Umweltbundesamt: Trotz zu geringem Zubaus erneuerbarer Energien gingen Treibhausgasemissionen 2019 um 6,3 Prozent zurück

Teilen

Im Jahr 2019 gingen die Treibhausgasemissionen Deutschlande im Vergleich zu 2018 um 6,3 Prozent zurück, von rund  860 Millionen Tonnen auf 805 Millionen Tonnen. Während sie in den Sektoren Gebäude und Verkehr sogar zunahmen, sanken sie im Sektor Strom um 16,7 Prozent. Für diese Entwicklungen sind zum größten Teil externe Faktoren verantwortlich, nicht ein besonders starker Zubau erneuerbarer Energien, wie die Daten des Umweltbundesamtes zeigen. Im Vergleich zu 1990 sanken die Emissionen in Deutschland damit um 35,7 Prozent. Mit Ausnahme des Krisenjahres 2009 ist die Minderung im Jahr 2019 der größte jährliche Rückgang seit 1990, so das Umweltbundesamt.

Dem starken Rückgang im Sektor Strom liegen zwei Hauptursachen zugrunde. Da der Durchschnittspreis für eine Tonne Kohlendieoxidemissionen in 2019 mit 24,65 Euro fast doppelt so hoch lag wie 2018 und der Gaspreis gleichzeitig niedrig, wurde stark emissionsbelasteter Kohlestrom teilweise durch weniger emissionsbelasteten Strom aus Gaskraftwerken ersetzt. Außerdem wurden Steinkohlekraftwerke mit insgesamt 3,5 Gigawatt Leistung und auch Braunkohle-Kraftwerksblöcke stillgelegt oder in die Netzreserve überführt.

Gleichzeitig stieg die Stromversorgung aus erneuerbaren Energien deutlich an. Der Anteil der Erneuerbaren am Bruttoendenergieverbrauch lag 2019 bei 42,1 Prozent, das sind 5 Prozentpunkte mehr als in 2018. Der Anteil der Photovoltaik lag damit bei 8,2 Prozent. Das Umweltbundesamt sieht den Grund für den Anstieg weniger im Zubau von Wind und Solaranlagen in 2018, sondern an einem „besonders wind- und sonnenreiches Wetter“ im Jahr 2019. In 2018 wurden 2,3 Gigawatt Windkraftanlagen und 2,9 Gigawatt Photovoltaikanlagen zugebaut. Der Zubau bei den Windenergieanlagen ist seitdem weiter eingebrochen, auf 0,9 Gigawatt in 2019.

Daher appelliert das Umweltbundesamt daran, dass bei der Windenergie ein Zubau von mindestens 4 Gigawatt erreicht werden sollte. Um die Pariser Klimaziele zu erreichen, wäre sogar ein Ausbau von mindestens 5,5 Gigawatt pro Jahr erforderlich, so die Behörde. „Ich halte übrigens nichts von pauschalen Abstandsflächen für Windräder“, sagt Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamtes. „Widerstände vor Ort löst man besser auf Augenhöhe und im Dialog mit den Anwohnern.“

Treibhausgasemissionen nach Sektoren 1990 bis 2019. Zum Vergrößern bitte klicken.

Grafik: Uba

Keine guten Ergebnisse bei Gebäuden und Mobilität

Im Wärmebereich stieg der Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttoendenergieverbrauch nur leicht von 14,3 auf 14,5 Prozent. Im Verkehrssektor verharren die erneuerbaren Energien bei 5,6 Prozent. Die Gebäude sind für die Hälfte, der Verkehr für rund ein Viertel des Gesamtverbrauchs verantwortlich.

Die für die Sektoren unterschiedlichen Zahlen für den Bruttoendenergieverbrauch schlagen sich direkt bei den Emissionen nieder. Die Emissionen aus dem Gebäudebereich stiegen 2019 im Vergleich zu 2018 um 4,4 Prozent oder 5 Millionen Tonnen. Das Umweltbundesamt führt das auf die niedrigen Heizölpreis, einen höheren Absatz und einem kälteren Winter zurück. Im Bereich Verkehr stiegen die Emissionen um 0,7 Prozent. Zwar seien sparsamere Fahrzeuge auf den Markt gekommen, gleichzeitig habe aber die Zahl der Autos insgesamt zugenommen. In den Landwirtschaft gingen die Treibhausgasemissionen wiederum um 2,3 Prozent zurück.

Deutschland muss nach der EU-Erneuerbare-Energien-Richtlinie bis 2020 einen erneuerbaren-Anteil am Bruttoendenergieverbrauch von 18 Prozent erreichen. Mit den 17,1 Prozent in 2019 sei das Ziel in Sichtweite. Bis 2030 soll der Anteil aber auf bei 30 Prozent steigen. Setze sich die Entwicklung der vergangenen zehn Jahre jedoch bis 2030 fort, wird dieses Ziel nicht erreicht werden.

Die Klimaziele für 2020 kommentieren das Umweltbundesamt und die Bundesumweltministerin nicht. Der Rückgang im Vergleich zu 1990 falle mit 35,7 Prozent 5 Prozentpunkte höher aus als „zuvor erwartet“, schreibt Greenpeace dazu. Die Bundesregierung hätte aber zugesagt, den CO2-Ausstoß bis 2020 um 40 Prozent zu senken.

Noch viel zu tun bis 2030

Auch die Klimaziele für 2030, die sich Deutschland im Klimaschutzgesetz gesetzt hat, sind ohne weitere Maßnahmen nicht zu erreichen. Nach den Zielen sollen die Treibhausgasemissionen bis Ende des Jahrzehnts um mindestens 55 Prozent im Vergleich zu 1990 sinken. Die Klimabilanz von 2019 zeige, dass die Maßnahmen greifen würden und deutlich weniger Kohle verbrannt werde, Bundesumweltministerin Svenja Schulze in der Pressemitteiung des Bundesumweltamtes. Der Ausbau der Erneuerbaren müsse nun dringend weitergehen und in der Verkehrspolitik und bei den Gebäuden seien jetzt zusätzliche Maßnahmen nötig, um die Trendwende zu schaffen.

Das Fazit von Uba-Präsident Dirk Messner ist noch zurückhaltendender. „Deutschland bewegt sich in die richtige Richtung hin zum Klimaziel 2030. Das ist erfreulich“, sagt er. Er gibt jedoch auch zu Bedenken, dass „wir uns vor allem bei den erneuerbaren Energien auf den Lorbeeren der letzten 20 Jahre ausruhen“. Es müssten wieder deutlich mehr Windenergieanlagen installiert werden, um Kohlestrom zu ersetzen, der vom Netz geht. Und in anderen Branchen würde die Bewegung, wie bei Gebäuden und Verkehr, stagnieren. Grundsätzlich könne Deutschland seine Klimaziele und noch mehr aber schaffen, wenn die richtigen Weichen gestellt würden.

„Das 2020-Ziel wird verpasst, das mittelfristige für 2030 ist noch längst nicht sichergestellt“, schreibt auch Tobias Austrup, Klima- und Verkehrsexperte von Greenpeace. „Besonders verheerend sind die steigenden Emissionen im Verkehr, dem Sorgenkind im deutschen Klimaschutz. Darin wird sich nur etwas ändern, wenn Verkehrsminister Scheuer seine Blockade wirksamer Maßnahmen aufgibt.“

Dieser Inhalt ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht kopiert werden. Wenn Sie mit uns kooperieren und Inhalte von uns teilweise nutzen wollen, nehmen Sie bitte Kontakt auf: redaktion@pv-magazine.com.