Sonnen: „Der Markt ist reifer geworden“

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pv magazine: Haben Sie mittlerweile einen Überblick, wie viele Speicher von Sonnen durch das Hochwasser beschädigt worden und ausgetauscht werden müssen?

Sascha Koppe (Foto): Nein, leider noch nicht. Wir gehen davon aus, dass es eine dreistellige Anzahl wird. Aber es ist mitunter immer noch schwierig, die Kunden dort zu erreichen, da ja die Infrastruktur teilweise zerstört ist. Manche von ihnen große Schäden am Haus und da steht der Speicher natürlich nicht an erster Stelle. Wir werden also noch etwas Zeit benötigen, um jeden Schaden zu kennen. Dazu kommt, dass unsere Partner teilweise mit der Wiederherstellung der elektrischen Infrastruktur in den Gemeinden beschäftigt sind, was natürlich eine höhere Priorität hat. Deshalb möchten wir unsere Partner in dieser schwierigen Situation so gut unterstützen, wie es geht.  Wir haben eine spezielle Hotline für Kunden und Partner eingerichtet, wir haben mittlerweile eigenes Personal vor Ort, das die beschädigten Speicher fachgerecht demontiert und wir kümmern uns um die Entsorgung der beschädigten Module. Also alles Themen, um die sich Partner nicht selbst kümmern können.

Wie sollten die Betreiber dieser Speichersysteme am besten vorgehen?

Hier möchte ich gern auf die Sicherheitshinweise für Stromspeicher bei Hochwasser vom BVES verweisen, da stehen die relevanten und Hersteller-übergreifenden Hinweise drin. Die ganze Branche hat hier gemeinsam sehr schnell und entschlossen gehandelt. Wir haben darüber hinaus auch eigene Hinweise kommuniziert und die uns zur Verfügung stehenden Kanäle genutzt. Auf unseren Social-Media-Kanälen ist das sehr oft geteilt worden, da sind unsere User sehr hilfreich gewesen, die das damit weiterkommunizieren. Und in unserer speziellen Hotline können sich betroffene Speicherbesitzer melden und treffen dort auf speziell geschultes Personal.

Sonnen hat ja neulich veröffentlicht, dass die Nachfrage in vielen Ländern gestiegen ist. Können Sie das etwas präzisieren? Wie sieht es insgesamt mit der Marktentwicklung für Speicher in Deutschland und Europa aus?

Sonnen hat schon immer den Anspruch, auch international aktiv zu sein. Ein Beispiel ist Italien, dort sind wir ja in 2015 sehr früh schon in den Markt eingetreten und mittlerweile ist es nach Deutschland unser größter Markt in Europa. Solche Märkte gehen immer wieder auf. Aktuell sehen wir solche Entwicklungen auch in Ländern wie Belgien, Dänemark oder Spanien. Auch hier haben wir frühe Partnerschaften geschlossen und hoffen natürlich auf ähnliche Erfolgsgeschichten wie in Italien. Der Auslöser kann immer verschieden sein, in Belgien spielt sicher das Ende des Net Metering und eine Speicherförderung eine Rolle. In Dänemark sind es hohe Stromkosten und eine niedrige Einspeisevergütung, also eher ähnlich wie bei uns.

Und wie sieht es mit der Nachfrage hierzulande aus?

In Deutschland wurde ja auch für 2021 ein erneutes kräftiges Wachstum prognostiziert, was wir bisher klar bestätigen können. So ein Wachstum muss man als Unternehmen natürlich auch stemmen können. Das heißt konkret, dass wir zuverlässig und trotz der hohen Nachfrage liefern können. Aber auch Qualität und Service sind in so einem Umfeld entscheidend. Das klingt banal, aber höhere Stückzahlen heißen eben auch, mehr Service-Fälle und mehr Qualität, denn selbst kleine Fehler können dann ganz anders skaliert werden. Wir haben hier unser Qualitäts- und Service-Team in den letzten Monaten deutlich ausgebaut, da wir gemerkt haben, dass wir hier noch nicht perfekt waren. Solche „Wachstumsschmerzen“ haben alle Unternehmen die wachsen und ich denke, dass wir da unsere Hausaufgaben gemacht haben. Wichtig ist hier natürlich auch der Ausbau unserer Produktionskapazität mit der neuen Halle. Wir stehen also zu 100 Prozent hinter unseren Partnern und unterstützen sie nach allen Kräften. Dazu gehören auch eine Zuverlässigkeit und Stabilität bei den Produkten. Der Markt ist reifer geworden und da verändert sich auch die Taktung zwischen Innovationen und bewährten Produkten etwas. In so einem Umfeld kann man nicht alle sechs Monate eine neue Innovation auf den Markt werfen, sondern benötigt längere Vorlaufzeiten. Langweilig wird es trotzdem nicht. Unserem Ruf als Innovationstreiber werden wir sicherlich auch noch in den nächsten Jahren gerecht.

Inwiefern wirkt sich in Deutschland positiv auf die Nachfrage aus, dass die Doppelbelastung bei Speichern weggefallen ist? Kann man das schon sagen?

Die Doppelbelastung ist ja gesetzlich in der letzten Sitzungswoche des Bundestags gefallen, wir waren da recht positiv überrascht. Da hat sich viele Jahre nicht so viel bewegt. Das ist ein Thema, das speziell den Markt für Netzdienstleistungen mit unserem virtuellen Kraftwerk betrifft. Bisher hatten wir da einfach bei vielen Angeboten einen künstlichen Nachteil etwa gegenüber konventionellen Kraftwerken. Es gibt zwar einige Services wie etwa Primärregelleistung, die sich trotzdem lohnen, aber technisch könnten wir noch viel mehr. Mit dem Ende der Doppelbelastung sind jetzt zumindest mal die Weichen gestellt, dass wir in Zukunft das Potenzial unseres virtuellen Kraftwerks noch besser ausschöpfen können als bisher. Mit unserer Sonnen-Flat bieten wir ja heute bereits unseren Kunden die Möglichkeit per Gewinnbeteiligung von diesem Markt zu profitieren. Jetzt kommt es darauf an, gemeinsam mit der Bundesnetzagentur und der Branche die Detail-Prozesse kundenfreundlich zu definieren. Das politische Signal des Bundestags war dabei ganz wichtig: Wir verabschieden uns langsam aus dem fossilen, zentralen Energiesystem. Wer Flexibilität im Keller hat, der soll die jetzt auch einfach vermarkten dürfen. Die Technik dafür steht bereit.

Was ist der Stand beim Ausbau ihrer Produktion in Wildpoldsried?

Unsere Produktion ist vor kurzem in das neue Gebäude gezogen. Es war beeindruckend, wie schnell die Fertigungslinie ab- und wieder aufgebaut war, so dass wir mit einem minimalen Zeitverlust von einem Tag wieder produzieren konnten und das auch mit voller Kraft wieder können. Aber klar, ein paar Handgriffe sind noch zu machen, so dass die offizielle Einweihung im vierten Quartal stattfinden wird. Damit schaffen wir auch Platz an unserem Standort in Wildpoldsried, der ja aus allen Nähten geplatzt ist.

Momentan ist in der Solarbranche viel über Lieferschwierigkeiten bei einzelnen Komponenten zu hören. Wie sieht es da in der Speicherbranche aus?

Das ist ganz klar ein großes Thema, das ja nicht nur die Solar- oder Speicherbranche, sondern ganze Industriezweige trifft. Auch an uns geht das nicht spurlos vorüber aber wir schaffen es bisher, dass wir kontinuierlich produzieren und die steigende Nachfrage bedienen können. Unsere Jahresbestellungen konnten wir bisher alle termingerecht bedienen, aber auch bei uns macht sich die sehr große Nachfrage bemerkbar. Momentan gibt es im Schnitt circa acht Wochen Lieferzeit für Neubestellungen. Aber Lieferzeiten gibt es im Handwerk ohnehin. Wer sich eine Photovoltaik-Anlage mit Speicher bestellt, wird häufig schon wegen der Installationskapazität der Handwerksbetrieb ein paar Monate warten müssen. Manche unserer Partner sind sogar bis Ende des Jahres ausgebucht. Hier zeigt sich leider der Fachkräftemangel, denn manche Partner könnten die Bestellungen schneller abarbeiten und somit mehr Aufträge annehmen, wenn es mehr Fachkräfte gäbe. Das bremst leider an der Stelle auch den Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland bei den Haushalten. Dieses Problem ist aber strukturell, da muss uns die Politik unterstützen.

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