Den österreichischen Photovoltaik-Markt verstehen

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Wer den österreichischen Photovoltaik-Markt verstehen will, hat es nicht einfach. Zu viele Abkürzungen, zu viele unterschiedliche Zahlen und nicht zuletzt zu viele unterschiedliche Förderungen. Selbst Österreicher und insbesondere Journalisten verstehen den viel zitierten Förderdschungel nicht und schreiben deshalb erst gar nicht darüber. Es sei denn die Systeme brechen zusammen, wie es bei der letzten und vorletzten Fördervergabe der Fall war. Dies ist nun ein Versuch, den österreichischen Photovoltaik-Markt ins „Deutsche“ zu übersetzen und damit ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen.

Ein Deckel für jeden Photovoltaik-Topf

Während in Deutschland das Schreckgespenst eines Deckels seit Jahren durch die Medien geistert, ist der österreichische Solarkonsument diesem Bremsinstrument seit Anbeginn des Ökostromgesetzes, wie das österreichische EEG heißt, ausgesetzt. Mit einem großen Unterschied: Es gibt nicht nur einen Deckel, sondern gleich mehrere. Hat man diese drei Deckel verstanden, wird auch das gesamte System verständlicher. Um die Leser nicht vollends zu verwirren, seien hier nur die Bundesförderungen erklärt. Alle Landesförderungen sind auf der Verbandsseite der PV Austria zu finden.

Auf Bundesebene gibt es Gelder aus dem Ökostromgesetz, welches ähnlich dem deutschen EEG funktioniert und Gelder aus dem Klima- und Energiefonds, welcher aus dem Budget von Wirtschafts- und Lebensministerium gespeist wird. Im Folgenden werden die drei wesentlichsten Fördertöpfe kurz erklärt.

Deckel Nummer Eins: 8 Millionen Euro OeMag Förderung

Die für deutsche Verhältnisse am Einfachsten zu erklärende Förderform ist die sogenannte OeMAG-Förderung nach dem Ökostromgesetz. DieOeMAG Abwicklungsstelle für Ökostrom AG ist jenes Unternehmen, welches mit der Abwicklung der Förderung durch Einspeisetarife betraut ist. Am Beginn jeden Jahres müssen die Anträge für ein begrenztes Förderbudget eingereicht werden, was nicht selten zu Chaos führt, da die Zahl der Anträge, das Förderbudget übersteigt. Dieses begrenzte Förderbudget ist einer der sogenannten „Deckel“ und beläuft sich auf 8 Millionen Euro pro Jahr. Was je nach Börsepreis und Verteilung bedeutet, dass 2014 zwischen 100 und 150 Megawatt gefördert werden können. Ein Deckel der nach deutschen Maßstäben 1000-1500 Megawatt entspricht und auch in Österreich einen Markteinbruch bedeuten könnte, da der Markt 2013 aufgrund von Einmal-Maßnahmen auf 250 Megawatt angewachsen war. Die Tarife aus diesem Budget werden zudem meist erst wenige Tage vor dem Start der Einreichfrist bekanntgegeben, wobei die Projektentwicklung für größere Projekte 6-12 Monate dauern kann.

Ein österreichischer Betreiber muss deshalb fast immer zu unbekannten Bedingungen planen, da anders als in Deutschland nicht der Zeitpunkt der Inbetriebnahme, sondern der Zeitpunkt der Antragstellung gilt. Wer im Jahr 2013 Projekte entwickelt hatte, erfuhr zum Beispiel erst am 23.12.2013, dass ab 1.1.2014 folgende Tarife für einzureichende Projekte gelten werden:

  • 12,5 Cent/Kilowattstunde für Aufdachanlagen ab 5 Kilowatt + 200 Euro/Kilowattpeak Investitionszuschuss (max. 30 Prozent der Investitionssumme) für 13 Jahre
  • 10 Cent/Kilowattstunde für Freiflächen von 5 bis 350 Kilowatt Leistung für 13 Jahre (ab 2015 bis 200 Kilowatt)

Hat man den lange unbekannten Tarif erst einmal bekommen, hat der Betreiber ein Jahr lang Zeit die Anlage zu bauen, was nach all den Hürden nicht selten zu Ausfällen beim Bau führt, da ein tatsächlicher „Bauanreiz“ durch den entscheidenden Zeitpunkt des Netzanschlusses, wie in Deutschland fehlt.

Deckel Nummer zwei: 17 Millionen Euro aus dem Netzparitätstarif

Zusätzlich zum 8 Millionen Euro Budget gibt es seit zwei Jahren den sogenannten „Resttopf“, welcher 2014 mit 17 Millionen Euro dotiert ist. Dieser sollte vergangenes Jahr Anlagen bedienen, die bereits zu „Netzparität“ (18 Cent/Kilowattstunde) produzieren können. Dieser Topf wird jedoch nach dem First-Come-First-Serve Prinzip unter allen Wind-, Wasser-, und Photovoltaik-Anlagen verteilt und ab 2014 nur mehr für gebäudeintegrierte Anlagen bis 20 Kilowatt vergeben. Da diese Information erst wenige Tage vor dem Start der Einreichfrist öffentlich wurde, ist nicht davon auszugehen, dass viele Anlagenbetreiber dieses Kriterium erfüllen. Der Großteil der Gelder aus diesem Resttopf ist 2014 laut Rupert Haslinger von der AEE Salzburg für Förderansuchen der Windkraft vergeben.

Deckel Nummer Drei: 36 Millionen Euro Investitionsförderung aus dem KliEn-Fonds

Die OeMag-Förderung betrifft immer Anlagen mit einer Leistung größer als 5 Kilowatt. Für Anlagen unter dieser Größenordnung bedient sich der österreichische Staat nach wie vor dem für ausgereifte Technologien eher ungeeigneten Instrument der Investitionsförderung. Der Klima- und Energiefonds, kurz KLiEn genannt, verwaltet dieses Budget und verkündet meist im Frühjahr den Investitionszuschuss, welcher im vergangenen Jahr 300 Euro/Kilowatt betrug. Aufgrund der starken Kürzung dieser Förderung von 800 auf 300 Euro pro Kilowatt ist dieser Topf der einzige, der nicht ausgeschöpft wurde. Von 24.000 Photovoltaik-Aufdachanlagen, die gefördert hätten werden können, haben tatsächlich nur 9600 Anlagenbetreiber diesen Zuschuss in Anspruch genommen. Die KliEn-Förderung für 2014 ist derzeit noch nicht bekannt.

Deutschland darf nicht Österreich werden

Es bleibt zu hoffen, dass sich der Photovoltaik-Deckel in Deutschland nicht durchsetzt. Das schwierige Marktumfeld in Österreich zeigt, dass solche Systeme massive Bremsen für den geregelten Ausbau erneuerbarer Energie darstellen. Kirsten Hasberg von Energy Democracy TV fasste diese Vorgehensweise in einem klugen Satz zusammen:

„In ein Anreizsystem Gegenanreize einzubauen, ist volkswirtschaftlicher Schwachsinn.“

Das Fehlen von Volkswirten, die nicht nur kurzfristige, sondern langfristige Auswirkungen von politischen Entscheidungen abschätzen und bewerten, scheint sowohl in Deutschland als auch Österreich ein Problem der Energiepolitik. Der aufstrebende förderfreie PV-Markt 2.0 scheint langfristig einen Ausweg aus dieser Misere zu bieten. Auch dafür sind jedoch Rahmenbedingungen, die Eigenverbrauchslösungen fördern, notwendig.
— Autorin Cornelia Daniel-Gruber ist Inhaberin der österreichischen Solarberatung Dachgold,Energiebloggerin, Vortragende zum Thema Gestehungskosten und Mitinitiatorin unterschiedlicher Solarstudien. Mehr zu ihrer Arbeit und ihre Vorträge finden Sie unterwww.dachgold.net. —

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