Ein schwarzer Tag fürs Klima

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Gemessen an 1990 will die EU bis 2030 „mindestens 40 Prozent“ weniger Treibhausgase in die Luft blasen. Das klingt viel, aber es hätten 60 Prozent sein müssen, wenn der globale Temperaturanstieg auf unserer Erde bis zum Ende unseres Jahrhunderts nicht mehr als zwei Grad steigen soll – was der letzte Klimagipfel beschlossen hatte.

So aber wird die Temperatur um bis zu fünf Grad höher sein als heute, wenn der Rest der Welt nicht ehrgeizigere Ziele beschließt. Das war ein schwarzer Tag für Europa. Der bisherige Vorreiter beim Klimaschutz wird zur lahmen Ente.

Das heißt konkret und praktisch: Wir werden in Deutschland im Sommer Temperaturen von bis zu 48 Grad bekommen, was sich kaum jemand vorzustellen vermag.

Die langfristige Folge: Europa wird Afrika und Afrika wird unbewohnbar. Die Befürchtung des letzten UNO-Klimagipfels könnte Realität werden: 200 Millionen Klima-Flüchtlinge werden über den Nachbarkontinent irren und Wege nach Europa suchen. Wohin sollten sie denn sonst? Sie werden zu denen fliehen, welche den Klimawandel verursacht haben. Das sind nicht die Afrikaner, sondern wir, die etwa zwanzigmal mehr Energie verbrauchen als sie.

Wer das Klima zerstört, wird zwangsweise Klimaflüchtlinge ernten. Zudem wird der Umbau zur solaren Industriegesellschaft verantwortungslos verzögert. Das bedeutet weniger Wachstum und weniger Arbeitsplätze.

Die Ursache: Wir verbrennen heute an einem Tag so viel Kohle, Gas und Öl wie die Natur in einer Million Tagen geschaffen hat. Klaus Töpfer vermutet, dass schon heute 18 Millionen Klimaflüchtlinge über unseren südlichen Kontinent umherziehen, zum Beispiel auf der Suche nach einer Wasserstelle.

Am Nord- und Südpol schmelzen die Gletscher fünfmal schneller als noch vor 15 Jahren vermutet. Täglich verlieren wir bis zu 150 Tier- und Pflanzenarten. Und der renommierte Meeresforscher Mojib Latif hat sein neues Buch „Das Ende der Ozeane“ genannt.

In dieser für den Planeten und alles Leben dramatischen Situation vertagt der bisherige Klimaschutz-Vorreiter EU die Zukunft unserer Kinder und Enkel. Damit wird auch der Umbau zur solaren Industriegesellschaft verantwortungslos verzögert, was weniger Wachstum und weniger Arbeitsplätze bedeutet.

Die Lösung des Problems ist schon lange bekannt. Sie besteht in drei Schritten.

  • Erstens im raschen Umstieg auf erneuerbare Energie,
  • zweitens im Energiesparen und
  • drittens in mehr Energie-Effizienz.

Doch bei allen drei Schritten ist der Brüsseler Kompromiss – 40 Prozent weniger Treibhausgase, 27 Prozent Einsparung und 27 Prozent erneuerbare Energie – zu wenig ambitioniert, um wenigstens noch das Schlimmste an der Klimakatastrophe zu verhindern.

Der Ausbau der erneuerbaren Energien zwischen 2000 und 2012 in Deutschland sowie die großen Fortschritte der Energiewende in Dänemark und Schweden aber auch seit zwei Jahren in China und Kalifornien beweisen, dass die EU mit ihren technologischen Möglichkeiten bei der „Überlebensfrage der Menscheit“ (Angela Merkel) weit mehr tun könnte. Das Atom-Land England und das Kohle-Land Polen haben ehrgeizigere Ziele verhindert.

Aber auch Deutschland fördert zurzeit eher die Kohle als die erneuerbaren Energien und hatte deshalb schlechte Karten in Brüssel.

Der Gipfelchef Herman van Rampuy hatte zum Gruppenfoto der Regierungschefs seine sechs Enkelkinder mitgebracht. Er wollte deutlich machen, worum es beim Klimaschutz geht: Um die Zukunft der nächsten Generationen. Doch das kleinste Kind weinte. Es hatte viel Grund dazu.

– Der Autor Franz Alt ist Journalist, Buchautor und Fernsehmoderator. Er wurde bekannt durch das ARD-Magazin „Report“, das er bis 1992 leitete und moderierte. Bis 2003 leitete er die Zukunftsredaktion „Zeitsprung“ im SWR, seit 1997 das Magazin „Querdenker“ und ab 2000 das Magazin „Grenzenlos“ in 3sat. Die Erstveröffentlichung des Beitrags erfolgte aufwww.sonnenseite.com. –

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