Messstellenbetreiber befürchten hohe Kosten beim Smart-Meter-Rollout

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Im Januar hatte das Bundeskabinett den Entwurf des Gesetzes zum „Neustart der Digitalisierung der Energiewende“ (GNDEW) beschlossen (siehe auch Premium-Artikel, pv magazine Deutschland März 2023, Nächster Versuch). Es soll den Smart-Meter-Rollout beschleunigen und noch im Frühjahr in Kraft treten. In einer öffentlichen Anhörung am Mittwoch bezogen Branchenvertreter Stellung. Ein zentraler Punkt dabei waren die Kosten für die Messstellenbetreiber, die den Rollout umsetzen sollen.

Der Entwurf sieht unter anderem vor, die Kosten für die intelligenten Messsysteme für Privathaushalte und Betreiber von Kleinanlagen zu deckeln. Sie sollen nicht mehr als 20 Euro im Jahr betragen.  Netzbetreiber sollen stärker an den Kosten beteiligt werden, da sie in besonderer Weise von den Smart Metern profitierten.

Die Begrenzung der Kosten beim Endkunden auf 20 Euro begrenzen, stärke die Akzeptanz. Der Gesetzentwurf sei eine Grundlage für den massentauglichen Rollout intelligenter Messsysteme, so Mark Becker-von Bredow, Bereichsleiter Elektrifizierung und Klima beim Verband der Elektro- und Digitalindustrie ZVEI.  Beim Eichrecht seien Änderungen notwendig, um einen agilen Rollout zu unterstützen und die Umsetzung von Updates zu beschleunigen. Momentan müssten die Landeseichbehörden Software-Aktualisierungen der Smart-Meter-Gateways freigeben.

Thomas Seltmann, Referent Solartechnik & Speicher beim Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) sprach von einem „Sonderweg“, wenn Deutschland die Übertragung von Messdaten mit der Steuerung eines dezentralen Stromsystems verpflichtend über ein Messsystem koppelt. Dies sei nicht sinnvoll, die 900 grundzuständigen Messstellenbetreiber sind nach seiner Einschätzung „weder organisatorisch noch fachlich dafür aufgestellt, einen Großteil der digitalen Kommunikation aller Erneuerbare-Energie-Anlagen im Land abzuwickeln“.

Auch Felix Dembski, Vice President Regulatory bei Sonnen, äußerste sich kritisch zur vorgesehenen Pflicht, nahezu die gesamte digitale Kommunikation über das Smart-Meter-Gateway abwickeln zu müssen. Er bezweifelte, dass das Gateway technisch darauf vorbereitet ist. Der Gesetzentwurf räume jedoch nach Jahren des Stillstands eine Reihe von Stolpersteinen aus dem Weg.

Thomas Engelke, Leiter des Teams Energie und Bauen der Verbraucherzentrale Bundesverband, begrüßte, die Deckelung der Kosten bei 20 Euro. Er forderte, die Preisobergrenzen um maximal zwei Prozent pro Jahr zu erhöhen und das frühestens 2027. Auch sollten Kosten für die Netzbetreiber aus Steuergeldern finanziert werden.

Zwei Ergänzungen forderte Ernesto Garnier, Geschäftsführer von Einhundert Energie, bei den geplanten Regelungen für die Versorgung von Wohn- und Gewerbequartieren mit Photovoltaik-Anlagen. Dort lasse sich mit einem virtuellen Summenzähler überflüssige Messtechnik – und mit der Eingrenzung der Anlagenzusammenfassung Steuertechnik einsparen. Im Ergebnis würde dies  „eine erhebliche Beschleunigung des Photovoltaik- und Wärmepumpen-Rollouts in Quartieren mittels Digitalisierung ermöglichen“, sagte Garnier. Noch dazu sei dies nicht mit systemischen Mehrkosten oder Subventionen verbunden.

Die Kosten für die Messstellenbetreiber mache Anpassungen des Gesetzesentwurfes notwendig, so Oliver Pfeifer von der Netze BW GmbH. Pfeifer verwies in der Anhörung auf das Eichrecht, die Aufnahme einer Verordnungsermächtigung für die Bundesnetzagentur zur unmittelbaren Berücksichtigung der zusätzlichen neuen Kosten in den Erlösobergrenzen der Netzbetreiber sowie die Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit bei den Messstellenbetreibern.

Friedrich Rojahn, Geschäftsführer von Solandeo, nahm ebenfalls Bezug auf die Kostenfrage. Derzeit würden Preisobergrenzen auf der Grundlage von Daten aus 2014 erstellt. Auch weite der Entwurf die verpflichtenden Zusatzleistungen des Messstellenbetreibers aus, die Kosten hierfür seien nicht gerecht verteilt, monierte er. Zudem können Messstellenbetreiber derzeit lediglich auf vier zertifizierte Herstellern von Smart-Meter-Gateways und einer vergleichbar kleinen Anzahl von Softwareanbietern für die Gateway-Administration zurückgreifen. Die Anzahl müsse steigen.

Marco Sauer, Head of Regulatory Affairs & Business Development bei Theben, nannte ebenfalls als wichtigste Anpassungen im Gesetzentwurf „die Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit für den Messstellenbetreiber“ und „die Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit für den Verteilnetzbetreiber“.

Für Rainer Stock vom Verband kommunaler Unternehmen (VKU) sind diese Punkte, „die aus dem eigentlichen Gesetzgebungsverfahren ausgeklammert wurden“, die kritischsten. So sei im Gesetzentwurf vorgesehen, dass alle vier Jahre die Preisobergrenzen durch das Bundeswirtschaftsministerium möglich sei. Doch die Preise selbst würden nicht von der Politik gemacht. Ebenso werde eine Anerkennung der durch die Aufteilung der Preisobergrenzen für die Netzbetreiber entstehenden Kosten nicht geregelt.

BDEW: Rollout muss wirtschaftlich umsetzbar sein

In einer Erklärung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) bewertete die Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung Kerstin Andreae die Rechtssicherheit positiv, die durch die vorgesehenen Regeln geschaffen werde. „In Bezug auf Wirtschaftlichkeit und Priorisierung gehen sie allerdings an der Praxis vorbei und würden einen planbaren Rollout für Netz- und Messstellenbetreiber eher behindern als unterstützen. Hier muss der Gesetzentwurf dringend nachgebessert werden.“

Die Preisobergrenzen seien veraltet und müssten an die Inflation angepasst werden, damit die Messstellenbetreiber durch den Rollout keine Verluste erwirtschaften. Zudem sei es wichtig, dass sich Netzbetreiber darauf verlassen können, dass ihr Kostenanteil unverzüglich mit Inkrafttreten des Gesetzes in den Netzentgelten abgebildet werden kann.“ Auch solle das Gesetz den Rollout bei dezentralen Erzeugungsanlagen wie Dach-Photovoltaik und bei steuerbaren Verbrauchseinrichtungen wie Wärmepumpen priorisieren.

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