Fallen der neuen Energieeinsparverordnung

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Der Entwurf für die neue Energieeinsparverordnung (EnEV) für Gebäude hat einen großen Haken. Dieser geht nicht nur die Solarthermie-, sondern auch die Photovoltaik-Branche etwas an.

In der Presse ist viel vom teuren Ökostrom die Rede, dabei sind die dramatischen Teuerungsraten bei den fossilen Energieträgern zu beobachten. Und nur auf den ersten Blick scheint es so, als wäre die Bundesregierung in diesem Themenbereich schon aktiv, wenn die Fachpresse meldet: "Bundeskabinett beschließt EnEV-Entwurf".

Die Energieeinsparverordnung hat den Zweck, den Energieverbrauch von Gebäuden zu reduzieren. Das kann zum einen über eine bessere Isolierung erfolgen, zum anderen aber durch die Erzeugung von Solarwärme oder Solarstrom, die dem Verbrauch gegengerechnet wird.

Auf den zweiten Blick zeigt sich, dass auch der Entwurf für die neue Energieeinsparverordnung einen Angriff auf erneuerbare Energien darstellt. Denn in diesem Entwurf ist immer noch vorgesehen, denReferenzstandort von Würzburg auf Potsdam zu ändern, was dann für die Berechnung der Energiegewinne aus thermischen Solaranlagen, aber auch aus Photovoltaik-Anlagen im EnEV-Nachweis bindend wäre.

Wenn man die aus dem Solarklima-Testreferenzjahr für Würzburg abgeleiteten Monatsmittelwerte (Temperatur, Einstrahlung) mit denen für Potsdam vergleicht, lassen sich folgende Feststellungen treffen:

  • die Jahresgänge der Außentemperatur haben erstaunlich geringe Abweichungen voneinander;
  • die Einstrahlung auf die Horizontale ist in Potsdam deutlich geringer, vor allem in den Wintermonaten;
  • Würzburg liegt 130 km südlich, Potsdam dagegen 159 km nördlich des 51. Breitengrades; 
  • (die Position 51° 0′ Nord, 10° 20′ Ost bei Eisenach gilt als geographischer Schwerpunkt Deutschlands)

Mit dem neuen Referenzstandort Potsdam würden bei der Berechnung der Solarerträge durch Simulationsprogramme vor allem die Beiträge von Sonnenkollektoranlagen zur Deckung des Heizwärmebedarfs willkürlich unterbewertet. Auch die nach § 9 in Verbindung mit § 5 EnEV anrechenbaren Erträge von Photovoltaik-Anlagen fallen "virtuell in Potsdam" geringer aus, als bei den meisten konkreten Anlagen in Deutschland der Fall ist. Der Referenzstandort Würzburg ist im wahrsten Sinne des Wortes viel naheliegender.

Das mag nach akademischem Diskurs aussehen. Wenn aber reine Wärmepumpen-Anlagen am neuen Referenzstandort Potsdam besser abschneiden, Sonnenkollektoren und Solarstrom-Anlagen dagegen rein rechnerisch nicht viel bringen, dann werden knapp kalkulierende Bauträgerfirmen und auch private Bauherren entsprechend bauen. Dass hätte Auswirkungen auf den Stromverbrauch in den Wintermonaten und führt letztlich zu mehr Kohlekraftwerken.

Es ist zu hoffen, dass diese Tatsachen zumindest beim Fachpublikum ins Bewusstsein gelangen und daraus ein politischer Druck entsteht, so dass der aktuelle EnEV-Entwurf aus guten Gründen nicht durch den Bundesrat kommt.

Nach der Bundestagswahl sollte dann ein qualifizierter EnEV-Entwurf ausgearbeitet werden, der die wichtige Rolle der Solarthermie und der Photovoltaik für die Energiewende entsprechend würdigt. 

— Axel Horn ist Inhaber des Ingenieurbüros solar energie information. Er ist mit seinem Diplom in Versorgungstechnik bereits 1992 in die Branche eingestiegen. Seitdem arbeitet sowohl als Softwareentwickler wie auch als Partner für Bauherren, Installateure und Planer an optimierten Konzepten für Solarthermie-Anlagen.—

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