Als Geschäftsführer von Priwatt liegt es mir am Herzen, den Stimmen unserer Kundinnen und Kunden Gehör zu verschaffen und unsere Perspektive auf die aktuelle Situation in der Stecker-Solar-Branche zu teilen. Insbesondere möchte ich auf die erneute Verschiebung des „Solarpaket 1“ und die Dringlichkeit der Verabschiedung eingehen.
Der im August 2023 vorgestellte und verabschiedete Gesetzentwurf zum „Solarpaket 1“ sollte eigentlich zum Jahreswechsel 2023/24 in Kraft treten. Dieses Versprechen ging im letzten Jahr durch unzählige Medien und hat zu Recht dem Thema Stecker-Solar zu einem weiteren Aufschwung verholfen. Jetzt befinden wir uns fast im März, und das „Solarpaket 1“ wurde noch immer nicht durch den Bundestag verabschiedet.
In der letzten Sitzung des Bundesrats wurde jetzt eine Entschließung verabschiedet, in der der Bundestag dazu aufgefordert wird, sämtliche Bestandteile des „Solarpakets 1“ zügig zu verabschieden und dem Bundesrat vorzulegen. Das heißt, bis spätestens zur nächsten Sitzung des Bundesrats am 22. März 2024. Eine rechtliche Bindung des Bundestags an diese Entschließung gibt es jedoch nicht. An dieser Stelle müssen wir daher klar sagen: So viele Monate nach der Vorstellung des Gesetzesentwurfs ist die Geduld aller Beteiligten erschöpft. Und das zu Recht.
Es ist höchste Zeit, die Dringlichkeit dieses Gesetzes für die Zukunft der erneuerbaren Energien in Deutschland zu betonen. Die Photovoltaik-Branche ist entscheidend für die Energiewende. Ohne eine Entbürokratisierung des Photovoltaik-Zubaus könnte der weitere Ausbau und insbesondere die private Energiewende ausgebremst werden.
Im Frühjahr planen viele Menschen die Anschaffung ihrer Photovoltaik-Anlagen. Gerade deshalb ist die Politik jetzt gefordert, durch klare politische Richtlinien Orientierung bei der Kaufentscheidung zu geben. Laut Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) planen allein 2024 über 1,5 Millionen Hausbesitzerinnen und -Besitzer die Installation einer Photovoltaik-Anlage auf ihren Dächern. Zudem warten tausende Balkonkraftwerk-Betreiberinnen und -Betreiber sehnsüchtig darauf, endlich die Einspeiseleistung ihrer Balkonkraftwerke auf 800 Watt erhöhen zu können. Und von Kundinnen und Kunden, die noch keinen upgradefähigen Wechselrichter besitzen, erreichen uns fast täglich Anfragen, ob und wann sie ihre 600-Watt-Anlage erweitern können.
Im Kontakt mit unseren Kundinnen und Kunden zeigt sich, dass die meisten die aktuelle Debatte rund um das Thema gar nicht im Blick haben. Die Kundinnen und Kunden rechnen fest mit der Erhöhung. Daher sind viele irritiert darüber, dass ihre Produkte noch immer nicht auf die angekündigten 800 Watt Einspeiseleistung aufgerüstet wurden – trotz der in den Medien und durch die Politik platzierten Versprechen im letzten Jahr.
Als Unternehmen, das eng mit seinen Kundinnen und Kunden im Austausch steht, wissen wir um den Unmut und die Verwirrung, die mit den wiederholten Verzögerungen einhergehen. Daher appelliere ich an die Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger: Es darf keine weitere Zeit verloren gehen. Das „Solarpaket 1“ muss schnellstmöglich verabschiedet werden, um die Solarbranche und damit auch den Klimaschutz in Deutschland weiter zu beschleunigen.
Neben der Dringlichkeit der Verabschiedung des „Solarpakets 1“ möchte ich auch auf weitere wichtige Fragen zur Nutzung von Balkonkraftwerken hinweisen, die bisher unbeantwortet geblieben sind. Insbesondere die Situation der Mieterinnen und Mieter, denen teils noch immer verwehrt wird, ein eigenes Balkonkraftwerk anzubringen, muss dringend geklärt werden. Denn selbst wenn das „Solarpaket 1“ nun endlich verabschiedet wird, ist der Bürokratiedschungel Stecker-Solar noch nicht Geschichte – insbesondere für Mieterinnen und Mieter. Es braucht für sie also ein klar definiertes Recht auf Balkonkraftwerke sowie Richtlinien, unter welchen Bedingungen steckfertige Photovoltaik-Anlagen an Mietobjekten angebracht werden dürfen. So kann Sicherheit auf beiden Seiten geschaffen werden.
An dieser Stelle möchte ich die Politikerinnen und Politiker auf die Wichtigkeit des gemeinsamen Diskurses mit den Wohnungsgenossenschaften hinweisen. Denn aktuell sind es insbesondere Wohnungsbaugenossenschaften und Vermieter, die das Anbringen der Anlagen verwehren. Indem wir uns zu den Bedenken und Anforderungen aller Beteiligten austauschen, können wir gemeinsam Lösungen schaffen. Wir sind bereits im intensiven Austausch mit einigen Wohnungsbaugenossenschaften und können bestätigen: Viele von ihnen sind daran interessiert, die grünen Energielieferanten gemeinsam an die Balkone unserer Städte zu bringen. Was es dafür braucht, sind jedoch intensive Gespräche, Aufklärung und klare Richtlinien aus der Politik.
Es liegt in unserer gemeinsamen Verantwortung, die Zukunft nachhaltiger Energiegewinnung zu gestalten. Die Dezentralisierung und Ermächtigung der Privatpersonen zur Beitragsleistung ist ein wesentlicher Bestandteil dessen. Lasst uns gemeinsam daran arbeiten, den Bürokratiedschungel abzubauen und dafür sorgen, dass unsere Kundinnen und Kunden die Potenziale der Solarenergie voll ausschöpfen können.
— Der Autor Kay Theuer ist seit 2011 leidenschaftlicher Gründer und Innovator in Leipzig. Als Geschäftsführer der Priwatt GmbH, einer der führenden Anbieter für Stecker-Solaranlagen in Deutschland, setzt er sich für die dezentralisierte Energiewende für Privatpersonen ein. https://priwatt.de/ —
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Herr Theuer schreibt nur über das Solarpaket I, ohne die technische Normung überhaupt zu berücksichtigen.
Steckersolargeräte sind bisher nur in der VDE-AR-N 4105 geregelt (Abschnitt 5.5.3). Dort ist die maximale Wechselrichterleistung von 600 VA für die Inbetriebnahme ohne Elektriker normiert.
Die Definition im Solarpaket I hat dagegen die Funktion, die Geräteklasse für die vereinfachte Anmeldung (nur im Marktstammdatenregister), für die zeitweise rückwärtslaufenden Zähler und für die Anlagenzusammenfassung mit regulären Dachanlagen zu definieren. So steht es in der seit August 2023 öffentlichen Gesetzbegründung zum Solarpaket I.
Die technische Norm ist aber kein Gesetz was der Bundestag ändern könnte. Solange die VDE-AR-N 4105 durch die entsprechenden Gremien nicht geändert wird, bleibt es bei den 600 VA für die Inbetriebnahme ohne Elektriker. Ganz egal was im Solarpaket I beschlossen wird.
Natürlich darf man trotzdem auch ein leistungsstärkeres „Balkonkraftwerk“ über 600 oder 800 VA in Betrieb nehmen, aber dann muss ein Elektriker als Anlagenerrichter hinzugezogen werden. Dann kann man auch gleich eine richtige Dachanlage installieren.
Schade dass der Geschäftsführer von Priwatt das anscheinend nicht überblickt. Sehr zu empfehlen dagegen der entsprechende Artikel aus der aktuellen „Sonnenenergie“, dort wird es richtig dargestellt.
„VDE-AR-N 4105 durch die entsprechenden Gremien nicht geändert wird, bleibt es bei den 600 VA “
Ich dachte, die entsprechenden Gremien hätten das längst besprochen und zugestimmt.
Außerdem befremdet mich gerade die Aussage, der Gesetzgeber könne das nicht ändern – klingt jedenfalls so! Der VDE ist nicht der Gesetzgeber, glücklicherweise!
Grüße, Martin
Hallo Andreas,
vielen Dank für Ihren Meinungsbeitrag. Ja, mit Blick auf die 800 W Grenze ist die Anpassung der Regelung über die VDE-AR-N 4105 essenziell für die normkonforme Anpassung der Bagatellgrenze.
Die Verabschiedung des Solarpaket 1 ebnet jedoch klar den Weg für diese Norm-Anpassung – mit der Erhöhung der AC-Grenze auf 800 W. Wir wissen, mit dem Solarpaket 1 werden nicht alle nötigen Änderungen für BKW-BesitzerInnen kommen und voraussichtlich muss zudem die NELEV angepasst werden. Dennoch ist es ein essenzieller Schritt. Wenn die rechtliche Anpassung kommt, sehen wir kein Hindernis für die Normanpassung.
Sonnige Grüße
@Martin: die Diskussion zur Steckersolar-Produktnorm läuft noch. Der Gesetzgeber wird sich jedenfalls nicht über eine geltende technische Norm hinwegsetzen. Anders ausgedrückt: wenn das Solarpaket durch ist, die Norm aber unverändert bleibt, könnten Sie ein Balkonanlage mit 800W vereinfacht im MaStR anmelden, sie ist dann aber trotzdem nicht normgerecht weil Leistung zu hoch für steckerfertige Erzeugungsanlage.
Sehr geehrter Herr Theuer,
niemand hat die Absicht, Photovoltaik zu fördern. Jetzt kommt erstmal CCS als Grundlage für neue Gaskraftwerke, die mit LNG betrieben werden, aber nur bis genügend grüner Wasserstoff zur Verfügung steht. Kennnen Sie eigentlich den St.-Nimmerleins-Tag?
Hallo Herr Hennig,
vielen Dank für Ihren Kommentar und Ihre Sichtweise. Unser Team und ich setzen uns Tag für Tag für die Energiewende ein und wir sehen durchaus Fortschritte und auch politischen Willen. Resignation ist keine Option für uns.
Sonnige Grüße.
Moin und grüsse vom yt kanal weissnichs welt mal wieder.. ja mit sehnsucht warten wir alle auf das solarpaket1… spannende sachen drin.. kommt ein resilenzbonus.. was ist mit balkonkraft und mieter pv und überhaupt..
das problem dieser regierung ist die oppositionspartei die da mitglied ist und immer meint sich profilieren zu müssen.. während sie sonst gegen tempolimit sind und porsche fahren können sie bei den wichtigen gesetzen immer nur bremsen, blockieren und schikanieren..
aber eins muss man sagen – bei allem gemekker.. ohne diese regierung würde es so einen vorschlag garnicht geben.. die regierung macht dinge manchmal zu langsam aber sie macht.. die davor hat verschlafen und verhindert..
also ich hoffe es geht bald endlich weiter und werde darüber natürlich berichten:-)
Hallo Herr Pargmann,
vielen Dank für Ihre grundlegend optimistische Sicht auf das Thema. Mit einem Blick auf die letzten 3 Jahre, die wir in der Balkonkraftwerk-Branche agieren, schließe ich mich gerne Ihrer Aussage an: Es passiert etwas, wenn auch langsam. In den letzten Jahren wurde über Aufklärungsarbeit und politische Erleichterungen schon viel bewegt. Jetzt braucht es insbesondere Bewegung für die Rechte der Mietenden, um die Energiewende im urbanen Raum voranzutreiben.
Sonnige Grüße!
Herr Theuer, der ja immerhin schon ganze 3 Jahre in der Balkonbranche aktiv ist (…) stellt hier grosse Forderungen auf und appeliert an „gemeinsame Verantwortung“ und die „Zukunft der Energiewende“.
Schade nur, dass er in den entsprechenden Gremien, z.B. bei der Erstellung der Produktnorm für Balkonsolaranlagen aber auch anderen Regularien überhaupt nicht aktiv wird. Das würde ihn glaubwürdiger machen.
Hallo,
ich denke, dass die Frage nach 600 oder 800 Watt eher marginal ist. In den Sommermonaten speist man bestimmt mehr ins Netz ein als verbraucht wird, zu Gunsten des Netzbetreibers, der ja kein Geld für die Einspeisung zahlt.
Eher wichtig wäre die vereinfachte Anmeldung, sichtbar schon in der aktuellen Verzögerung durch unsere Bürokratie. Deutschland kommt einfach nicht aus den Startlöchern bei technichen Innovationen. Traurig, ist aber so.
Grüße
Hallo Reinhard,
ich habe mich soeben beim Marktstammdatenregister registriert und meine (geplante) Anlage eingetragen. Es dauerte knapp 10 Minuten um die Felder auszufüllen.
Einfach und schnell, wo ist das Problem ?
Ich denke eher dass viele Leute dabei sind alles schlecht zu reden da sie nicht mehr hinterher kommen und selber aktiv werden müssen. Immer auf die Digitalisierung schimpfen da nicht alles und jedes Mundgerecht serviert wird. Traurig ist aber so.
Grüsse
Lieber Robert,
als ich meinen Beitrag abgegeben hatte war noch nicht bekannt, dass die Bundesnetzagentur ihre Fragebögen von 20 auf fünf Fragen reduziert.
Weiterhin musst du auch bei deinem Netzbetreiber einen Antrag stellen.
Weiterhin ist immer noch nicht bekannt wann der Bundestag das Solarpaket 1 verabschiedet.
Wenn deine Anlage die 600 überschreitet bist du damit “ rein theoretisch “ strafbar.
Grüße Reinhard