESS, Tion Renewables GmbH, Enspired GmbH, 1st Flow Energy Solutions GmbH, Mirai Power GmbH, Suena GmbH, Econergy Renewables Ltd, Terralayr AG, Stabl Energy GmbH, BBD Big Battery Deutschland GmbH, sdp energie GmBh, Voltfang GmbH sowie die Leag-Gruppe. Damit wird ein breiter Querschnitt der deutschen und europäischen Speicherbranche abgebildet.
Wie sollten Netzentgelte für Speicher nach Ihrer Meinung aussehen, auch über die Ausgestaltung gibt es ja viele Diskussionen?
Netzentgelte für Batteriespeicher sollten sich langfristig an einem ausgewogenen Zusammenspiel von Marktdienlichkeit, Netzdienlichkeit und Systemdienlichkeit orientieren. Es braucht eine klare und zugleich flexible Systematik, die sowohl planbar als auch praxisorientiert ist. Pauschale, arbeitspreisbasierte Modelle werden der multifunktionalen Rolle von Speichern nicht gerecht und könnten sogar kontraproduktive Anreize setzen. Entscheidend ist, dass Speicherbetreiber Planungssicherheit haben und Anreize zur netzdienlichen Betriebsweise nicht durch Einschränkungen, sondern durch gezielte Vergütungen geschaffen werden. Hierfür braucht es jedoch zunächst eine belastbare Datengrundlage, gemeinsame Standards und ein regulatorisches Rahmenwerk, das marktliche, netzbezogene und systemische Anforderungen in Einklang bringt. Batteriespeichersysteme müssen auch nach der Einführung von Entgelten weiterhin markt- und systemdienlich agieren dürfen. Betriebsweisen sollten nicht vorgeschrieben, sondern durch Anreize gefördert werden.
Die auslaufende Netzentgeltbefreiung setzt viele Projektierer unter Druck, ihre Batteriespeicher möglichst rasch ans Netz zu bringen. Andererseits hört man, viele Netzbetreiber vergeben aktuell keine oder kaum Anschlusszusagen für Batteriespeicher und bei großen Projekten auch erst in 10 bis 15 Jahren. Was sind ihre Erfahrungen und was hören Sie zur aktuellen Situation aus dem Markt?
Derzeit erleben wir eine tatsächlich widersprüchliche Situation: Einerseits ist es dringend erforderlich, Flexibilitätsoptionen in das Stromnetz zu integrieren, andererseits ist es äußerst schwierig, einen Netzanschluss für Batteriespeicher zu erhalten. Für viele Batteriespeicher-Projekte sind lange Wartezeiten mittlerweile leider zum Normalzustand geworden. Die Ursachen dafür sind vielfältig und nicht ausschließlich den Netzbetreibern zuzuschreiben.
Können Sie Ursachen nennen?
Ein Beispiel: Aktuell existieren mehrere hundert Gigawatt an sogenannten Phantomprojekten, also Vorhaben, die zwar Netzanschlussanträge stellen, jedoch keine realistische Umsetzungswahrscheinlichkeit besitzen. Diese Flut an Anfragen stellt die Netzbetreiber vor enorme Herausforderungen, da sie kaum noch in der Lage sind, die Anträge effizient zu bearbeiten. Solche Projekte müssen konsequent aus dem Antragsprozess herausgefiltert werden, um tatsächlich realisierbare Vorhaben zügig ans Netz zu bringen. Gleichzeitig sind auch die Netzbetreiber gefordert, die Digitalisierung der Netzinfrastruktur konsequent voranzutreiben und die Voraussetzungen dafür zu schaffen, Batteriespeicher flexibel und effizient ins Netz zu integrieren. In diesem Zusammenhang sprechen wir uns klar für mehr Kooperation aus: Netzbetreiber und Projektentwickler müssen verstärkt und lösungsorientiert im beiderseitigen Interesse zusammenarbeiten. Dabei gilt: Neue Batteriespeicher sollten in Summe keine zusätzlichen Engpässe verursachen oder den Netzausbau weiter belasten, zugleich muss jedoch ihre Wirtschaftlichkeit dauerhaft gewährleistet bleiben.
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Mal eine allgemeine Frage in die Runde:
Was wäre denn ein angemessener, fairer Verbraucherpreis für das Produkt Strom (Energie)?
Lieber Uwe, meine Meinung:
Der Marktpreis plus angemessene Netzgebühren, ohne versteckte Subventionen (EEG von 9 cent/kWh wie es jetzt kürzlich entschieden wurde in Deutschland für Dach PV)
Ich denke nicht, dass der Staat es entscheiden soll, sondern der Markt.
Uwe, was denkst du dazu?
Ich hätte das gerne mal in Zahlen (für Deutschland)
(getrennt in Arbeitspreis und Grundgebühr).
Die Grundidee ist ja richtig, aber von heute noch 10 Jahre auf die Netzentgeltbefreiung drauf zu schlagen, das erschließt sich mir nicht. Das sind 10 Jahre, während welcher Projekte ohne Steuerung ins Land gebaut werden können.
Das Argument, dass dies nötig sei, um die konkrete Ausgestaltung zu erörtern, finde ich auch etwas weit hergeholt. Wir sehen schließlich schon netzneutrale und netzdienliche Speicher, die heute projektiert werden.
Das riecht etwas nach 10 Jahre Profite finanzieren durch die Endverbraucher. Ich denke, man findet sicher für 2029 schon eine gute Lösung, welche für 2034 falls nötig überarbeitet werden kann.
Also, wenn ich das Interview richtig deute, geht es um eine Verlängerung von 5 Jahren, nicht um 10 Jahre.
Und er hat vollkommen Recht: alle reden von Netzdienlichkeit, keiner weiß, was das ist. Und um Projekte entwickeln zu können, benötigt es eben verlässliche Rahmenbedingungen. Ein Speicherprojekt, was heute angefangen wird, ist eher selten vor 2029 auch tatsächlich am Netz. Aber es wird eventuell gar nicht angefangen – bzw., noch schlimmer, laufende Planungen werden beerdigt – wenn der Business Case sich plötzlich und dramatisch ändert.
Deshalb muss man eben erst überlegen und dann Regelungen treffen. Mehr fordert Voltwise nach meinem Verständnis nicht.
Netzdienlichkeit kann man einfach definieren:
1A: Batterie ist zusammen mit Wind- oder Sonnenstromer auf einem Werksgelände, nutzen den selben Haupttransformator und wirken zusammen als ein Kraftwerk, das auch schwarzstartfähig ist.
1B: wie 1A, aber im Abstand und mit Leitungen dazwischen und eigenem Trafo für die Batterie.
1C: Der lokale oder regionale Netzbetreiber kann sich mittels Batterie und ggf. weiteren (Öko-)Kraftwerken oder Hilfsdiesel selbst eininseln, wenn die überregionale Versorgung ausfällt.
1D: die Batterie befindet sich auf dem selben Werksgelände wie ein Grosverbraucher und glättet dessen Verbrauch und übernimmt die Versorgung im Störungsfall.
Netzfeindlich: der Netzbetreiber misst die Belastung seiner Leitungen und die Richtung des Stromes und beweist damit, dass die Batterie gerade dann einspeichert, wenn alle Nachbarn viel verbrauchen und dann ausspeichert, wenn viele Kraftwerke in der Nähe viel einspeisen und zugleich wenig verbraucht wird.
Netzentgelt!??!
Ist bislang ein Sammelsurium an Kosten, die meist durch Kapazitätserweiterungen quer durch BRD durch Unterhalt aber auch Ausbau von Überlandleitungen verursacht werden.
Wenn aber dazu über gegangen würde, die Bilanz einer bayrischen oder bademwütembergischen Gemeinde in eine Kapazitätsbilanz mit ein zu beziehen, sollten sich für die nördlichen windstrombasierten Regionen relativ kostenfrei halten können.
Netzkosten über die ges. BRD einheitlich festzulegen halte ich aus möglicherweise falschem Solidaritätsprinzip für den schlechtesten Ansatz.
Speicher werden da benötigt, wo diese am effizientesten „netzdienlich“ sein könnten; an Engpässen.
Eine Aufteilung der Netzversorgungsgebiete in möglicht kleine Einheiten wäre aus Gründen der Gerechtigkeit und auch meiner Ansicht nach zu begüßen.
Ein vollkommen anderer Ansatz wäre die Erzeuger zu einer limitierten und abrufbaren Leistung zu bewegen. Die müßten dann für die Überschußkapazitäten jeweils einen Speicher installieren!
Es sollte bald eine Entscheidung getroffen werden