Die aktuelle geopolitische Situation auf dem gesamten europäischen Kontinent, verbunden mit einer hohen Abhängigkeit von importiertem Erdgas, einer wachsenden Stromnachfrage und folglich höheren Rechnungen für Haushalte und Unternehmen, machen es dringend erforderlich, die Struktur der europäischen Energiesysteme zu überdenken.
Der im Mai von der Europäischen Kommission veröffentlichte REPowerEU-Plan* zielt darauf ab, die Sicherheit der Energieversorgung durch den Ausbau und Anschluss von mehr erneuerbaren Energiequellen an das Netz zu erhöhen. Damit dieser Plan jedoch erfolgreich ist, muss er von angemessenen Zielen und politischen Rahmenbedingungen für den Einsatz von Energiespeicherungs- und anderen flexibilitätssteigernden Technologien begleitet werden. Sie sind notwendig, um die sichere und effiziente Integration erneuerbarer Energien in das Stromnetz zu ermöglichen. Daher ist es jetzt an der Zeit, sie als die Säulen der europäischen Energiewende anzuerkennen.
Die Unterzeichnenden dieses Schreibens, Organisationen mit jahrzehntelanger Erfahrung in der Schaffung und Unterstützung globaler und europäischer Energiemärkte, begrüßen den REPowerEU-Plan, seine ehrgeizigen Ziele für erneuerbare Energien und die Anerkennung der Rolle der Energiespeicherung bei der Bereitstellung einer nachhaltigen und zuverlässigen Energieversorgung.
Gleichzeitig glauben wir, dass Europa, wenn der beschleunigte kurzfristige Einsatz erneuerbarer Energiequellen erfolgreich sein soll, eine rasche Einführung bewährter und skalierbarer Technologien benötigt, um die Netzflexibilität zu erhöhen und die sichere und effiziente Integration erneuerbarer Energiequellen zu ermöglichen. Zu diesem Zweck ist die batteriebasierte Energiespeicherung eine schnell einsetzbare, kostengünstige und emissionsarme Lösung mit dem Potenzial, ein Rückgrat moderner, widerstandsfähiger und dekarbonisierter Energiesysteme zu werden. Andere Technologien wie „Demand Side Response“, die verbesserte Nutzung vorhandener Speicherpotenziale von Pumpspeicherkraftwerken und anderen Energiespeichertechnologien sowie die Vernetzung der nationalen Strommärkte sind allesamt entscheidend, um die europäische Energiewende zu ermöglichen.
Dank ihrer einzigartigen Eigenschaften – Reaktionsgeschwindigkeit, Flexibilität und Zuverlässigkeit – sind batteriebasierte Energiespeicher und andere Technologien mit schneller Wirkung perfekt positioniert, um die Gesamtstromkosten für Unternehmen und private Energieverbraucher auf vielfältige Weise zu senken. Die batteriebasierte Energiespeicherung kann die Netzstabilität verbessern und Überlastungen auf Übertragungsleitungen verringern, wodurch die Einschränkung erneuerbarer Energien und die damit verbundenen erheblichen Kosten reduziert werden. Sie kann Kapazitäten und Zusatzdienste bereitstellen, die Angebot und Nachfrage ausgleichen – und zwar oftmals effizienter und billiger als andere Technologien. Das kann auch die Preisvolatilität und damit die Gesamtstromkosten auf den Energiegroßhandelsmärkten durch Energiearbitrage begrenzen.
In Märkten auf der ganzen Welt haben Energiespeichertechnologien ihre Fähigkeit bewiesen, Wärmekraftwerke als wirtschaftlichere und kohlenstoffarme Methode zur Bereitstellung einer sicheren Energieversorgung in Zeiten mit Spitzenbedarf und geringer erneuerbarer Erzeugung zu ersetzen. Aber obwohl wir Zugang zu dieser einsatzbereiten und kostengünstigen Technologie haben, setzen wir weiterhin auf eine emissionsreiche erdgasbasierte Stromerzeugung, während europaweite Ziele für den strategischen Ausbau von Energiespeicherprojekten noch entwickelt und gesetzlich verankert werden müssen. Im Jahr 2021 wurden bei Kapazitätsmarktauktionen in ganz Europa etwa 2,4 Gigawatt an Energiespeicherverträgen vergeben. Verschiedene Studien sagen jedoch voraus, dass wir bis 2030 bis zu 200 Gigawatt an Energiespeichern benötigen, um die Sicherheit und Zuverlässigkeit der Energiesysteme des Kontinents zu erhöhen. Weitere Änderungen an der Struktur und Gestaltung des Energiemarkts sind ebenfalls erforderlich, um die Ziele von REPowerEU zu erreichen.
Darüber hinaus sollte der Energiemarkt so gestaltet werden, dass Erzeuger und Kunden jederzeit klare Preissignale entsprechend des systemseitigen Bedarfs erhalten. Die Energiepreise sollten in Zeiten hoher erneuerbarer Erzeugung niedrig und in Zeiten geringer Erzeugung höher sein. In ähnlicher Weise sollten die Kosten für die Nutzung des Netzes höher sein, wenn es überlastet ist, indem Preissignale für die lokale Erzeugung und den lokalen Verbrauch bereitgestellt werden, die dazu beitragen, die Überlastung des Netzes zu verringern.
Die CO2-Intensität von Spitzenlastkraftwerken muss bei der Gestaltung des Kapazitätsmarktes und durch neue politische Maßnahmen wie „Clean Peaking Standards“ berücksichtigt werden. Netzanbindungen zur Energiespeicherung sollten priorisiert werden. Die Einführung flexibler Verbindungsvereinbarungen in überlasteten Gebieten kann die Integration von Speichern beschleunigen, was wiederum dazu beitragen kann, Überlastungen basierend auf Marktsignalen zu reduzieren. Schließlich müssen bestehende Speicherhemmnisse in nationalen Märkten im Einklang mit der bestehenden europäischen Gesetzgebung beseitigt werden. Dazu gehören unter anderem die Erhebung von Gebühren, Abgaben oder Steuern, die nicht kostendeckend sind und Speichertechnologien benachteiligen, oder Beschränkungen der Marktteilnahme.
Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit den Regulierungsbehörden und anderen Marktakteuren, um die im RePowerEU-Plan skizzierten Ziele zu verwirklichen, indem wir Technologien, Lösungen und politische Rahmenbedingungen bereitstellen, die erschwingliche, zuverlässige und nachhaltige Energiesysteme für europäische Verbraucher gewährleisten.
*Der REPowerEU-Plan der Europäischen Kommission wurde erstmals im März kommuniziert und am 18. Mai veröffentlicht. Es beinhaltet die Anhebung des Ziels der aus erneuerbaren Quellen erzeugten Energie auf 45 Prozent bis 2030, gegenüber 40 Prozent im Vergleich zu den Zielen des letzten Jahres. Dies würde die erneuerbare Energieerzeugung in Europa bis 2030 auf 1.236 Gigawatt bringen, einschließlich der Installation von 320 Gigawatt Solarenergie bis 2025.
Die Unterzeichner des Offenen Briefs:
Manuel Perez Dubuc, CEO – Fluence Energy GmbH
Alex O’Cinneide, CEO – Gore Street Capital
Ben Guest, Managing Director – Gresham House – New Energy Division
Wilfred Karl, CEO – MW Storage
James Basden, Co-Founder and Director – Zenobē
Luis Marquina de Soto, President – Asociación Empresarial de Pilas y Baterías y Almacenamiento – Spanish Energy Storage Association
Urban Windelen, Executive Director – Bundesverband Energiespeicher Systeme e.V.
Bobby Smith Head of Energy Storage Ireland – Energy Storage Ireland
Matthias Vetter, Abteilungsleiter Elektrische Energiespeicher – Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE)
Stefano Passerini – Karlsruhe Institut für Technologie (KIT)
Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion@pv-magazine.com.
Dieser Inhalt ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht kopiert werden. Wenn Sie mit uns kooperieren und Inhalte von uns teilweise nutzen wollen, nehmen Sie bitte Kontakt auf: redaktion@pv-magazine.com.
Es ist zu wünschen, dass diese Initiative bei Politiker*innen in den Ländern Europas auf offene Ohren trifft.
Es ist erstaunlich, dass Deutschland Erneuerbare Energie abregelt statt sie zu speichern.
Ja, es ist erstaunlich, dass sich eine Initiative von hochkarätigen Institutionen in dieser Form äußern müssen, um einen offensichtlichen Mißstand des lang währenden Konstrukts mit den Erneuerbaren auf zu zeigen!
Welch eine Erkenntnis, daß Erneuerbare mit wechselnder Leistung weniger kalkulierbar und damit nur zusammen mit einer E-Speicherkapatität für ein ausreichendes Stromnetz funktionieren werden.
Regeltechnik ist nicht Bestadteil von bisherigen Abiturfragen; sollte jedoch bei den Entscheidungsträgern als hinreichend vorausgesetzt werden (müssen).
Wie weit sind die Aufgabenbereiche der Netz-Argentur zu verstehen?
Sollte diese mit ihren MA nicht eher in der Lage sein, den weiter grassierenden Missstand der E-Verfügbarkeit zu bewerten und die Bundesregierung entsprechend zu beraten?
Wo sind die Erkenntnisse der mit der Energieversorgung befassten Hochschulen?
Keinerlei fachliche Unterstützung erkennbar?
Ahh! Es fehlen die Fragesteller/ Auftraggeber!
Nur peinlich.
Hier https://1e9.community/t/guenstig-ungiftig-ohne-konfliktmaterialien-mit-eisen-salz-batterien-schneller-weg-vom-gas/17354 wird das noch besser begründet, warum das mit den Speicher jetzt so richtig not tut. Der Plan bis vor dem Ukraine-Krieg in Deutschland sei angeblich folgender gewesen: „…, die Erneuerbaren auszubauen, das Netz derweil mit Gaskraftwerken zu stabilisieren – und dann das Gas irgendwann mit grünem Wasserstoff zu ersetzen. Der eignet sich zwar ebenfalls dafür, überschüssigen Ökostrom zu speichern.. ..Jedoch geht bei seiner Gewinnung per Elektrolyse und der späteren Verstromung sehr viel der ursprünglichen Energie verloren.“ und für diesen perfiden Plan schön wasser(stoff)-dicht zu machen hat der Gesetzgeber noch eine Hürde für Energiespeicher errichtet:
„Die größte Hürde für den Ausbau ist, dass Speicher in der Regulierung des deutschen Stromnetzes bisher überhaupt nicht vorgesehen sind. Sie passen nicht in die Logik aus Stromproduktion, Stromtransport und Stromverbrauch – und werden deshalb doppelt mit Gebühren belastet: Einmal fällt ein Übertragungsnetzentgelt an, wenn überschüssiger Ökostrom über die Stromleitung in den Speicher fließt, das zweite Mal, wenn der Strom wieder aus der Batterie ins Stromnetz eingespeist wird.“
Ohne Business-Case für Speicher gibt es keine Speicher – ausser ein paar Pilotprojekte. Ergo benötigt der Speichermarkt einen kalkulierbaren Business-Case. Bei künftig sinkenden Speicherkosten muss das so etwas ähnliches sein, wie weiland die 20-jährige Einspeisevergütung für Photovoltaik. Sonst insvestiert keiner in Speicher. Bin gespannt, wann die Regierung das umsetzt?
Ich vermute, man verlässt sich zur Zeit zu sehr darauf, dass Speicher entweder am Verbrauchsort oder am Erzeugungsort („Innovationsausschreibungen“) errichtet werden. Dort haben sie allerdings nicht den vollen Nutzen. Es muss auch Speicher an wichtigen Netzknotenpunkten vor und hinter Netzengpässen geben, und für die braucht man die angesprochenen speziellen Speicherregelungen. Bei der bisherigen Behandlung denkt man eher an die Pumpspeicherwerke, die nicht dort errichtet wurden, wo sie das Netz entlasteten, sondern eher in der Peripherie (bergigen Gegenden), wo man auf ordentliche Höhenunterschiede kommt. Für diese Speicher wird das dorthin verlegte Netz tatsächlich zweimal belastet. Die Batterispeicher haben aber gerade den Vorteil, dass sie genau dort errichtet werden können, wo sie den aus der einen Richtung aufgenommenen Strom im richtigen Augenblick in die andere Richtung weitergeben können, ihr Einsatz also nicht zu einer zusätzlichen Netzbelastung führt.
Insgesamt werden Batteriespeicher, wenn ihr Preis nicht erheblich abnimmt, nicht zur mittel- und langfristigen Speicherung beitragen können. Ihre Anwendung wird auf den untertägigen Ausgleich von Angebot und Nachfrage bis maximal zwei bis drei Tagen beschränkt bleiben. Schon die einwöchige relative Windstille im Winter, die häufig vorkommt, wird anders bewältigt werden müssen. Neben Wasserstoff vermute ich, dass auch Hochtemperaturspeicher in diesem Zeithorizont eine Rolle spielen könnten. Hängt aber natürlich alles von den Preisverhältnissen ab, die sich auch ändern können.