Kapazitätsangaben in Datenblättern: Eine verlässliche Grundlage für die Heimspeicherwahl?

Ohne einen Blick auf das Kleingedruckte sollten Sie die Datenblattwerte zur Speicherkapazität verschiedener Heimspeichersysteme nicht vergleichen. Foto: HTW Berlin

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„Ein Datenblatt wird vom Hersteller eines Produkts herausgegeben und erläutert die genauen Eigenschaften, Einsatzmöglichkeiten und technischen Daten dieses Produkts“, ist auf Wikipedia zu lesen. Eigentlich sollte es daher selbstverständlich sein, dass Installationsbetriebe exakte Herstellerangaben in den Datenblättern finden, um die Vor- und Nachteile verschiedener Heimspeicher beurteilen zu können. Schließlich sind sie es, die in der Regel darüber entscheiden, welche Produkte verbaut werden.

Nutzbare Speicherkapazität: Die relevante Vergleichsgröße

Zu den wichtigsten Eigenschaften eines Batteriespeichers zählt dessen entnehmbarer Energieinhalt, der häufig auch als nutzbare Speicherkapazität bezeichnet wird. Im Rahmen unserer „Stromspeicher-Inspektion 2024“ haben wir uns die Kapazitätsangaben in 158 Heimspeicher-Datenblättern näher angeschaut (Stand: Januar 2024). Grundsätzlich ist die nutzbare Speicherkapazität von der häufig auf Datenblättern aufgeführten nominalen Speicherkapazität zu unterscheiden. Gemäß dem „Effizienzleitfaden für PV-Speichersysteme“ entspricht die nutzbare Batteriekapazität der Energiemenge, die der Batteriespeicher während der vollständigen Entladung abgibt. Dieser Wert bezieht sich also auf die vom Batteriespeicher im netzgekoppelten Betrieb abgegebene DC-Energie. Das Verhältnis von der nutzbaren Speicherkapazität zur nominalen Speicherkapazität wird auch als Entladetiefe (engl. depth of discharge, DOD) bezeichnet.

Begriffsvielfalt zur Speicherkapazität in Datenblättern

Wie die folgende Abbildung zeigt, geht aus den Angaben auf den Datenblättern jedoch nicht immer hervor, ob es sich bei den aufgeführten Werten um die nominale oder nutzbare Speicherkapazität handelt. Die Darstellung veranschaulicht anhand der Größe der aufgeführten Bezeichnungen deren Häufigkeit in den Datenblättern. In 44 der 158 Datenblätter ist nicht eindeutig spezifiziert, ob der aufgeführte Wert der nutzbaren Speicherkapazität entspricht. In diesen Fällen bleibt unklar, ob die angegebene „Batteriekapazität“, „Nennkapazität“ oder „nominale Energie“ im täglichen Betrieb zur Speicherung von Solarstrom tatsächlich zur Verfügung steht.

Datenblätter der Hersteller, Angaben zu nutzbarer Kapazität
Die Grafik zeigt, welche Bezeichnungen zur Speicherkapazität wie häufig in Datenblättern von Batteriespeichern und Batteriesystemen zu finden sind. Je häufiger ein Begriff in den 158 analysierten Datenblättern vorkommt, desto größer ist er dargestellt. Am häufigsten sind in den Datenblättern demnach die Begriffe „nutzbare Kapazität“ und „nutzbare Energie“ zu finden. Insgesamt verwenden die Hersteller 68 unterschiedliche Bezeichnungen zur Angabe des Energieinhalts eines Batteriespeichers. Viele Angaben ähneln sich oder unterscheiden sich lediglich aufgrund von zusätzlichen Angaben zur Entladetiefe (engl. depth of discharge, DOD).

Grafik: HTW Berlin, Quelle: Datenblätter der Hersteller (Stand Januar 2024)

Positivbeispiele: Herstellerangaben zur Speicherkapazität

Die folgenden Positivbeispiele in puncto Transparenz belegen, dass einige Unternehmen Einschränkungen des im Betrieb zulässigen Ladezustandsbereichs bei der Angabe der nutzbaren Speicherkapazität berücksichtigen:

  • Hager Energy weist im Datenblatt zum „E3/DC S10 SE“ darauf hin, dass bereits eine zusätzliche Kapazitätsreserve auf Systemebene in der angegebenen nutzbaren Batteriekapazität berücksichtigt ist. Bei anderen Herstellern reduziert diese Kapazitätsreserve für den Tiefenentladungsschutz häufig im Normalbetrieb die entnehmbare Energiemenge, was zu Abweichungen von den Datenblattangaben führt.
  • Der Wechselrichterhersteller Kostal hat in einem Dokument die technischen Spezifikationen der Batteriespeicher übersichtlich aufgeführt, die mit dem Hybridwechselrichter „PLENTICORE plus“ kombiniert werden können. In dem Dokument sind die nutzbaren Speicherkapazitäten der kompatiblen Batteriespeicher unter anderem von BYD, BMZ und LG Energy Solution aufgeführt, die im realen Betrieb unter Berücksichtigung des minimal zulässigen Ladezustands von 5 Prozent resultieren. Bei der Kombination aus „PLENTICORE plus“ und „BYD Battery-Box Premium HVS/HVM“ weist Kostal darauf hin, dass die „BYD Battery-Box Premium“ im realen Betrieb auf eine Entladetiefe von 95 Prozent begrenzt ist. Die nutzbare Speicherkapazität der „HVS 10.2“ beträgt somit nicht 10,24 Kilowattstunden, wie auf dem Datenblatt von BYD angegeben, sondern nur 9,73 Kilowattstunden.
  • Im Jahr 2020 war auf dem Datenblatt des Batteriesystems „VARTA pulse neo“ lediglich die nominale Batteriekapazität in Höhe von 6,5 Kilowattstunden zu finden. In einer klein gedruckten Fußnote gab Varta an, dass das System eine Entladetiefe von 90 Prozent hat. Die nutzbare Speicherkapazität, die sich aus dem Produkt beider Werte ergibt, war nicht angegeben. Diesen Missstand hat Varta mittlerweile behoben und gibt neben der nominalen Kapazität auch die nutzbare Speicherkapazität in Höhe von 5,9 Kilowattstunden an.

Negativbeispiele: Herstellerangaben zur Speicherkapazität

So weit, so gut. Doch leider lassen sich mehr Negativ- als Positivbeispiele in den Datenblättern finden. Die folgenden Beispiele zeigen, dass Sie die Kapazitätsangaben unterschiedlicher Hersteller meist nicht direkt vergleichen können. Das gilt vor allem, wenn unklar ist, in welchen Ladezustandsbereich der Batteriespeicher im netzgekoppelten Betrieb zyklisiert wird:

  • Im Datenblatt zur „Battery-Box Premium“ gibt BYD an, dass die HVS-Produktreihe je nach Batteriemodulanzahl eine nutzbare Kapazität zwischen 5,12 und 12,8 Kilowattstunden hat. In einer Fußnote am unteren Ende des Datenblatts informiert BYD darüber, dass sich die Kapazitätsangaben auf die DC-seitig aus dem Batteriespeicher entnehmbare Energie bei einer Entladetiefe von 100 Prozent beziehen. Da der minimal zulässige Ladezustand nach Angaben von Herstellern kompatibler Wechselrichter jedoch auf 5 Prozent begrenzt ist, hat die HVS-Produktreihe folglich in der Praxis eine nutzbare Speicherkapazität zwischen 4,86 bis 12,16 Kilowattstunden.
  • Huawei gibt ebenfalls im Datenblatt der Batterie „LUNA2000-10-S0“ im Kleingedruckten an, dass die nutzbare Energie in Höhe von 10 Kilowattstunden bei einer Entladetiefe von 100 Prozent ermittelt wurde. Im Benutzerhandbuch weist Huawei allerdings darauf hin, dass im Betriebsmodus „maximaler Eigenverbrauch“ die Batterieentladung standardmäßig bei einem Ladezustand von 5 Prozent endet, woraus eine Entladetiefe von 95 Prozent resultiert.
  • Im Datenblatt des Batteriespeichers „SUNGROW SBR096“ ist ebenfalls in einer Fußnote vermerkt, dass die 9,6 Kilowattstunden, die Sungrow als „Energie (nutzbar)“ angibt, bei einer Entladetiefe von 100 Prozent ermittelt wurden. Im Benutzerhandbuch des Hybridwechselrichters „SUNGROW SH10RT“ ist zu lesen, dass die Batterie „SBR096“ standardmäßig nur im Ladezustandsbereich zwischen 5 und 100 Prozent betrieben wird.
  • LG Energy Solution gibt die nutzbare Speicherkapazität der „RESU 10 H Prime“ ebenfalls bei einer Entladetiefe von 100 Prozent an. Laut Installationsanleitung beziehen sich die aufgeführten 9,6 Kilowattstunden auf den Energieinhalt der Batteriemodule. Der im Batteriespeicher verbaute DC/DC-Wandler, dessen Umwandlungsverluste die entnehmbare Energiemenge schmälern, wird dabei nicht berücksichtigt.

Unsere Empfehlung

Prüfen Sie anhand des Datenblatts, ob der Hersteller die nutzbare Speicherkapazität oder nur die nominale Speicherkapazität bei einer Entladetiefe (engl. depth of discharge, DOD) von 100 Prozent angibt. Ist Letzteres der Fall, reduziert sich der in der Praxis nutzbare Energieinhalt des Lithium-Ionen-Batteriespeichers meist um 5 bis 10 Prozent.

Mehr zum Thema in der Stromspeicher-Inspektion 2024

Die 55-seitige Studie mit Testergebnissen von 20 Heimspeichersystemen steht kostenfrei unter https://solar.htw-berlin.de/inspektion zur Verfügung. Darin enthalten ist auch ein Vergleich der Datenblattwerte zur nutzbaren Speicherkapazität mit Labormesswerten.

— Der Autor Johannes Weniger arbeitet seit 2009 in der Solarbranche und forscht seit über zehn Jahren an der HTW Berlin zu solarelektrischen Energiesystemen. Seine Promotion zur Bewertung von Photovoltaik-Batteriesystemen schloss er 2019 im Fachgebiet Elektrische Energiespeichertechnik an der TU Berlin ab. Johannes Weniger ist Autor zahlreicher Studien zum Eigenverbrauch und zur Speicherung von Solarstrom. Neben dem Unabhängigkeitsrechner entwickelte er weitere branchenweit bekannte Online-Tools. —

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