EnSiG-Novelle: Abschaffung der 70-Prozent-Regelung für neue Photovoltaik-Anlagen bis 25 Kilowatt vorgezogen – kleine Bestandsanlagen ab 1. Januar 2023 ebenfalls ohne Beschränkung – größere nur mit Smart Meter

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Mit der Novelle des Energiesicherungsgesetzes (EnSiG) versucht die Bundesregierung, kurzfristig mehr Stromerzeugung verfügbar zu machen. So wird die Leistungsbegrenzung für Photovoltaik-Freiflächenanlagen in den Ausschreibungen 2023 von 20 auf 100 Megawatt angehoben. Zudem ist ab dem kommenden Jahr ein aktives Repowering von Photovoltaik-Freiflächenanlagen erlaubt. Eine weitere Stellschraube ist die Aufhebung der Begrenzung der Wirkleistung von Photovoltaik-Anlagen bis 25 Kilowatt am Netzverknüpfungspunkt auf 70 Prozent.

Ursprünglich sollte für Neuanlagen die Abschaffung mit dem EEG 2023 ab dem 1. Januar greifen. Dies wird mit der EnSiG-Novelle nun auf den 14. September vorgezogen, wie das Bundeswirtschaftsministerium erklärte. „Zur weiteren Erhöhung der Photovoltaik-Einspeisung wird die Abschaffung der Regelung für alle Neuanlagen vorgezogen, die nach dem 14. September 2022 – dem Tag des Kabinetttermins – in Betrieb genommen werden.“ Zusätzlich ist in der Neuregelung vorgesehen, dass sie auch für Bestandsanlagen bis sieben Kilowatt Leistung ab dem kommenden Jahr aufgehoben wird. Zudem können sich die Betreiber von Anlagen zwischen 7 und 30 Kilowatt, für die die 70-Prozent-Begrenzung in der Vergangenheit griff, durch den Einbau eines Smart Meters von der Verpflichtung befreien. „Bei Photovoltaik-Anlagen mit einer installierten Leistung über sieben Kilowatt bleibt es bei dem bereits im Gesetz angelegten Übergangspfad, wonach die Regelung ab Einbau eines intelligenten Messsystems ausläuft“, so das Ministerium.

„Der erwähnte ‚Übergangspfand‘ bezieht sich darauf, dass Anlagen über sieben Kilowatt installierter Leistung allein aufgrund ihrer Größe verpflichtend mit intelligenten Messsystemen auszustatten sind“, erklärte eine Sprecherin des Ministeriums auf Nachfrage von pv magazine. „In diesem Segment werden demnach alle Anlagen zukünftig mit einem intelligenten Messsystem ausgestattet. Den Einbau kann aber auch der Anlagenbetreiber veranlassen. Sobald eine solche Ausstattung erfolgt, entfällt für die betroffenen Anlagen die Pflicht aus der 70-Prozent-Regelung ohnehin.“

Weiteres Vorgehen

Nach dem Gesetz steht es den Betreibern der betroffenen Photovoltaik-Anlagen nun frei, von der Regelung Gebrauch zu machen und „auf eigene Kosten, die pauschale Begrenzung der Wirkleistungseinspeisung auf 70 Prozent oder technische Einrichtungen zur Fernsteuerbarkeit zu entfernen“.

Nach Angaben des Gesetzgebers haben sich in der Vergangenheit die Mehrheit der Photovoltaik-Anlagenbetreiber bis 25 Kilowatt für die 70-Prozent-Kappung entschieden. Nur etwa zwei Prozent der Anlagen seien mit den technischen Alternativen zur Fernsteuerbarkeit in diesem Segment ausgestattet worden. Die Kosten für eine solche Steuerungseinrichtung werden in dem Gesetz mit etwa 250 Euro angenommen. „Gestützt auf eine aktuelle Auswertung des Marktstammdatenregisters wird angenommen, dass im nächsten Jahr etwa 4200 Anlagen mit einer Einrichtung zur Fernsteuerbarkeit ausgestattet worden wären.

Durch den Wegfall der Pflicht zur Wirkleistungsbegrenzung ergibt sich eine jährliche Entlastung von mindestens 1.050.000 Euro“. Mit einem höheren Photovoltaik-Zubau steige dieser Wert entsprechend. „Die Entlastungen fallen unter der ‚One in, one out‘-Regel der Bundesregierung“, heißt es weiter. Mit dem Wegfall dieser Verpflichtung sei davon auszugehen, dass die Anlagenbetreiber, die die Begrenzung der Leistung ihrer Anlagen aufheben lassen, mehr Strom ins Netz einspeisen können. „Die damit einhergehenden Erlöse unterfallen den weiteren Kosten“, heißt es in der Gesetzesbegründung weiter.

Keine Strafzahlungen für Betreiber von Photovoltaik-Balkonmodulen

Darüber hinaus ist mit der EnSiG-Novelle eine Klarstellung beschlossen worden, die die Betreiber von Stecker-Solar-Geräten betrifft. Mit dem EEG 2023 (§52) sei aufgrund der hohen Marktwerte der erneuerbaren Energien ein neues Sanktionsinstrument für bestimmte Pflichtverstöße eingeführt worden, erklärt das Ministerium weiter. „Während nach EEG 2021 nur eine Absenkung der Förderung auf den Marktwert vorgesehen war, fallen nach neuem Recht Zahlungspflichten an.“

Aufgrund dieser Neuregelungen habe es Sorge gegeben, dass Betreiber von älteren Photovoltaik-Balkonmodulen, die häufig keine 70 Prozent-Begrenzung aufwiesen, nun Strafen zahlen müssten. „Diese Sorge war aus unserer Sicht unbegründet, aber es wird jetzt noch einmal deutlicher klargestellt, dass bestehende Balkon-Photovoltaik-Anlagen davon nicht betroffen sind. Neue Balkon-Photovoltaik-Anlagen sind ab Wegfallen der 70 Prozent-Pflicht sowieso nicht mehr betroffen“, stellte die Sprecherin des Wirtschaftsministeriums klar.

Nachtrag, 12.10.2022:

Hermann Schrag weißt zudem auf einen Passus im Gesetz hin, der in einer Ergänzung zum Gesetz steht, dass die Aufhebung der Begrenzung bei Bestandsanlagen sowie der Verzicht der Begrenzung bei Neuanlagen dem Netzbetreiber vorab mitgeteilt werden und dieser dies genehmigen muss.

In der Ergänzung des Bundestages heißt es: „Es sind nur die für die Erhöhung der elektrischen Einspeiseleistung zusätzlich notwendigen Verfahrensschritte durchzuführen und Informationen zu übermitteln. Anlagenbetreiber, die aufgrund der Neuregelung die elektrische Einspeiseleistung ihres Netzanschlusses erhöhen wollen (durch Entfernung einer Begrenzung der Wirkleistungseinspeisung oder einer technischen Einrichtung), müssen dem Netzbetreiber dieses Begehren vorab mitteilen. Der jeweilige Netzbetreiber hat daraufhin unter anderem Gelegenheit zur Prüfung der Netzverträglichkeit. Es bleibt den Netzbetreibern im Fall von absehbar ausreichenden Netzkapazitäten unbenommen, die Anlagenbetreiber in geeigneter Weise darauf hinzuweisen, dass auf individuelle Netzverträglichkeitsprüfungen im Einzelfall verzichtet wird, um Einzelfallprüfungen zu vermeiden.“

Zu den Photovoltaik-Anlagen zwischen 7 und 30 Kilowatt, die derzeit ihre Einspeiseleistung auf 70 Prozent begrenzt haben, wird ausgeführt:  „In diesem Anlagensegment, für welches der Pflicht-Rollout intelligenter Messsysteme nach dem Messstellenbetriebsgesetz gilt, ist allein aufgrund der Anlagengröße der Solaranlage ein Auslaufen der 70-Prozent-Regelung bereits in §100 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 erste oder zweite Alternative und in Absatz 4 Nummer 1 EEG 2023 in Abhängigkeit vom Einbau intelligenter Messsysteme angelegt. Die 70-Prozent-Regelung gilt hier auch bei Bestandsanlagen nur bis zum Einbau des intelligenten Messsystems. Danach bestehen die Anforderungen zur Sichtbarkeit und gegebenenfalls auch zur Steuerbarkeit der Anlage nach § 9 Absatz 1 und 1a EEG 2023 entsprechend ab Einbau eines intelligenten Messsystems. § 100 Absatz 3a Satz 2 EEG 2023 stellt klar, dass es auch bei Bestandsanlagen im Segment bis einschließlich 7 Kilowatt für den Fall einer Ausstattung mit einem intelligenten Messsystem ab dem Einbau des intelligenten Messsystems nach Absatz 3 bei der entsprechenden Anwendbarkeit von § 9 Absatz 1 und Absatz 1b EEG 2023 bleibt. Dieser Fall kann zum Beispiel eintreten, wenn die Solaranlage hinter einem Netzanschluss betrieben wird, hinter dem auch mindestens eine steuerbare Verbrauchseinrichtung nach § 14a EnWG betrieben wird. Nach Satz 3 sollen etablierte Prozesse der Netzbetreiber zur Erhöhung der maximalen elektrischen Einspeiseleistung durch Entfernung der pauschalen Begrenzung der Wirkleistungseinspeisung oder von technischen Einrichtungen, mit denen der Netzbetreiber jederzeit die Einspeiseleistung ganz oder teilweise ferngesteuert reduzieren kann, genutzt werden.“

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