Mehrertrag bei bifazialen Modulen hängt nicht nur vom Hersteller ab

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Bifaziale Module sind eine interessante Option, wie sich nicht nur am großen Interesse der Teilnehmer am pv magazine Webinar mit Initiativparter Trina Solar zeigte. Auch die Referenten belegten in vielfältiger Weise, dass man mit zusätzlichen Erträgen in Höhe von 5 bis 15 Prozent rechnen kann, wenn man bei der Installation und bei der Auswahl der Module einige Dinge beachtet. So sollte die Bifazialität, also das Verhältnis des unter Laborbedingungen möglichen Rückseitenertrags zum Ertrag der Vorderseite 80 Prozent möglichst überschreiten, insbesondere bei vertikal aufgeständerten Anlagen. Bei der Installation sollten außerdem Schatten auf der Rückseite durch Schienen und Anschlussdosen vermieden werden und der Reihenabstand weit und der Abstand vom Boden möglichst groß gewählt werden. Ein Boden mit guten Reflektionseigenschaften sorgt ebenfalls dafür, dass sich Zusatzkosten rentieren. Einige Fragen, die im Webinar offen geblieben sind, beantworten die Experten Christian Reise, Wissenschaftler am Fraunhofer ISE und Daniel Kögler von Next2Sun nun schriftlich.

Was muss man bei der Auswahl von Wechselrichtern für eine Anlage mit bifazialen Modulen beachten?

Christian Reise: Bei der Auswahl des Herstellers oder des Typs ist nichts Besonderes zu beachten, bei der Dimensionierung muss die tatsächlich höhere Leistung der Module berücksichtigt werden. Bei Standardmodulen wird der Wechselrichter oft auf 85 oder 90 Prozent der Modulleistung dimensioniert, bei bifazialen Modulen sind 90 bis 95 Prozent der Modulleistung (die für die Frontseite angegeben wird) angemessener.

Ein starker Schatten auf der Modulvorderseite zum Beispiel durch ein Blatt, kann die Leistung eines ganzen Moduls beeinträchtigen. Würde bei bifazialen Modulen ein Schatten auf der Rückseite, durch eine Schiene oder Dose, ebenfalls die gesamte Modulleistung beeinträchtigen?

Reise: Nein. Der Schatten auf der Rückseite beeinträchtigt nur den zusätzlichen Beitrag der Rückseite.

Können Leistungsoptimierer bei bifazialen Modulen eingesetzt werden und welchen Zusatznutzen kann man erwarten?

Reise: Ja, sie können eingesetzt werden. Mit Leistungsoptimierern könnten die möglicherweise unterschiedlichen Einstrahlungsbedingungen auf den Rückseiten verschiedener Module innerhalb eines Strangs besser genutzt werden.

Verläuft die langjährige Degradation bifazialer Module anders als die monofazialer Module?

Reise: Nein, solange es sich – abgesehen von der Bifazialität – um dieselbe Photovoltaik-Zelltechnologie handelt.

Können sich bifaziale Module auch dann an hellen Hausfassaden auszahlen, wenn der Abstand zur Wand nur gering ist?

Reise: Bei einem geringen Abstand zur Wand trägt nur der Einstrahlungsanteil zum bifazialen Gewinn bei, der durch die Zellzwischenräume auf die Wandoberfläche fällt. Dieser kleine Anteil, multipliziert mit dem Reflexionsgrad der Wand und dem geringeren Rückseiten-Wirkungsgrad, dürfte den Mehrpreis nicht wettmachen.

Wie sinnvoll wäre es das Dach mit einer weißen, stark reflektierenden Folie oder gar mit Spiegelfolie zu belegen? Könnte man dann die Abstände reduzieren?

Reise: Eine helle Folie (Dachbahn) auf einem Flachdach ist unter geneigt montierten, bifazialen Modulen sinnvoll, solche Anlagen werden auch gebaut. Eine Reduktion der Reihenabstände ist dennoch nicht sinnvoll, denn dann würden größere Anteile der hellen Folie öfter im Schatten liegen.

Sind die Mehrerträge bei fest aufgeständerten und einachsig nachgeführten Systemen vergleichbar?

Reise: Ja.

Wie stark erhöht sich der Missmatch in einem String aus bifazialen Module durch Verschattungen und unterschiedliche Bodenabstände im Vergleich zu einseitigen Modulen?

Reise: Zusätzliche Mismatch-Verluste durch die inhomogene Einstrahlung auf der Modulrückseite beeinträchtigen nur den zusätzlichen Beitrag der Modulrückseite.

Wie hoch ist der spezifische Jahresertrag der 30-Kilowattpeak-Testanlage von Next2Sun?

Daniel Kögler: Die Frage ist etwas schwierig zu beantworten, da es sich ja um eine Testanlage handelt und eine Maximierung der Einspeisung nicht unbedingt im Vordergrund stand. Ferner wurden unterschiedliche Module unter realen Bedingungen getestet. Es wurden auch Tests durchgeführt, die zu Anlagenstandzeiten führten. Akzeptiert man diese Einflüsse, ergibt sich für 2016 ein spezifischer Jahresertrag von 1.010 Kilowattstunden pro Kilowattpeak bei einer Gesamteinstrahlung von 1.070 Kilowattstunden pro Quadratmeter. Verglichen mit einer durchschnittlichen, südausgerichteten Anlage (PR = 0,85) beträgt der Mehrertrag der vertikal ausgerichteten Testanlage somit etwa 10 Prozent.

Welche Seite ist bei der Ost-West-ausgerichteten Anlage vorn? Oder werden die Module bezüglich Vorder- und Rückseite gleichmäßig verteilt?

Kögler: Wir verfolgen derzeit das Konzept, die Module bezüglich Vorder- und Rückseiten gleichmäßig zu verteilen. Ein String mit der Modulvorderseite Richtung Osten, der nächste String mit der Modulvorderseite Richtung Westen, und so weiter. Gründe hierfür sind vor allem eine bessere und gleichmäßigere Auslastung der angeschlossenen Wechselrichter.

Wie weit müssen die Reihen bei vertikaler Ost-West-Montage auseinander stehen und um wie viel muss meine Fläche größer sein, um den gleichen Ertrag wie bei einer flach aufgeständerten Südanlage zu erhalten?

Kögler: Sinnvolle Reihenabstände als Kompromiss aus gegenseitiger Reihenverschattung und Flächenverbrauch liegen zwischen acht Metern und 15 Metern, stark abhängig von der jeweiligen Nutzung der Flächen zwischen den Modulreihen und den Flächenkosten. Die Anlagenleistung beträgt dann zwischen 200 Kilowatt und 350 Kilowatt pro Hektar. Mit einem zu erwartenden spezifischen Mehrertrag bifazialer Ost-/West-Anlagen von ungefähr zehn Prozent muss man für den gleichen Jahresertrag rund 90 Prozent der Modulleistung (verglichen mit einer herkömmlichen Anlage) installieren. Abhängig davon, welche Belegungsdichte man bei der Südanlage als Referenz wählt, benötigt man damit im Endeffekt eine überplante Fläche, die zwei- bis dreimal so groß ist wie bei einer Südanlage. Dafür kommen aber aufgrund der extensiven Flächennutzung auch Flächen in Frage, die für eine Südanlagen nicht geeignet sind, zum Beispiel in Vogelschutzgebieten oder auf Flächen mit ökologisch hochwertiger Vegetation.

Würden Sie für eine vertikal aufgeständerte Anlage andere bifaziale Module auswählen als beispielsweise für eine geneigte Dachanlage?

Kögler: Für konventionelle Anlagen sind PERC-Zellen mit 65-70 Prozent Bifazialität die bessere Wahl, weil sie im Einkauf günstiger sind. Für vertikale Anlagen ist eine Bifazialität von mehr als 80 Prozent hingegen zwingend, da sonst die Erträge unter denen einer monofazialen Anlage liegen würden.

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