Ziemlich genau ein Jahr ist es jetzt her, da fiel gerade noch rechtzeitig der 52-Gigawatt-Deckel für die Solarförderung aus dem EEG. Eurosolar hat nun CDU-Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier aufgefordert, auch den atmenden Deckel aus dem Gesetz zu streichen. Dieser drohe den gerade anziehenden Photovoltaik-Zubau in Deutschland spätestens im kommenden Jahr wieder zu ersticken. Der atmende Deckel meint die Degression der Einspeisevergütungen für Photovoltaik-Dachanlagen bis 750 Kilowatt. Die Höhe der monatlichen Absenkung richtet sich dabei nach dem Zubau. Je höher die neu installierte Photovoltaik-Leistung, umso schneller sinkt die Solarförderung. Alternativ zur Abschaffung sei auch sofortiges einjähriges Moratorium für weitere Kürzungen der Vergütung für Photovoltaik-Dachanlagen eine Option. Die Zeit dränge, da die letzten Sitzungswochen vor der parlamentarischen Sommerpause anstünden und danach die Bundestagswahl folge. Daher sei damit zu rechnen, dass angesichts von Koalitionsverhandlungen und Regierungsbildung im Herbst wertvolle Zeit vergehen und im zweiten Halbjahr keine Entscheidung mehr zu erwarten sei.
Nach Auffassung von Eurosolar ist jedoch eine drastische Erhöhung des Photovoltaik-Zubaus in Deutschland mit Blick auf die Klimaziele dringend geboten. Ab 2022 müssten es mindestens zehn Gigawatt neu installierte Leistung jährlich sein, ab 2022 dann 15 oder 20 Gigawatt, so die Vereinigung. Der Photovoltaik-Zubau auf den Dächern könnte dabei auch einen Teil des derzeit fehlenden Ausbaus der Windkraft kompensieren. „Dies ist weder technisch noch wirtschaftlich ein Problem, scheitert aber an politischen Restriktionen wie dem versteckten sog. atmenden Deckel (§ 49 EEG 2021)“, heißt es weiter. „Ausgerechnet im Jahr des Atomausstiegs 2022 können wir uns keinen Knick beim Ausbau Erneuerbarer Energien leisten. Wer dies mutwillig herbeiführt, bringt die Saat für unheilvolle Debatten zum Ausstieg vom Atomausstieg auf die Tagesordnung. Ebenso wird der Fahrplan für den Kohleausstieg aus den Fugen geraten, wenn die Erneuerbaren nicht schleunigst ausgebaut werden.“
Die Deckel seien Relikte aus alter Zeit, als die Photovoltaik noch teuer gewesen sei. Mittlerweile bewegen sich die festen Einspeisevergütungen für Photovoltaik-Dach- und Fassadenanlagen je nach Größe zwischen 5,77 und 7,58 Cent pro Kilowattstunde. Die monatliche Degression beträgt aktuell 1,4 Prozent. Eurosolar weist jedoch darauf hin, dass gleichzeitig die Personal- und Materialkosten für die Installation einer Photovoltaik-Anlage steigen. Dies liege aber eher am Kostentrend im Bau. „Dies kann einen empfindlichen Knick beim Solarzubau bewirken. Denn die Photovoltaik-Betreiber werden dann nur noch kleine Photovoltaik-Anlagen auf Teilflächen des Daches bauen, wenn sie einen hohen Eigenverbrauch haben“, fürchtet die Vereinigung. Ziel müsse aber sein, die Dächer möglichst vollständig mit Modulen zu belegen.
Sofern eine Abschaffung des atmenden Deckels oder zumindest das sofortige einjährige Moratorium für weitere Kürzungen der Solarförderung nicht komme, schlägt Eurosolar grundlegende Änderungen im EEG ab 1. Januar 2022 vor. So sollte das Zubauziel für Photovoltaik-Dachanlagen von 2,5 auf 5 Gigawatt jährlich verdoppelt werden. Zudem müsse die Anrechnungsregel des Photovoltaik-Zubaus aus Ausschreibungen gestrichen werden. Darüber hinaus fordert Eurosolar eine Verdoppelung aller Werte in § 49 EEG 2021, durch die Kürzungsschritte bei der Vergütung eingeleitet werden.
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Die laufende Anpassung der Einspeisevergütung gehört für mich zu den besten Eigenschaften des EEG. Auf diese Weise entsteht eine Regelschleife, die dafür sorgt, dass immer nur genau so viel Vergütung garantiert wird, wie als Anreiz für das Erreichen der gesteckten Ausbauziele nötig ist. So wird verhindert, dass die Kosten für diese Vergütung, die ja über die EEG-Umlage und in Zukunft über Steuermittel bezahlt werden müssen, unnötig hoch ausfallen. Dass diese Kosten an anderer Stelle sehr ungerecht aufgeteilt werden und daher dem Ottonormalbürger die Stromrechnung in die Höhe treiben steht auf einem anderen Blatt.
Meiner Meinung nach sollte daher nur das Ausbauziel angehoben werden, das für die Berechnung der Degression maßgeblich ist – die Einspeisevergütung passt sich dann mittelfristig automatisch so an, dass das neue Ziel erreicht wird.
Wenn der Mechanismus in der Praxis auf bestimmte Entwicklungen nicht angemessen reagiert, sollte man sicher nachbessern, aber eine pauschale Abschaffung halte ich für keine gute Idee.
@ Simeon Maxein
Ich sehe das vor dem Hintergrund, der Solarpflicht, die regional immer öfter beschlossen wird. Ich kann doch nicht etwas zur Pflicht machen, um quasi den Ausbau zu forcieren, ohne zu berücksichtigen, dass die Vergütungen vom Ausbau abhängig sind.
Simeon Maxein sagt:
Die laufende Anpassung der Einspeisevergütung gehört für mich zu den besten Eigenschaften des EEG. Auf diese Weise entsteht eine Regelschleife, die dafür sorgt, dass immer nur genau so viel Vergütung garantiert wird, wie als Anreiz für das Erreichen der gesteckten Ausbauziele nötig ist.
@ Simeon Maxein
Und da bei den gegenwärtigen Vergütungen, schon lange kein wirtschaftlicher Anreiz zum Einspeisen gegeben ist, greift man immer öfter zur „Solarpflicht“
Hallo Herr Diehl,
diesem Argument kann ich nicht ganz folgen. Die Ausbauziele (für 2020: 2,5GWp) werden offenbar erreicht, sonst würde die Vergütung nicht laufend sinken. Das Problem ist also nicht, dass der Mechanismus nicht funktioniert, sondern dass das Ausbauziel zu niedrig ist. Wenn man das erhöht, dann wird durch den atmenden Deckel auch automatisch die Einspeisevergütung wieder angehoben.
Den atmenden Deckel statt dessen ganz abzuschaffen ist, als würde ich meine Klimaanlage aus dem Fenster werfen, nur weil jemand die falsche Temperatur eingestellt hat.
Die Forderung nach Aufhebung des atmenden Deckels ist richtig. In Zukunft wird man nur noch mit geringen Preissenkungen rechnen können, vorübergehend wird es sogar zu Preissteigerungen kommen, auch wegen steigender Frachtraten aus Asien, zusätzlich zu der zu erwartenden Inflation.
Es scheint mir allerdings politisch unklug, gleich mit Zubauraten von 10, 15 und 20GW zu kommen. Da schlottern den Chefs der alten Dinos die Knie, sie rufen ihren Spezi Altmaier an, und dann wird der PV die Luft noch weiter abgeschnürt. Es würde ja reichen, wenn jedes Jahr 2GW mehr zugebaut würden, also 2021 6 GW, bis 2030 32GW. Insgesamt kämen da 190 GW zusammen, heute für die immer noch maßgeblichen alten Herren da oben ein völlig unvorstellbarer Wert.
Der atmende Deckel sähe im Prinzip sogar Steigerungen der Vergütungen vor, allerdings um den Preis, dass wenn die Anlagenpreise schneller steigen als der Korrekturmechanismus, auf Jahre hinaus zu wenig zugebaut wird. Am Ende dieser Zeit könnte man dann wieder Altmaier hören mit einem „Wir haben in der Vergangenheit Fehler gemacht, aber es nützt nichts, die Vergangenheit zu beklagen, wir wollen jetzt nach vorne sehen.“ Leider sieht er nur in dem Sinne nach vorne, wie er den alten Dinos eine möglichst lange „Atempause“ (Originalton Merkel) verschaffen kann.
Wir brauchen also einen neuen Vergütungs-Anpassungsmechanismus, der schnell reagiert, immer ausreichenden Zubau garantiert, den Projektentwicklern ausreichend Planungssicherheit gibt, aber verhindert, dass die Renditen das notwendige Maß übersteigen. Mir erscheint es am sinnvollsten, die Vergütungen an die Auktionsergebnisse anzupassen, mit festen Aufschlägen für die einzelnen Anlageklassen (Größe, Flächennutzung). Der Zubau im einen Jahr reduziert dann die Ausschreibungsmengen im Folgejahr. Die Ausschreibungen erfolgen im Zweimonatsrhythmus, so dass die Vergütungen ca. halbjährlich nachlaufend angepasst werden können. Außerdem muss das Vergütungssystem dahingehend geändert werden, dass die Betreiber, wenn sie durch Direktvermarktung mehr erlösen, als es ihrer Garantievergütung entspricht, den Mehrerlös nicht grinsend selber einstecken können, sondern an den EEG-Fonds abgeben müssen. Damit könnte man erreichen, dass der Fonds auf die Dauer ohne EEG-Umlage für die Verbraucher auskäme.
CO2-Preis sollte in DE nach dem kompletten Atomausstieg den Marktpreis für Strom anheben. Möglicherweise langsamer als wünschenswert, aber stetig.
Nach bisherigem Muster ist die Einspeisevergütung völlig abgekoppelt vom Börsenstrompreis. Bald ist aber die EEG-Vergütung geringer als der Börsenstrompreis.
Ich denke ein Systemwechsel muss her, um auch die PV aus kleinen Anlagen zu einem Marktwert verkaufen zu können ohne eine neue Kaste der Aggregateure ziehen zu müssen.
@Simeon Maxein
Anscheinend haben Sie sich noch nicht mit den Vergütungen und der Amortisation
von Anlagen beschäftigt. Schon eine Vergütung von nur 6c würde bedeuten dass
der Ausbau der Solarenergie ins Stocken gerät weil die Amortisationszeit zu
lange ist um für private Eigenheimbesitzer interessant zu sein.
Wir brauchen dringend ein 10 Millionen Dächer Programm und einen
völligen Neustart der Strombörse mit der Verpflichtung der Stromkonzerne
zur Abnahme wie sie vor 2010 gehandhabt wurde. Die Vergütung sollte
8c nicht unterschreiten, besser wären als niedrigster Wert 10c auf Dauer.
Die Schäden durch Nichthandeln wären weitaus höher wenn nicht endlich
gehandelt wird. Das hat die tonangebende Spitze der CDU/CSU mit ihrem
Klüngelverein leider noch nicht verstanden.
ist diese Diskusion wirklich zielführen?
Der atmende Deckel bei Solarförderung erinnert mich an das Verhalten einer Klapperschlange, die mit den Bewegungen ihres Schwanzes das Opfer von der eigentlichen Gefahr des eigenen Zugriffes ablenken will.
Es ist politisch gewollt, aus versch. Energie-Gewinnungsformen- AKWs, KKWs, zeitnah auszusteigen.
Eine Änderung des Verbrauchsverhalten ist allem Anschein nicht in der Diskussion.
Ein Hochfahren von Ersatzstromproduzenten ist dringend vor Abschaltung bisheriger Stromproduzenten ist angesagt.
Und was wird gemacht? Ein atmender Stromdeckel wird definiert, der die Ausbaugeschwindigkeit zuverlässig kontrolliert; und der funktioniert auch noch. Ist das wirklich ziehlführend?
Ziel erreicht; Patient tot!
Wir brauchen die nächsten 10 Jahre einen Ausbau von PV und Wind aus allen Kanonnenrohren um die abzuschaltenden Leistungen aufzufangen!
Zus. Strom-Bedarf von technologischen Entwicklungen im Verkehr noch nicht berücksichtigt.
Wachsender EEG Zuschlag hin oder Her. Wie machen das eigenlich unsere vielen Nachbarstaaten mit dem Umbruch in der Stromversorgung?
Politik täte gut daran, sich ehrlicher zu machen; auch ein Wirtschaftsministerium.