Vom Ende der Energie-Dinosaurier

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„Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“, soll Michail Gorbatschow zu Erich Honecker kurz vor dessen politischem Ableben gesagt haben. Diese Lebensweisheit gilt nicht nur in der Politik und im Privatleben, sondern auch in der Wirtschaft.

Die Wahrheit und die Brutalität dieser Erkenntnis haben in dieser Woche die alten Energie-Dinosaurier zu spüren bekommen wie wohl noch nie. Die Energiewende und die Unfähigkeit der alten Energiewirtschaft, aber auch ihr Unwille, darauf angemessen zu reagieren, hat Eon, RWE und Co tief in die Krise rutschen lassen.

Eon hat in den letzten Jahren schon tausende Arbeitsplätze abbauen müssen und musste jetzt einen Rekordverlust von 3,3 Milliarden Euro für 2014 bekannt geben.

Einen ähnlich dramatischen finanziellen Verlust und Arbeitsplatz-Abbau musste auch RWE melden. Eon macht Milliarden-Abschreibungen auf den Wert des eigenen konventionellen Kraftwerkparks im In- und Ausland verantwortlich. Doch die Krise geht viel tiefer. Immer mehr erneuerbare Energie, die von Millionen Bürgern selbst erzeugt wird, drängt die alten Kraftwerke aus dem Netz. Das war schon lange absehbar, aber die vier alten Energiebesatzungsmächte wollten es nicht sehen. Jetzt erst beginnen sie etwas von ihrem Ende zu ahnen – und jammern.

Zu Recht schreibt die Süddeutsche Zeitung: „Die Konzerne mit Zehntausenden Beschäftigten verlieren nach und nach ihr Geschäftsmodell“.

In bisher nicht gekannter Konsequenz hatte Eon schon im Dezember 2014 beschlossen, das alte Kerngeschäft, nämlich die Stromproduktion aus Kohle, Gas und Atom, abzustoßen und sich endlich auf das Geschäft der Zukunft zu konzentrieren: auf erneuerbare Energie, das Betreibend der Netze und auf Service.

Von den heute noch 60.000 Arbeitsplätzen werden vielleicht noch 40.000 übrigbleiben, wenn überhaupt. Die vier Großen, die wir heute noch haben, hätten schon vor 25 Jahren als die Energiewende absehbar war, beschließen können, Windräder, Biogasanlagen, Photovoltaik-Module und Sonnenkollektoren zu bauen. Denn schon damals konnte man wissen, dass es keine RWE-Sonne und keinen Eon-Wind gibt.

Das Energiegeschäft der Zukunft heißt technische Geräte herstellen, den Rohstoff gibt´s umsonst. Die Lösung des Energieproblems für alle Zeit steht am Himmel.

Es ist aber nicht nur die blamable Kurzsichtigkeit der alten Energiemanager, welche in die Katastrophe geführt hat. Dazu hat auch die nicht zu Ende gedachte Politik der Energiewende beigetragen. 2010 hat Kanzlerin Merkel erst die Laufzeiten der deutschen AKW verlängert und dann nach der Fukushima-Katastrophe überraschend konsequent den schnellen Ausstieg betrieben. Aber ihre Minister Röttgen, Altmaier und Gabriel waren und sind dann alles andere als konsequent beim Umsetzen der Energiewende. Vor allem deshalb sind in der Solarbranche erst über 100.000 Arbeitsplätze entstanden und danach die meisten wieder verschwunden.

Die noch junge Branche der Erneuerbaren sieht insgesamt keine verlässlichen politischen Rahmenbedingungen. Frühere Zusagen an die Erneuerbaren wurden von der Politik vor allem zugunsten der alten Kohlewirtschaft wieder kassiert. Das Fehlen verlässlicher Rahmenbedingungen verunsichert natürlich Investoren und bremst jetzt den im Jahr 2.000 gut begonnenen Ausbau der Erneuerbaren Energieträger und den Fortschritt der Energiewende.

Am gefährlichsten innerhalb der Großen Koalition ist Horst Seehofers Schlingerkurs. Sein donnerndes dreifaches Nein erst zur Atomkraft, dann zum Windstromausbau in Bayern und jetzt schließlich auch noch zum Bau von Nord-Süd-Stromtrassen verstehe, wer will. Hauptsache dagegen war noch nie ein konstruktiver Beitrag zu einer vertrauenserweckenden Politik. Viel Taktik, keine Strategie – würde unser großer Vorkämpfer Hermann Scheer diese Politik kommentieren.

  • Misere der Energiekonzerne ist selbstgemacht – Greenpeace-Studie weist gravierende Managementfehler nach
  • Das Ergebnis einer umfangreichen Analyse von Prof. Dr. Heinz-Josef Bontrup und Prof. Dr. Ralf-Michael Marquardt von der Westfälischen Hochschule in Recklinghausen im Auftrag der unabhängigen Umweltorganisation Greenpeace.
  • KLIMARETTER.INFO: Eon meldet Rekordverlust – Minus 3,2 Milliarden Euro: Nie hat ein Energiekonzern ein so schlechtes Geschäftsjahr hingelegt. Grund seien Milliarden­abschreibungen, argumentiert Konzernchef Teyssen. Aber die werden notwendig wegen einer verfehlten Geschäftspolitik.

– Der Autor Franz Alt ist Journalist, Buchautor und Fernsehmoderator. Er wurde bekannt durch das ARD-Magazin „Report“, das er bis 1992 leitete und moderierte. Bis 2003 leitete er die Zukunftsredaktion „Zeitsprung“ im SWR, seit 1997 das Magazin „Querdenker“ und ab 2000 das Magazin „Grenzenlos“ in 3sat. Die Erstveröffentlichung des Beitrags erfolgte aufwww.sonnenseite.com. –

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