Chile: Contracting für kleine Photovoltaik-Projekte als Schlüssel zum Erfolg

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Chile ist der Leitmarkt für neue Geschäftsmodelle im Sonnengürtel. Das Geheimnis: traumhafte Einstrahlungsdaten in Kombination mit einem liberalisierten Strommarkt (und relativ niedrigen Preisen für Komponenten). Nun will die chilenische Regierung die Energiewende auf ein breiteres Fundament stellen und fördert Projekte für den solaren Eigenverbrauch. Sie wird dabei unterstützt von der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH im Auftrag des Bundesumweltministeriums.

Der chilenische Photovoltaik-Boom basiert bislang vor allem auf Megawatt-Freiflächenanlagen im Norden des Landes. In diesem Segment ist knapp ein Gigawatt Photovoltaik-Leistung ans Netz angeschlossen, das entspricht 4,6 Prozent des Kraftwerksparks. Dieser Anteil wird schon bald auf rund 12% ansteigen, da sich weitere 1,6 Gigawatt im Bau befinden. Auf dieser Grundlage hat sich mittlerweile eine aktive Solarbranche herausgebildet, rund 50 aktive Firmen handeln, projektieren, installieren und warten Solaranlagen.

 Chile: Installierte Solar- und Windkraft-Kapazität in Megawatt

Oktober 2014

Oktober 2015

Oktober 2016

Photovoltaik

219 Megawatt im Betrieb

(456 Megawatt im Bau)

741 Megawatt

(901 Megawatt)

958 Megawatt

(1.591 Megawatt)

Windkraft

737 Megawatt im Betrieb

(160 Megawatt im Bau)

901 Megawatt

(112 Megawatt)

1.021 Megawatt

(477 Megawatt)

Quelle: Reporte ERNC (2014: CER; 2015: CIFES; 2016: CNE)

Neuerdings gewinnt nun auch der Markt für kleinere Photovoltaik-Anlagen zum Eigenverbrauch an Fahrt. Nach Auskunft des chilenischen Energieministeriums wurden bis Oktober 2016 etwa 400 Anlagen mit einer Erzeugungskapazität von insgesamt 4,3 Megawatt nach dem chilenischen Eigenverbrauchsgesetz angeschlossen. Ende 2015 waren es lediglich 92 Installationen. Ist das der Durchbruch beim chilenischen Net-Metering?

Abbildung: Photovoltaik-Neuinstallationen nach dem chilenischen Net-Billing (Anlagen <100 Kilowatt)

Quelle: Büro F auf Basis von Ministerio de Energía, GIZ Chile

Noch immer ist die sogenannte Finanzierungslücke bei Investitionen in kleine Solarstromanlagen zu beobachten: während gute Multimegawattprojekte ohne größere Komplikationen Zugang zu Fremdkapital von lokalen oder internationalen Banken haben, ist die Finanzierung von Kleinanlagen weitaus schwieriger. Bislang finanziert keine chilenische Bank kleinere Photovoltaikprojekte, zwei Kreditanstalten prüfen derzeit ein erstes Engagement. Die Finanzierungslücke verstärkt sich noch dadurch, dass potentielle chilenische Investoren sehr hohe Renditeerwartungen haben. Eigenkapital soll typischerweise mit mindestens zehn Prozent verzinst werden, bei einer Amortisationszeit von maximal fünf Jahren.

Diese Lücke eröffnet ein attraktives Segment für deutsche Firmen: auf Grundlage des hiesigen Zinsniveaus (und der entsprechenden Renditeerwartungen) lassen sich attraktive Investmentpakete für kleinere Solarstromanlagen in Chile schnüren. Dabei ist von besonderer Bedeutung, dass das Land von den einschlägigen Ratingagenturen seit Jahren die besten Noten in der Region bekommt. Euler Hermes zum Beispiel gibt Chile ein A2, dies ist die zweitbeste Note, die vergeben wird. Ein weiteres Bonmot für ausländische Investoren im Energiesektor: der Strompreis ist an den US-Dollar gekoppelt, damit reduziert sich das Währungsrisiko.

Einen ersten Solar-Fonds für die Finanzierung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen um drei Megawatt hat jüngst der deutsche Projektentwickler Soventix aufgelegt. Nach Angaben des Unternehmens erfreut sich das Vehikel großer Nachfrage bei Großinvestoren und Finanziers. Solch ein Fonds-Modell könnte auch für kleinere Solarstrom-Eigenverbrauchsprojekte interessant werden, dies zeigen die jüngsten Entwicklungen rund um Contracting und Energy Service Companies (ESCOs). Nach Schätzungen des Energieministeriums sind derzeit rund zehn Firmen zur Finanzierung von Eigenverbrauchsanlagen über Abnahmeverträge im Lande aktiv. Dabei übernimmt die durchführende Firma die Investitionskosten, bleibt Betreiber der Anlage, und schließt einen Stromabnahmevertrag mit dem Besitzer des jeweiligen Daches. Der nicht genutzte Strom wird ins Netz eingespeist und vom Verteilnetzbetreiber vergütet. Die ersten Eigenverbrauchsprojekte nach dem Contracting-Modell wurden bereits umgesetzt.

Auch die chilenische Regierung hat die Bedeutung solcher Contracting-Modelle zur Schließung der verschiedenen Finanzierungslücken im Energiesektor entdeckt. Derzeit läuft eine Ausschreibung des Sozialministeriums für die Errichtung einer Solar-Eigenverbrauchsanlage mit einem Stromabnahmevertrag. Das Energieministerium organisierte Anfang Oktober 2016 eine internationale Konferenz zum Thema Contracting und diskutierte verschiedene Modelle und Anwendungsgebiete. Flankierend dazu erstellte die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH im Auftrag des Bundesumweltministeriums einen umfassenden Leitfaden zur Klärung der rechtlichen und steuerlichen Fragestellungen. Neben dem gut hundertseitigen Dokument wurde ein Muster-Stromabnahmevertrag zwischen Endverbrauchern und Contractingfirmen erstellt. Dabei werden auch die Mischformen zwischen Vor-Ort-Verbrauch und Netzeinspeisung nach dem Net-Metering berücksichtigt.

Die Marktbedingungen sind also äußerst günstig, um europäische Investoren mit chilenischen Prosumern zusammen zu bringen. Dabei sollte nicht vergessen werden, dass das Preisniveau für kleine Photovoltaik-Anlagen in Chile zwischen 30-45 Prozent über dem in Deutschland liegt. Dies ergab eine Umfrage der GIZ Chile unter Installateuren in Chile im Vergleich mit aktuellen Preisen des BSW-Solar. Es winken also attraktive, sichere und nachhaltige Renditen für die Anbieter von attraktiven Gesamtpaketen. Allerdings sollte man beachten, dass zwischen Deutschland und Chile kein Doppelbesteuerungsabkommen besteht. Das könnte die Gewinne dann wieder schmälern.

Die GIZ unterstützt das chilenische Energieministerium seit 2004 bei der Markteinführung erneuerbarer Energien. Seit 2008 fördert die Internationale Klimaschutzinitiative (IKI) des Bundesministeriums für Umwelt und Bau (BMUB) die Projekte zur Vermeidung des Klimawandels im Energiesektor. Aktuelle Projekte der GIZ Chile begleiten die Systemintegration von Solarkraftwerken (CSP, PV) und unterstützen die Marktentwicklung im Bereich Eigenverbrauch durch erneuerbare Energien und Kraft-Wärme-Kopplung (KWK). Mehr Informationen:http://www.4echile.cl/

— Der Autor Matthias Grandel ist Projektmanager des GIZ-Vorhabens “Solarenergie zur Strom- und Wärmeerzeugung in Chile“, finanziert von der Internationalen Klimaschutzinitiative des Bundesumweltministeriums. Zuvor arbeitete er in den Bereichen Smart Metering und Energiewirtschaft bei Eon in München. Er begann seine Karriere bei der Deutschen Telekom im Jahr 1999. Er ist Diplom-Elektroingenieur der TU München und hat einen MBA der IE Business School Madrid. —

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