Tesla-Batteriehype sorgt für frischen Wind bei industriellen Solar-Diesel-Hybridanwendungen

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Tesla hat Ende April den Preiskampf im Bereich Energiespeicher eingeläutet. Der angekündigte Verkaufspreis für kleine Lithium-Ionen-Batterien liegt mit 350 US-Dollar/Kilowattstunde deutlich unter dem augenblicklichen Niveau. Zeitgleich stellt Tesla eine Lösung für industrielle Anwendungen und Netzdienstleistungen vor. Den Einführungspreis des sogenannten Powerpacks beziffert Tesla auf Twitter mit 250 US-Dollar/Kilowattstunde. Zudem ist zu bedenken, dass sich dieser Markteintrittspreis nicht für Produkte aus der sogenannten Gigafabrik bezieht und somit deren Kostendegressionseffekte nicht umfasst. Einige Analysten erwarten deshalb für 2017 ein Preisniveau von 160 US-Dollar/Kilowattstunde und für 2022 von 100 US-Dollar/Kilowattstunde. Aquion mit der Aqueous Hybrid Ion Technologie (Salzwasser-Akku) und EOS Energy mit der Zink-Hybrid-Kathoden Technologie beanspruchen diese Preisniveaus bereits weitaus früher für ihre industriellen Lösungen.

Elon Musk, Vorstandschef von Tesla, beschreibt den Powerpack als ein “unendlich skalierbares System”, das von Industriekunden und Energieversorger eingesetzt werden soll. Es besteht aus 100 Kilowattstunden Blöcken und kann von 500 Kilowattstunden bis über 50 Megawattstunden skaliert werden. Viele technische Daten zu der neuen Großbatterie sind noch vollkommen unbekannt. Die Produktionskapazität des industriellen Speichers ist vor Fertigstellung der Gigawattfabrik im Jahre 2017 eher gering. Tesla benennt einen 4,8 Megawattstunden Speicher für Amazon Web Services als Haupt-Pilotprojekt. Daneben werden Target, Jackson Family Wines, OnCor, Southern California Edison und AES als Pilotkunden erwähnt. Es handelt sich ausschließlich um netzgekoppelte Anwendungsbeispiele. Off-Grid-Anwendungen scheinen während der Markteinführung nicht Teslas Fokus zu sein. Es ist somit nicht von einer direkten Belebung des Solar-Diesel-Hybrid Marktes auszugehen.

Die Auswirkungen sind vielmehr indirekter, psychologischer Natur. Es wird ein Bewusstsein dafür geschaffen, dass Energiespeicher wichtig für den Erfolg der globalen Energiewende sind, dass sich die innovativsten Unternehmen mit dem Thema auseinandersetzen und dass Speicher auf Dauer deutlich preiswerter werden. Elon Musk zieht im Rahmen der Vorstellung der Tesla-Speicher einen Vergleich mit „Leapfrogging“ in Telekommunikation. In diesem Zusammenhang bedeutet Leapfrogging, dass ein Technogiesprung es ermöglicht, Nutzern Lösungen anzubieten, denen die letzte Technologie nicht zur Verfügung stand. Beispielsweise. bringt Mobilfunk die Telekommunikation heute in Regionen, die nicht über Festnetz verfügt haben. Analog dazu wird erwartet, dass die Kombination aus erneuerbaren Energien und Energiespeichern netzfernen Gebieten den Zugang zu Strom ermöglicht, obwohl sie bisher nicht ans Netz angeschlossen waren und – wenn überhaupt – teuren, unzuverlässigen und dreckigen Diesel-Strom genutzt haben. Musks Analogie zur T

elekommunikation definiert dezentrale Erzeugung auf Basis von erneuerbarer Energie und Speichern als Technologiesprung, daran geknüpft die Hoffnung, dass diese Art der dezentralen Energieerzeugung im großen Stile das heute in den Industrienationen vorherrschende Netz-Modell ablösen könnte.

Solar-Diesel-Hybrid konkurriert in vielen Anwendungsfällen in der Tat nicht nur mit teurem Dieselstrom, sondern auch mit relativ preisgünstigem – teilweise subventionierten – Netzstrom in Kombination mit einem hochpreisigen Netzanschluss. Psychologisch bedeutet dies in Schwellenländern wie Indien nicht selten, dass veraltete Dieselgeneratoren bis zum Zeitpunkt des Netzanschlusses oder eben bis zu ihrem Lebensende genutzt werden und die relativ hohen Investitionen in erneuerbare Energien gescheut werden, da man in ein vermeintlich veraltetes dezentrales System investieren würde. Diese Bedenken wird der Vorstoß von Tesla in vielen Fällen ausräumen können. Musk verbessert mit seinem Vorstoß als das Image von dezentralen Lösungen immens.

Für das Hier und Jetzt können fulminante Ankündigungen von knappen oder noch nicht verfügbaren Produkten allerdings auch negative Nebeneffekte haben. Investitionen werden weiter aufgeschoben. Die Ankündigung von Tesla täuscht nicht darüber hinweg, dass die Technologiefrage im Speicherbereich noch nicht entscheiden ist, dass sich gar für unterschiedliche Anwendungsfälle verschiedene Technologien durchsetzen könnten. Gerade PV-Hybrid-Anwendungen beanspruchen die Batterie durch extreme Umwelteinflüsse und häufiges Laden und Entladen oftmals überproportional stark. Die Kosten für Instandsetzung und Wartung sind bei abgelegenen Anlagen besonders hoch, was die Qualität und das Servicekonzept in den Mittelpunkt rückt.

Für Solar-Diesel-Hybrid-Projekte wird der Tesla-Batteriehype sicher für frischen Wind sorgen. Mit einem Schlag haben Speicher den Beigeschmack verloren, teuer zu sein. Zahlreiche industrielle Verbraucher mit netzfernen Anlagen werden Großinvestitionen in dezentrale Erzeugungsanlagen erstmals prüfen. Die Krux für Batteriehersteller und Entwickler von Hybridprojekten wird darin liegen, die Vertriebskosten zu kontrollieren und ein Aufschieben der kompletten Investitionsentscheidung zu verhindern. Hierbei helfen zum einen moderne online-gestützte Vertriebsansätze, zum anderen bietet sich gerade Projektentwicklern die Chance, Systemlösungen mit flexiblen Ansätzen für die Zukunft anzubieten und sich auf diese Art und Weise von ihren Wettbewerben zu differenzieren.

— Nach seiner Promotionen im Bereich Technologiemanagement & Marketing und beruflichen Stationen als Unternehmensberater, im Business Development von Alstom SA und als VP Sales & Marketing von Innotech Solar gründete Autor Thomas Hillig 2013 THEnergy. Er berät Unternehmen im Bereich Marketing, Vertrieb und Nachhaltigkeitsmanagement und legt dabei den Schwerpunkt auf Solar- bzw. Wind-Diesel-Hybrid-Anwendungen sowie Speicherlösungen. Mehr zu seiner Arbeit unterwww.th-energy.net —

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