Ist es nur Greenwashing oder meinen es Eon, RWE & Co. wirklich ernst?

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Die Stimmung im Photovoltaik-Markt scheint sich erstmals in diesem Jahr wieder zu bessern. Dazu trägt unter anderem der wieder einmal sehr milde Winter bei, so dass in weiten Teilen Europas bereits wieder fleißig installiert wird. Wohlgemerkt: Europas, denn in Deutschland spürt man angesichts der enttäuschenden Januar- und Februar-Zahlen noch keine Aufbruchstimmung. Doch rund um Deutschland scheint der Sektor der kleinen und mittleren Anlagen deutlich belebter zu sein, als in den vergangenen Monaten. Der Grund dafür ist jedoch nicht in einer für den Markt positiven Preisentwicklung oder Versorgungssituation zu finden.

Nach wie vor fehlt es in der Europäischen Union an preiswerten Modulen. Insgesamt ist auch die Modulauswahl mittlerweile sehr eingeschränkt. Aufgrund der weiterhin geltenden Mindestimportpreise setzen die Hersteller vorwiegend auf Produkte mit höherer Effizienz oder smarten Anschlussdosen, also Dosen, welche Moduloptimierer oder andere intelligente Schaltkreise enthalten. Man könnte fast glauben, dass der Erfolg der Moduloptimierer von Tigo oder Solaredge in direktem Zusammenhang mit den Strafzöllen auf chinesische Module in Europa und den USA steht. Hohe Modulwirkungsgrade gepaart mit technischen Gimmicks, wie das Monitoring einzelner Module über Internet und Smartphone und natürlich ein ausgeklügeltes Home-Energy-Management, scheinen nochmals ein ganz neues Klientel für PV-Anlagen auf den Plan zu rufen, bei dem der Anlagenpreis und die Wirtschaftlichkeit nur eine untergeordnete Rolle spielt.

Etliche Solarfirmen haben in den letzten Wochen ihre Umsatzzahlen für das vergangene Jahr gemeldet. Im Vergleich zum Jahr 2014 wird wieder vermehrt positive Bilanz gezogen – auch von europäischen Unternehmen. Dank eines stabil wachsenden Weltmarkts konnten sich die meisten Hersteller, Systemhäuser und Anlagenbauer gut behaupten. Es gab im vergangenen Jahr auch deutlich weniger Insolvenzen im Solarbereich zu beklagen, als die Jahre davor. Nun liegt das natürlich auch daran, dass sich mittlerweile die Spreu vom Weizen getrennt hat und nur noch die solide finanzierten und mit Weitsicht wirtschaftenden Unternehmen überlebt haben.

Enorme Verluste werden aktuell vor allem von Unternehmen der konventionellen Energiewirtschaft geschrieben, denn dort hat der Umbau gerade erst begonnen. Eon musste beispielsweise für das vergangene Jahr unvorstellbare sieben Milliarden Euro „Miese“ verzeichnen, wovon freilich der überwiegende Teil auf das Konto von Abschreibungen und Wertberichtigungen aufgrund niedriger Börsenstrompreise ging. RWE traf es im vergangenen Jahr zwar nicht ganz so hart, man blieb dennoch weit hinter den Erwartungen zurück. Dementsprechend wurde die Dividende bei den gewöhnlichen Aktien gestrichen, um das enttäuschende Ergebnis nicht noch weiter zu belasten.

Um den Ausbau des Geschäfts mit den erneuerbaren Energien zu beschleunigen, sourcen die großen Energieversorgern hierzulande fröhlich Personen und Unternehmen ein, die teilweise zu den Pionieren der Branche gehören und die bis vor kurzem noch zu den größten Gegnern der Kohle-Kernkraft-Lobby gehörten. Mit der neuen Ausrichtung und ein paar knackigen Leitsätzen scheint die Welt aber wieder in Ordnung zu sein und die einstigen Gegner sind beste Freunde – frei nach dem Motto: in der Not frisst der Teufel Fliegen. Einen ganz schlechten Beigeschmack hinterlässt es allerdings, wenn sich die hastig grün gewaschenen Großkonzerne so darstellen, als ob sie die Solarenergie erfunden hätten und die Energiewende nur mit ihnen gelingen könnte.

Die Frage ist, ob sich alte Welt und neue Welt im Energiesektor wirklich so einfach fusionieren lassen. Gerade die Photovoltaik war immer ein schnelllebiges Geschäft mit Höhen und Tiefen, die sich in schneller Abfolge wiederholten. Immer schon war Phantasie und höchste Flexibilität gefragt – Tugenden, denen man Eon, RWE & Co. sicherlich nicht zwangsläufig zugestehen würde. Es besteht die große Gefahr, dass viele Geschäftsmodelle durch zu viel Bürokratie und Risikoabwägung abgewürgt werden, Schnelligkeit und Innovationskraft auf der Strecke bleiben und die Urgesteine und Gründerpersönlichkeiten der Solarbranche bald resigniert das Handtuch werfen. Einen Tanker bringt man leider nicht mit einem Außenbordmotor in Fahrt. Aber vielleicht weht ja doch ein frischer Wind durch die Chefetagen der Energiekonzerne und die pure Finanzkraft hilft, Berge zu versetzen!

Übersicht der im Oktober 2015 neu eingeführten Preispunkte inklusive der Veränderungen:

 

Modulklasse

Preis (€/Wp)

Veränderung

ggü. Vormonat

Beschreibung

High Efficiency

0,67

– 2,9%

Kristalline Module ab 275 Wp, mit PERC-, HIT-, N-Type- oder Rückseitenkontakt-Zellen oder Kombinationen daraus

All Black

0,56

– 3,4 %

Modultypen mit schwarzer Rückseitenfolie, schwarzem Rahmen und einer Nennleistung zwischen 190 Wp und 270 Wp

Mainstream

0,50

– 2,0 %

Module mit üblicherweise 60-Zellen, Standard-Alurahmen, weißer Rückseitenfolie und 245 bis 270 Wp, repräsentieren den Großteil der Module im Markt

Low Cost

0,36

+ 5,9 %

Minderleistungsmodule, B-Ware, Insolvenzware, Gebrauchtmodule (kristallin), Produkte mit eingeschränkter oder ohne Herstellergarantie

(Die dargestellten Preise geben die durchschnittlichen Angebotspreise für verzollte Ware auf dem europäischen Spotmarkt im Monat Februar 2016 wieder.)

— Der Autor Martin Schachinger beschäftigt sich seit mehr als 20 Jahren mit dem Thema Photovoltaik und Regenerativen Energien im Allgemeinen. Er ist innerhalb der Photovoltaik-Branche bestens vernetzt, was nicht zuletzt auf sein kontinuierliches Engagement für die internationale Online-Handelsplattform für Solarkomponentenwww.pvXchange.com zurückzuführen ist, welche er 2004 zusammen mit zwei Partnern ins Leben rief. Dort wird ein breites Spektrum an Markenprodukten, Neu- und Gebrauchtware mit unterschiedlichsten Spezifikationen angeboten. —

Die Blogbeiträge und Kommentare aufwww.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte anredaktion(at)pv-magazine.com.

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