EU PVSEC: Die Evolution geht weiter

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Wenn die absoluten Kosten in der Zellfertigung wirklich nicht mehr deutlich sinken sollten, lässt es sich durch eine höhere Zelleffizienz immer noch erreichen, die Systemkosten zu senken. Denn eine höhere Effizienz spart Kosten bei der Installation und den dafür nötigen Komponenten. Auf der diesjährigen EU PVSEC in Paris setzte sich ein Trend der vergangenen Jahre fort: Die fortschrittlicheren Zelltechnologien, die über Jahre nur in der Forschung eine Rolle gespielt haben, kommen in der Produktion an. Das sind selektive Emitter, Dual-Printing, passivierte Rückseiten (PERC und PERL) und n-Typ-Zellen. Die Anbieter gehen davon aus, dass wenn eventuell schon nächstes Jahr wieder mehr Ausrüstung für neue Zelllinien gekauft wird, die neuen Photovoltaik-Technologien eingesetzt werden.

„Jedes Jahr erwartet der Kunde, dass die Leistung der Module um zehn Prozent steigt“, sagt Wesley Skinner, Global Product Manager bei Applied Materials. Das entspricht rund 0,6 Prozentpunkten Wirkungsgradsteigerung. Das Unternehmen stellte eine verbesserte Variante seines Ionen-Implantationsgeräts Solion XP vor. Damit lassen sich Wafer mit Fremdatomen (Phosphor für p-Typ-Zellen, Bor für n-Typ-Zellen) dotieren, was wichtig ist, um daraus funktionierende Zellen zu machen. Konventionell werden dafür Diffusionsöfen verwendet. In Diffusionsöfen werden die Fremdatome verdampft. Bei der Ionen-Implantation wird ein Ionenstrahl erzeugt. Das erlaubt es, genauer zu steuern, wie tief im Wafer die Fremdatome eingebracht werden. Außerdem ist eine Strukturierung mithilfe von Schablonen möglich. Beides ist für selektive Emitter und PERL-Zellen nötig. Ein animierter Werbefilm zeigte eindrücklich, wie vertikal nebeneinander angeordnete Solarzellen in einem Affentempo an dieser Ionenquelle vorbeifahren und dabei dotiert werden.

Ionen-Implatation für selektive Emitter

Nach Aussage von Applied Materials haben bereits die mit der Ionen-Implantation hergestellten Standardzellen einen um rund 0,5 Prozent höheren Wirkungsgrad und die Dotierung erfolgt gleichmäßiger, wodurch die Zellen in ihrer Leistung weniger streuen. Ein Kunde fertige mit der Maschine bereits n-Typ Zellen mit 19,7 Prozent Wirkungsgrad. In der Technologie Roadmap von Applied Materials sollen darauf als nächste Schritte dann n-Typ–Zellen mit passivierter und strukturierter Rückseite folgen, die über 21 Prozent Wirkungsgrad haben, und so genannte IBC-Zellen, bei denen alle Kontakte auf der Rückseite liegen und die bis zu 23 Prozent Wirkungsgrad haben. Alle diese Zellen sollen sich auf später auf der Solion-Plattform fertigen lassen.

Im Vergleich zu dem Implantationsgerät von letztem Jahr hat das neue Gerät den dreifachen Durchsatz und kann pro Stunde 3000 Wafer mit Phosphor dotieren oder 2500 Wafer mit Bor. Das kostet bei p-Typ-Zellen damit rund 4,5 Cent pro Kilowattstunde gegenüber 3,5 Cent bei den herkömmlichen Arbeitsschritten. Der zusätzliche Cent muss dann durch den höheren Wirkungsgrad finanziert werden.

Die neuen Strukturierungen, selektive Emitter auf der Vorder- und PERC-Passivierung auf der Rückseite, lassen sich allerdings mit mehreren Methoden erreichen. Singulus stellte eine PECVD-Beschichtungsanlage vor, mit der die Passivierung der hergestellt werden kann. Dabei wird erst eine Aluminiumdioxidschicht aufgetragen, dann eine Siliziumnitridschicht. Die ersten 16 dieser Maschinen mit einer Kapazität von 500 Megawatt pro Jahr. Im Anschluss muss die Rückseite dann nur noch für die elektrischen Kontakte punktuell geöffnet werden.

Rena – das Unternehmen ist bekannt für nasschemische Verfahren – bietet jetzt auch Zell- und Wafer-Turnkeyfabriken an. Diese enthalten auf Wunsch die Atomic Layer Deposition, mit der auch eine hauchdünne Aluminiumoxid-Passivierungsschicht aufgetragen werden kann. Die entsprechende Methode stammt von dem Unternehmen Solaytec, an dem Rena große Anteile hält und dessen Geräte, die für hohen Durchsatz in der Massenfertigung gedacht sind, exklusiv vertreibt.

Atomic Layer Deposition für die passivierte Rückseite

Bei der Atomic Layer Deposition wird die sehr dünne Aluminiumoxidschicht in einem Bad abgeschieden. Erst kürzlich meldete Rena, dass ein Hersteller mit dieser InPERC genannten Methode auf multikristallinen Wafern 18 Prozent Effizienz erreicht habe. Peter Fath übernimmt bei Rena nach dem letzten Halbjahresbericht übrigens die Verantwortung für den Solarbereich. Fath war früher Technikvorstand von Centrotherm und wurde danach Geschäftsführer von RCT Solutions, einem Joint Venture mit Rena, das nach der Centrotherm-Insolvenz einen Teil der Aktivitäten übernommen hat.

Die nasschemischen Strukturierungsverfahren funktionieren zum Beispiel mit isishape Ätzpasten von Merck, mit denen das Unternehmen wieder auf der EU PVSEC vertreten war. Bei diesem Verfahren wird mit den Pasten eine Struktur auf die Zellen gedruckt. Im nächsten Schritt werden an diesen Stellen oder – je nach verwendeter Paste – an den nicht bedruckten Stellen hergestellt Schichten weg geätzt. Damit lassen sich zum Beispiel selektive Emitter herstellen oder passivierte Rückseiten von PERC-Zellen öffnen, um die Zellen elektrisch zu kontaktieren. Auch hier findet der Fortschritt kontinuierlich statt. Doch sei die Ätzkraft jetzt verdoppelt worden, wodurch sich die Strukturierung schneller und mit weniger Hitze erreichen lasse.

Bei den kristallinen Zellen ist nach wie das große Thema, inwiefern das Silber reduziert werden kann und muss. Heraeus Precious Metals gibt an, dass mit den neuen Silberpasten Kontaktfinger mit unter 50 Mikrometer Strichdicke gedruckt werden könnten. Eine damit hergestellte Zelle habe nur noch einen Silbergehalt von 54 Milligramm, was einem Preis unter 0,1 US-Dollar pro Watt entspricht. In diesem Zusammenhang ist eine weitere Technologie im Gespräch, die mit heute erhältlichen Maschinen möglich ist: das Dual Printing. Dabei werden die dünnen Kontaktfinger und die dickeren Busbars getrennt mit verschiedenen Pasten gedruckt, wodurch Silber gespart werden kann.

Silizium-Dünnschicht nach wie vor erhältlich

Auch im Silizium-Dünnschichtbereich geht es übrigens noch weiter. Tokyo Electron (TEL) Solar, das die Dünnschichtsparte von Oerlikon übernommen hat, garantiert inzwischen 10,8 Prozent Wirkungsgrad für die Turnkey-Fertigungslinien. In der Roadmap sollen mittelfristig 17 Prozent erreicht werden, wobei sich das Unternehmen über die Technologie ausschweigt. Es werde jedenfalls keine der derzeit üblichen Tandemzellen sein.

Chancen sieht das Untenehmen vor allem in neuen Photovoltaik-Märkten, in denen die Regierung hohe Local-Content-Anteile fordert. 50 Prozent könne dabei auch ein EPC erreichen. Wer einen höheren Local Content will, könne mit der TEL Solar Technologie relativ kleine Fabriken mit rund 140 Megawatt Jahreskapazität bauen und die Materialien für die Produktion lokal beschaffen. Bezüglich der Auswirkung der Fusion von TEL Solar mit Applied Materials gaben die anwesenden Experten in Paris keine Auskunft, da diese erst noch von Kartellbehörden genehmigt werden muss. Beide Unternehmen sind außer in der Photovoltaik im Halbleiterbereich stark, so dass dieses Segment von dem Zusammenschluss stärker betroffen sein könnte als der Solarbereich. Allerdings ist es durchaus interessant zu sehen, dass das ehemalige Oerlikon-Team dann zu dem Unternehmen gehören wird, das ehemals der einzige ernstzunehmende Konkurrent in der Silizium-Dünnschicht-Photovoltaik war und diesen Bereich eingestellt hat.

LED-Flasher konkurrenzfähig?

Ein anderes Thema, das derzeit immer mehr in Diskussion kommt, sind die Flasher, mit denen Modulproduzenten und Prüflabore die Leistung von Modulen messen. Die Frage ist, wie gut die Messungen mit Geräten sind, die als Lichtquelle LEDs statt Xenon-Lampen benutzen. So bietet Ecoprogetti bereits seit einigen Jahren einen LED Flasher an, der in der Produktion eingesetzt werden kann und ein so genanntes Triple A Rating hat, eigentlich das beste Rating, das die Norm vorsieht. Die Diskussion kreist darüber, ob das Rating genügt, um auf eine ausreichende Messunsicherheit zu schließen und ob Hersteller von Xenon-Flashern besser nachweisen, wie hoch ihre Messunsicherheit ist. Wichtig ist dabei vor allem das Lichtspektrum, das bei den beiden Technologien unterschiedlich ist. Auch die LED-Flasher auf dem Photovoltaik-Markt unterscheiden sich stark darin, je nachdem wie viele verschiedene LEDs sie einsetzen. Halm, Hersteller von Xenon-Flashern, räumt allerdings mit der Einschätzung auf, dass neue Zelltechnologien nicht gut mit Xenon-Flashern gemessen werden könnten. Bei den neuen Zelltechnologien sind wegen des so genannten kapazitiven Effekts längere Lichtpulse hilfreich. Diese würden die Flasher jedoch bereitstellen. (Michael Fuhs)

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