Die Herleitung der Ausbauziele im Bereich Photovoltaik ist hinlänglich bekannt: Um bis 2045 klimaneutral zu wirtschaften, müssen erneuerbare Energien schon bis 2030 einen Anteil von mindestens 80 Prozent am Bruttostromverbrauch erreichen. Photovoltaik nimmt hierbei eine wichtige Rolle ein, denn Solarenergie ist einer der kostengünstigsten Energieträger. Entsprechend progressiv sind die Ausbaupläne: Bis 2030 brauchen wir insgesamt 215 Gigawatt an Photovoltaik-Leistung. Davon wird je die Hälfte für Freiflächenanlagen und Dachanlagen vorgesehen, so der Plan im EEG.
Wo werden diese Solarparks nun gebaut und wie viel Landesfläche benötigen sie?
Zunächst lässt sich sagen: Deutschland verfügt über ausreichend Fläche für erneuerbare Energieträger.
Aktuell sind in Deutschland Solarparks mit einer Leistung von 27,3 Gigawatt installiert (Stand September 2024, Einsicht über das Marktstammdatenregister oder OpenEnergy Tracker), die etwa 40.000 Hektar Fläche beanspruchen. Mit der Annahme, dass zukünftig pro ein Megawatt Solarpark ein Hektar Fläche benötigt wird, ergibt dies einen Flächenanspruch von etwa 12.000 Hektar pro Jahr bis 2030, um den weiteren Zubau zu stemmen. Ein Großteil dieser Flächen werden landwirtschaftliche Flächen sein.
Dies hat mehrere Gründe: Zum einen stellen landwirtschaftliche Flächen den größten Flächenanteil in Deutschland dar. Meist werden ertragsschwache Standorte gewählt, die als Solarparkflächen eine zusätzliche Einnahme für Flächenbesitzer sein können. Zum anderen ist die Errichtung von Photovoltaik-Modulen auf erschlossenen Landwirtschaftsflächen aus baulicher Sicht einfacher umsetzbar als beispielsweise in städtischen Gebieten.
Um diesen Flächenanspruch in einen Kontext zu setzen, haben wir die Flächenaufteilung in Deutschland visualisiert. Nimmt man an, dass im Jahr 2030 rund 95.000 Hektar Fläche für Solarparks genutzt würden, entspräche das einem Anteil von etwa 0,3 Prozent an der Gesamtfläche Deutschlands, vergleichbar mit der Größe der Insel Rügen.
Was bedeutet das für die Landwirtschaftsflächen?
Landwirtschaftliche Fläche hat mit 46 Prozent den mit Abstand größten Anteil an der Bundesfläche. Die 16,6 Millionen Hektar werden zu 82 Prozent für die Futter- und Nahrungsmittelproduktion genutzt, auf 13 Prozent werden Energiepflanzen und auf 2 Prozent Industriepflanzen angebaut.
Dahingegen müssten bis 2030 lediglich etwa 0,6 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche mit Solarparks bebaut werden, um das Ausbauziel für Photovoltaik zu erreichen. Damit liegt der Flächenanteil von Photovoltaik-Freiflächenanlagen weit unter dem von Energie- oder Industriepflanzen.
Dreifachnutzen und Aufwertung der Bodenqualität
Solarparks beanspruchen die Flächen nicht nur einseitig zur Energieerzeugung. Vielmehr findet eine Doppelt- oder Dreifachnutzung der Fläche statt, etwa durch gleichzeitig landwirtschaftliche Bewirtschaftung und biodiversitätsfördernde Maßnahmen.
In jedem Fall findet eine Aufwertung der Bodenqualität statt, denn Solarparkflächen werden nicht gedüngt oder gespritzt, weshalb eine artenreiche Vegetation entstehen kann, die Insekten, Reptilien und Vögel Futter- und Nistmöglichkeiten bietet. Durch die schonende Bodennutzung im Solarpark wird die Wasserrückhaltefähigkeit verbessert und die Erosionsgefahr vermindert. Niederschlag erreicht durch die Abstände zwischen den Modulen auch die überbauten Bereiche.
Die Flächenstatistik zeigt regulatorische Lücken
Man möchte meinen, Solarparkflächen werden aufgrund ihrer Eigenschaften statistisch gesehen den Landwirtschaftsflächen zugerechnet. Das Gegenteil ist jedoch der Fall:
Flächen mit Freiflächen-Photovoltaikanlagen werden aktuell in der Flächenstatistik als Gewerbeflächen klassifiziert, weshalb sie zu Siedlungs- und Verkehrsflächen zählen. Kein Wunder, dass man die Flächenziele der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie bei solchen statistischen Schwächen verfehlt. Es besteht eine regulatorische Lücke: Flächen in Solarparks werden nicht versiegelt und teilweise landwirtschaftlich genutzt, beispielsweise in Form von Weidehaltung, Grünlandwirtschaft oder der Agri-Photovoltaik-Anlagen. Auch dienen professionell gepflegte Solarparkflächen der Artenvielfalt, was zum Beispiel eine Mahd und eine Mahdgutabfuhr mit landwirtschaftlichen Maschinen bedingt. Daher ist es sinnvoll, all diese Solarparkflächen auch als Landwirtschaftsflächen zu kategorisieren und die verzerrte Statistik zu korrigieren. Eine solche Einordnung hätte nebenbei positive Auswirkungen in Hinblick auf die steuerliche Bewertung, die beispielsweise bei Hofübergaben und Generationenwechsel in Landwirtschaftsbetrieben eine wichtige Rolle spielt.
–. Die Autorin Alice Brüssel-Kurbanov, Projektmanagerin beim Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne).Den vollständigen Artikel zum Thema Flächenbedarf von Solarparks finden Sie auf dem bne-Wissensportal SonneSammeln —
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Well written – Sehr gut und wer jetzt noch von Flächenknappheit als Argument gegen Solarparks spricht, dem ist eigentlich nicht mehr zu helfen. Neben der Energie- und Industriepflanzenfläche, die minimal reduziert werden müsste um den Solarparks Raum zu bieten rege ich an, auch die Futterpflanzenanbaufläche (immerhin 60 % des Agrarlandes) in den Blick zu nehmen. Aus moralischen Gründen sollten wir eigentlich keine Massentierhaltung mehr gut finden können und weil das nicht über Nacht geht, könnte man dennoch langsam aber sicher aus dem Umweg der Nahrungsmittelerzeugung über Tiermägen aussteigen. Also da wären die 0,6 % des Agrarlandes auch noch leicht zu finden.
Und dann sollte der Strom direkt in die Gemeinden drumherum und nicht über Hochspannungsleitungen weit weg abgeleitet werden. Zusätzliche Speicher, direkt Vorort sind notwendig, in kommunaler Hand, nicht bei den VNB. Die haben keine Lust ihr Geschäftsmodell zu ändern.
Um das 2 Grad Ziel für Deutschland zu erreichen müssen wir die Massentierhaltung um 50% reduzieren. Da werden dann 30% der aktuell benutzten Agrarflächen frei. Ca. 5% davon werden für zusätzliche Nahrungsmittelproduktion gebraucht um den Kalorienverbrauch beizubehalten. Der Rest kann wunderbar für die Wiedervernässung der Moore, Aufforstung und noch nen Prozent PV umgewidmet werden.
Die Frage is nur ob sich die Politik traut dass den Bauern anzutun, die aktuell nach bewirtschafteten Hektar subventioniert werden und somit knapp 1/3 des Einkommens wegbricht.
Wenn die Speicher nicht existieren, wird der Zubau von PV Anlagen einbrechen. Oder man findet eine Möglichkeit, die Überschüsse aus dem Sommer anderweitig zu nutzen.
Wenn man weiss, dass auf der gleichen Fläche mit PV rund 30-mal mehr Energie geerntet werden kann als mit Energiepflanzen, ist der Schluss ganz einfach: Sofort die nötigen Flächen für PV an den 13 Flächen-% für Energiepflanzen „abzwacken“ – oder am besten ganz auf den Anbau von Energiepflanzen verzichten, dann wäre PV-Fläche im Überfluss vorhanden.
Na, das ist ja einfach mit der Energiewende! Dass da noch niemand drauf gekommen ist – Chapeau, liebe Leute !
Dann können wir alle Expertenkommissionen, Modellierer, Fachpolitiker usw. ja nach Hause schicken, die das alles immer so fürchterlich kompliziert machen – und die Energiewende ist geritzt.
Biomasse kann im Silo als Saisonspeicher dienen, auch als Biogas gespeichert werden und Erdgas teilweise ersetzen. Bin kein Freund vom Anbau von Energiepflanzen solange genug anderes Grüngut abfällt, aber mit irgendwas müssen die Fluktuationen von Wind und Sonne ausgeglichen werden, und vor allem der Nahezu-Ausfall von PV im Winter.
@Heiko Hildebrand,
es wäre so einfach, wenn wir alle Mr. Spock wären und immer der Kraft des guten Argumentes nachgehen würden. Dann hätten wir schon längst aufgehört, fossile Energiespeicher zu verbrennen. Aber wir sind zum Glück nur Menschen und darum dürfen auch Irrwege toll gefunden werden. Irgend was gutes werden diese schon haben, und wenn sie als schlechtes Beispiel dienen.
Lassen wir uns überraschen, was die Zukunft bringt. Vermutlich keinen Mr. Spock, sondern noch mehr interessante Menschen in Amt und Würden, die sich dem Volkszorn beugen werden, denn wenn eines sicher ist, dann ist es dieser Satz: „Menschen sterben lieber, als das sie ihr Verhalten ändern.“ Leo Tolstoi
@Heiko Hildebrandt
„Dann können wir alle Expertenkommissionen, Modellierer, Fachpolitiker usw. ja nach Hause schicken“
Ja, das wäre vermutlich eine richtig gute Sache, 100%.
@Heiko Hildebrandt:
Diese „Experten“ sitzen nicht in den Kommissionen, um die beste Lösung zu erarbeiten, sondern um das beste für ihre Klientel zu erreichen. Die Bauern glauben auch, dass Biogas das beste für sie sei, weil sie es so gewohnt sind, Felder mit dem Pflug zu bestellen, zu säen und zu ernten. Die Felder sind dann immerhin ein halbes Jahr lang grün. Bauern, die PV-Anlagen genehmigt bekommen haben, sehen die Sache schnell anders. Es stellen sich allerdings schwierige bürokratische Fragen, die oben im Artikel auch angesprochen sind: Einstufung des Landes als landwirtschaftlich oder Gewerbe, Bewertung bei Hofverkauf oder -übergabe. Und die Leute verdienen zwar gerne Geld, zahlen aber ungern Steuern darauf. So blauäugig wie ich („ich zahle gerne Steuern, denn es ist das Zeichen, dass ich gut verdient habe“) ist kaum einer. Sie suchen also nach Schlupflöchern, sich vor der Versteuerung von Bilanzgewinnen zu drücken, und das ist bei der PV nicht so einfach, weil die wirtschaftlichen Zahlungsströme sehr transparent sind. Und wer ist schon gerne gut durchschaubar fürs Finanzamt?