Freiflächen-Photovoltaik auf landwirtschaftlichen Arealen erfordert umfassende Planung

Traktor auf Feld

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In gut zehn Jahren soll Deutschland nahezu komplett mit klimaneutralem Strom versorgt werden. Die Photovoltaik wird dazu einen erheblichen Beitrag leisten. Deshalb will die Bundesregierung im Rahmen ihrer Photovoltaik-Strategie das Ausbautempo von gut sieben Gigawatt im vergangenen Jahr auf jährlich 22 Gigawatt verdreifachen, um bis 2030 die angepeilte installierte Gesamtleistung von 215 Gigawatt zu realisieren.

Dieses Ziel ist realistisch nur erreichbar, wenn in großem Umfang Agrarflächen für die Stromgewinnung erschlossen werden. Tatsächlich soll nach jüngsten Medienberichten unter Landwirten bereits eine Art „Goldrausch“ ausgebrochen sein. Kolportiert werden Summen von 4.000 Euro pro Hektar im Jahr für die Vermietung der Flächen an einen Solarparkbetreiber. Theoretisch kann dies zu einer Win-win-Situation führen: Betreiber erhalten Zugriff auf dringend benötigte Flächen, während Landwirte brachliegende oder minderwertige Böden einer sinnvollen Nutzung zuführen und damit ein stabiles Einkommen generieren.

In der Praxis allerdings lauern zahlreiche steuerliche, vertragsrechtliche und regulatorische Fallstricke. Wer böse Überraschungen vermeiden will, sollte deshalb sehr sorgfältig vorgehen.

Hemmschuh Erbschaft- und Schenkungsteuer

Im Zentrum steht häufig ein Aspekt, der zunächst überraschend wirken mag: die Erbschaft- und Schenkungsteuer. Landwirtschaftliches Betriebsvermögen ist nämlich bei einer Schenkung oder Erbschaft bis zu 100 Prozent steuerbefreit, während auf Grundvermögen die volle Steuerlast fällig werden kann.

Vermietet ein Landwirt eine zu seinem Betrieb gehörende Fläche an einen Projektentwickler oder eine Betreibergesellschaft für den Bau einer Freiflächen-Photovoltaik-Anlage, stuft das Finanzamt das Areal unter bestimmten Umständen nicht mehr als Betriebs-, sondern als Grundvermögen ein. Wenn man annimmt, dass während der durchschnittlichen Laufzeit solcher Nutzungsverträge von 30 Jahren eine Schenkung oder Vererbung recht wahrscheinlich ist, würde der Grundbesitzer mit seiner Unterschrift die absehbare steuerliche Belastung dramatisch erhöhen.

Um dieses Dilemma aufzulösen, bestehen vermietende Landwirte immer häufiger auf einer Minimalbeteiligung von beispielsweise einem Prozent an der Betreibergesellschaft in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG. In dieser Konstellation wird die vermietete Fläche steuerlich als sogenanntes Sonderbetriebsvermögen der Betreibergesellschaft der Photovoltaik-Anlage zugeordnet und damit schenkung- beziehungsweise erbschaftsteuerrechtlich grundsätzlich wieder behandelt wie landwirtschaftliches Betriebsvermögen.

Um Zugriff auf die begehrte Fläche zu erhalten, bleibt dem Betreiber häufig keine andere Wahl, als diesem Ansinnen zuzustimmen. Allerdings sollte er die damit verbundenen Vereinbarungen sorgfältig planen, um steuer-, vertrags- und aufsichtsrechtliche Hürden zu umschiffen.

Eine solche Beteiligung stellt übrigens auch für die betroffenen Landwirte meist eine Notlösung dar, weil sie dafür Eigenkapital aufbringen und ein unternehmerisches Risiko in einem Bereich eingehen müssen, mit dem sie üblicherweise wenig vertraut sind.

Zwei Verträge statt nur einem

Formell bedeutet die Aufnahme des Vermieters als Teilhaber der Betreibergesellschaft (in der Regel als Kommanditist) zunächst einmal, dass zwei separate Verträge zu schließen sind: ein Nutzungsvertrag für die Fläche und ein Gesellschaftsvertrag für die unternehmerische Beteiligung.

Am Anfang eines Photovoltaik-Projekts steht fast immer die Sicherung geeigneter Flächen. Zu diesem Zeitpunkt sind der Abschluss eines Nutzungsvertrages und die Einbindung einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung außerordentlich problematisch, weil sich zentrale weitere Schritte wie das Genehmigungsverfahren, die Finanzierungskonditionen und damit zum Beispiel eine belastbare Renditekalkulation erst in der nächsten Projektphase realisieren lassen. Bisweilen wurde während der Flächensuche die geplante Betreibergesellschaft für die Photovoltaik-Anlage noch nicht einmal gegründet. Entsprechend schwierig gestaltet sich die seriöse Ermittlung eines fairen Preises der Anteile an der Kommanditgesellschaft oder ersatzweise einer angemessenen Eigenkapitalleistung.

Für den Grundstückseigentümer oder seine Erben wiederum kann, je nach Projektfortschritt, eine zu späte Beteiligung steuerlich nachteilig sein. Das gilt insbesondere dann, wenn ein unerwarteter Todesfall zu einem Zeitpunkt eintritt, an dem zwar der Pachtvertrag schon geschlossen, aber die Beteiligung an der Betreibergesellschaft noch offen ist.

Das Risiko des „Schriftformerfordernisses“

Angesichts dieser Zwickmühle werden Vertragsbestimmungen in der Frühphase häufig so vage gehalten, dass sie dem sogenannten „Schriftformerfordernis“ gewerblicher Mietverträge nicht genügen dürften. Hier verlangt die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), dass zentrale Inhalte der Vereinbarung (die „essentialia negotii“) wie beispielsweise Laufzeitbeginn, Vergütungskonditionen und auch die möglichst vollständigen Daten der Gesellschaft schriftlich fixiert werden – Details, die zum aktuellen Zeitpunkt meist noch gar nicht vorliegen.

Verletzungen des Schriftformerfordernisses wiederum können dem Vermieter das Recht verschaffen, bereits während der Vertragslaufzeit den Nutzungsvertrag mit der gesetzlichen Kündigungsfrist zu kündigen. Solche Szenarien sind im Kontext von Wind- und Photovoltaik-Projekten vermehrt zu beobachten, wenn konkurrierende Projektentwickler Vermietern höhere Mietzahlungen in Aussicht stellen und aktiv nach Möglichkeiten zum Ausstieg aus der laufenden Vereinbarung suchen. Erklärt ein Gericht eine solche Kündigung für rechtens, entstehen dem aktuellen Projektbetreiber in aller Regel erhebliche finanzielle und operative Nachteile.

Die Situation wird noch komplizierter, wenn Grundstückseigentümer mangels freier Liquidität darum bitten, Teile ihrer Kommanditeinlagen zunächst zu stunden und mit künftigen Mietzahlungen zu verrechnen. Diese Verknüpfung kann im Hinblick auf eine mögliche vorzeitige Kündigung und auch in steuerlicher Hinsicht problematisch werden.

Haltefristen und Erbfolge

Angesichts der vielen Einflussfaktoren ist bei einer möglichen Beteiligung des Eigentümers an der Betreibergesellschaft zunächst die Ausgangslage zu prüfen. Wenn zum Beispiel der Eigentümer den Betrieb einschließlich der relevanten Fläche innerhalb der letzten fünf oder sieben Jahre selbst geschenkt bekommen oder geerbt hat, ändert die Beteiligung an der Betreibergesellschaft nichts daran, dass er bei einer Nutzungsänderung innerhalb dieser Fristen nachträglich Erbschaft- oder Schenkungsteuer zahlen muss.

Mit Blick nach vorne ist die Erbfolge oder eine Schenkung sorgsam zu planen, denn die verpachtete Fläche und die Kommanditbeteiligung müssen zum gegebenen Zeitpunkt simultan und auf dieselben Personen übertragen werden. Andernfalls verwandelt sich das steuerbegünstigte Sonderbetriebsvermögen schnell wieder in höher belastetes Grundvermögen.

Auch wenn die steuerlichen Folgen den Projektbetreiber nicht direkt berühren, so hat er doch ein Interesse an klaren vertraglichen Regeln, um die Handlungsfähigkeit der Betreibergesellschaft zu sichern. Das bedeutet zum Beispiel, den Eintritt ganzer Erbengemeinschaften als Kommanditisten mit entsprechenden Auswirkungen auf Gesellschafterversammlungen nach Möglichkeit zu verhindern.

Gleichzeitig muss er dem Eigentümer die Möglichkeit einräumen, als Kommanditist hinreichende Chancen und Risiken zu tragen, weil sonst das Finanzamt dessen steuerliche Einstufung als Mitunternehmer der Betreibergesellschaft anzweifeln könnte.

Generelle Empfehlungen

  • Zunächst sollten grundsätzliche kommerzielle Bedingungen des Nutzungsvertrags und der Beteiligung des Grundstückseigentümers an der Betreibergesellschaft inklusive der erwarteten Eigenkapitalleistung geklärt werden.
  • Steuerliche, vertragliche und aufsichtsrechtliche Aspekte und deren Wechselwirkungen müssen ganzheitlich und gleichwertig geprüft werden. Fixierung auf eine singuläre Zielsetzung wie Steueroptimierung führt zu Problemen an anderer Stelle.
  • Es ist zu fragen, ob das Beteiligungsmodell den steuerlichen Zielen des Eigentümers überhaupt gerecht wird. Kommt es zu einer Beteiligung, muss der Grundstückseigentümer echte Chancen und Risiken eines Kommanditisten bei der Betreibergesellschaft tragen.
  • Erbfolgen oder geplante Schenkungen sind rechtzeitig und sorgsam zu regeln.
  • Mit Blick auf das Schriftformerfordernis können nach aktueller Einschätzung vorbereitende Beteiligungsklauseln ohne fixes Optionsrecht eine Brückenfunktion übernehmen. Damit können Entwickler in einem frühen Entwicklungsstadium konkrete Beteiligungsmöglichkeiten avisieren, ohne deren Details bereits vollständig dokumentieren zu müssen.
  • Aus regulatorischer Sicht ist anzuraten, die Gesellschaft als operativ tätige Einheit auszugestalten, in der Lenkungs-, Leitungs- und Kontrollrechte gebündelt sind.
  • Die Anzahl von Beteiligungen pro Gesellschaft sollte möglichst gering und auf jeden Fall unter 20 gehalten werden, um beispielsweise eine Prospektpflicht nach Vermögensanlagegesetz zu vermeiden.
  • Der Projektentwickler sollte keine aktive Vermittlerrolle im Hinblick auf die geplante Beteiligung einnehmen. Hierfür bietet es sich an, dass das Beteiligungsangebot erst von der zukünftigen Betreibergesellschaft abgegeben wird.
  • Aus zivilrechtlicher Sicht ist zu empfehlen, Grundstückseigentümer möglichst umfassend über Struktur und Risiken der geplanten Beteiligung aufzuklären. Ganz generell ist angesichts der beschriebenen Komplexität die Begleitung durch erfahrene Berater mit gesellschafts-, aufsichts- und steuerrechtlicher Expertise dringend anzuraten.

Vom Projektentwickler zum Anbieter von Finanzprodukten

Zu den steuerlichen und vertraglichen Aspekten kommt noch eine dritte, ebenfalls eher überraschende Dimension: die finanzielle Regulierung. Die Beteiligung an einer Kommanditgesellschaft stellt nämlich eine Vermögensanlage dar und fällt somit unter die Vorschriften zur Regulierung von Kapitalanlagen.

Das kann bei umfangreichen Projekten mit einer größeren Zahl von Teilhabern nicht nur zu der Verpflichtung führen, einen Vermögensanlageprospekt für Investoren zu erstellen; eine ungeschickte Vertragsgestaltung macht möglicherweise auch den Projektentwickler ungewollt zum Anbieter eines Finanzprodukts mit entsprechenden Erlaubnispflichten. Mehr noch: Schlägt er Landwirten aktiv eine fest skizzierte, abschlussfähige Beteiligung an der Betreibergesellschaft vor, agiert er eventuell sogar als Anlagenvermittler, was ebenfalls streng reguliert ist.

Selbst bei Einzelbeteiligungen an kleineren Projekten bleibt eine zivilrechtliche Aufklärungspflicht des Betreibers zu prüfen, deren Missachtung spätere Rücktritts- oder Schadenersatzansprüche des Teilhabers auslösen kann.

Pragmatische Lösungen sind gefragt

Die unübersichtliche rechtliche Gemengelage speist sich zu guten Teilen daraus, dass eine Reihe offener Fragen insbesondere zum Schriftformerfordernis bislang nicht höchstrichterlich geklärt wurden. Die aktuellen „Eckpunkte für ein Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV)“ der Bundesregierung thematisieren diesen Aspekt nur sehr vage.

Bis mehr Klarheit herrscht, gilt es, mit sorgfältig ausgearbeiteten pragmatischen Lösungen zu arbeiten. Dazu gehört auch, die Interessen aller Beteiligten angemessen zu berücksichtigen – schließlich will man ja in aller Regel für 30 Jahre oder sogar länger miteinander auskommen.

Über die Autoren:

Rechtsanwalt Sebastian Baum ist spezialisiert auf Fusionen und Übernahmen, Joint Ventures, Immobilientransaktionen, Unternehmensumstrukturierungen und Streitbeilegung. Er berät regelmäßig deutsche und internationale Unternehmen sowie Private-Equity-Investoren bei nationalen und grenzüberschreitenden Transaktionen.

Steuerberaterin Verena Scheibe leitet das Steuerrechtsteam der Kanzlei und ist unter anderem auf die nationale und grenzüberschreitende Steuerstrukturierung von Energie- und Infrastrukturprojekten spezialisiert. In diesem Kontext berät sie Mandanten wie Investoren, Projektentwickler, Versorger oder Banken bei allen steuerlichen Fragen und begleitet auch Joint-Venture-Transaktionen.

Rechtsanwalt Thomas Hollenhorst, Leiter des deutschen Kanzleiteams für Projekte und strukturierte Finanzierungen, berät Banken, Investoren und Entwickler in bank- und kapitalmarktrechtlichen Fragen sowie bei der Strukturierung und Finanzierung von Energie- und Infrastrukturprojekten in Deutschland, Europa und Asien. Er ist besonders erfahren im Bereich der erneuerbaren Energien im Kontext der Energiewende.

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