Unsicherheiten auf beiden Seiten überwinden: So gelingt Freiflächen-Photovoltaik

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Photovoltaik-Freiflächenanlagen sind derzeit die günstigste Form der Stromgewinnung. Das Fraunhofer ISE geht von Produktionskosten zwischen 3,1 und 5,7 Cent je Kilowattstunde aus. Bei Strompreisen von derzeit oftmals über 50 Cent je Kilowattstunde sind die Gewinnmargen hoch. Mit der Marge wächst auch das Interesse von Projektentwicklern und Investoren. Das ist auch notwendig, um die politischen Ziele für erneuerbare Energien zu erreichen. Die Bundesregierung strebt einen Ausbau der Photovoltaik von heute etwa 60 Gigawatt auf 215 Gigawatt bis 2030 an.

Einige Menschen stehen dem Ausbau jedoch kritisch gegenüber und zahlreiche Photovoltaik-Projekte sind bereits am Widerstand aus der Bevölkerung gescheitert. Die Gründe dafür sind vielfältig und reichen von schlechten Erfahrungen mit vergleichbaren Projekten über Unbehagen aufgrund landschaftlicher Veränderungen bis hin zu Besorgnis über mögliche Auswirkungen auf Flora und Fauna. Eine erfolgreiche Umsetzung kann aber nur im Einvernehmen mit der Kommune und der ortsansässigen Bevölkerung gelingen. Denn das Genehmigungsverfahren obliegt der kommunalen Planungshoheit. An dem Verfahren sind zahlreiche Akteure beteiligt. Dazu gehören unter anderem Ortsvorsteher und Bürgermeister, kommunale Fachausschüsse, Gemeindevertreter, die Stadtverordnetenversammlung und Anwohner. Unsere Erfahrung zeigt: Nur wenn alle mit an Bord sind, hat das Projekt langfristig Erfolg.

Collective berät Unternehmen bei den kommunikativen Herausforderungen in diesem Zusammenhang. Ein strategischer Ansatz hilft dabei, Vorurteile auszuräumen, Kritiker zu überzeugen, Unterstützer zu vereinen und letztendlich ein Projekt zu realisieren, von dem alle profitieren. Bei unserer Arbeit mit Unternehmen und Kommunen haben wir vier wesentliche Faktoren identifiziert, die für eine erfolgreiche Umsetzung von PV-Freiflächenanlagen berücksichtigt werden sollten.

Misstrauen gegenüber Investoren ist oft berechtigt

Im Gespräch mit Bürgern und Kommunen werden Investoren oft mit Misstrauen konfrontiert. Das resultiert meist aus schlechten Erfahrungen aus anderen Projekten. Falsche Versprechungen sind leider an der Tagesordnung. Uns sind Fälle bekannt, in denen Investoren nach Umsetzung des Vorhabens zugesagte Zuwendungen an Gemeinden gar nicht oder zumindest nicht vollständig geleistet haben. Durch derartige Fälle sinkt das Vertrauen in Investoren. Um das Vertrauen zurück zu gewinnen, ist eine transparente und ehrliche Kommunikation unabdingbar. Investoren sollten vorab abklären, welche Verhandlungsmasse sie realistisch mit einbringen können. Fragen wie: „Welche Vorteile bietet das Projekt für die Kommune?“, „Wann können die Anwohner mit den Vorteilen rechnen?“ und „Welche Umstände bringt das Vorhaben mit sich?“ stehen dabei im Mittelpunkt. Sie haben bereits in anderen Gemeinden erfolgreiche Projekte realisiert? Sprechen sie darüber und verweisen sie auf ihre Referenzen. Auch Partnerschaften mit lokal etablierten Akteuren, wie etwa den örtlichen Stadtwerken, erhöhen die Kredibilität. Selbstverpflichtungen, wie beispielsweise „Gute Planung“ vom Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne), schaffen zusätzlich eine juristische Sicherheit.

Mehr Investoren bedeutet auch eine bessere Verhandlungsposition für Kommunen

Anwohner und Kommunen sind sich des wirtschaftlichen Potenzials von Photovoltaik-Freiflächenanlagen bewusst. Viele Gemeinden berichten gar von einem regelrechten Ansturm auf geeignete Flächen. Durch das gestiegene Interesse verbessert sich auch die Verhandlungsposition für Kommunen. In einigen Fällen können sie sich den Investor aussuchen. Zahlreiche Investoren reagieren bereits darauf und beteiligen Kommunen und Anwohner stärker an den erwirtschafteten Gewinnen – auch über die gesetzlichen Vorgaben hinaus. Ein Blick auf existierende Angebote zeigt: Projekte können für beide Seiten sehr attraktiv sein. Erfolgreiche Beteiligungsmodelle beinhalten unter anderem günstige Bürgerstromtarife, preislich attraktive Solarmodule für Anwohner oder exklusive Solaranlagen für die Gemeinde. Hier lohnt es sich für Investoren, kreativ zu werden und proaktiv mit einem Vorschlag auf Kommunen zuzugehen.

Unklare Prozesse führen zu Unsicherheiten auf beiden Seiten

Das administrative Vorgehen ist von Gemeinde zu Gemeinde und von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Zwar gibt es Ähnlichkeiten, aber ein einheitlicher Prozess für Genehmigungsverfahren existiert nicht. Die tatsächlichen Zuständigkeiten klären sich erfahrungsgemäß oft erst im direkten Austausch. Hinzu kommen die eingeschränkten Personalkapazitäten von Kommunen, da viele Stellen ehrenamtlich besetzt sind. Auch Erfahrungswerte fehlen häufig: Für viele Kommunen ist der Umgang mit Investoren oder größeren externen Entwicklungsprojekten neu. Das führt zu Unsicherheiten auf beiden Seiten. Ein klares und abgestimmtes Vorgehen ist deshalb unabdingbar. Investoren sollten ausreichend Zeit für Hintergrundgespräche, Abstimmungsrunden und Rückfragen einplanen. Im Zweifel kann es ratsam sein, besser zu viele als zu wenige Akteure miteinzubeziehen und auch individuelle Befindlichkeiten zu berücksichtigen.

Alle Bürger gleichermaßen erreichen

Bürgerversammlungen bieten häufig Konfliktpotenzial. Investoren stellen ihre Pläne vor und sollen Rede und Antwort stehen. Bleiben sie Antworten schuldig, kann die Stimmung schnell kippen. Dabei sind gerade zu einem frühen Planungszeitpunkt häufig noch nicht alle Punkte geklärt. Es gibt also noch nicht für alle Fragen aussagekräftige Antworten. Umso wichtiger ist es, den aktuellen Planungsstand möglichst transparent darzulegen. Das Messaging muss sitzen und sollte alle Beteiligten abholen. Hinzu kommt, dass klassische Bürgerversammlungen meist nur die Personen erreichen, die unmittelbar von dem Vorhaben betroffen sind und ihm deshalb oft kritisch gegenüberstehen. Vor allem wenn Bürger überdurchschnittlich von dem Projekt profitieren können, etwa durch einen vergünstigten Stromtarif, kann es sich deshalb lohnen, die Gesprächsformate auszuweiten und größere Teile der Gemeinde anzusprechen; beispielsweise durch Infostände, Anwohnergespräche und Vorstellungstermine auf der Projektfläche.

Es ist schön zu sehen, dass Kommunen und Investoren zunehmend auf Kollaboration bauen. Es geht immer weniger um den einseitigen Vorteil. Vielmehr rückt das gemeinsame Ziel in den Vordergrund, ein Projekt zu realisieren, von dem alle profitieren können. Die gescheiterten Projekte und teils hitzigen Auseinandersetzungen zwischen Anwohnern und Investoren zeichnen aber auch ein Bild des gegenseitigen Unverständnisses. Dieses kann mit einem strategischen Ansatz und klarer Kommunikation aufgelöst werden. Wenn das gelingt, kommen wir der erfolgreichen Energiewende ein großes Stück näher.

–– Der Autor Frederik König ist Gründer und Geschäftsführer der strategischen Kommunikationsberatung Collective. Das Unternehmen unterstützt seine Kunden bei politischen Herausforderungen und der Positionierung gegenüber den Stakeholdern, die für ihren Erfolg entscheidend sind. Zuvor hat Frederik König mehrere Jahre für die Brunswick Group gearbeitet. Er studierte Politik und Wirtschaft in Friedrichshafen, Amsterdam und Bogotá. https://collective-consulting.de/ ––

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