Qualität in Scheiben

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Tom Clarius ist Qualitätsmanager. Seit fünf Jahren arbeitet er bei dem CIS-Dünnschichthersteller Avancis in Torgau. „Wir sind in einem Markt, in dem wir 20 bis 25 Jahre Garantie geben. Das ist bei anderen Produkten ziemlich selten“, sagt er. „Ich wage zu bezweifeln, dass die meisten Hersteller wissen, was in 20 bis 25 Jahren mit ihren Produkten passiert.“ Ein wesentlicher Bestandteil der Dünnschichtmodule ist Glas. Es beeinflusst deren Qualität und Haltbarkeit in äußerst vielfältiger Weise. Das Problem ist jedoch: Die Modulhersteller produzieren das Glas für ihre Module nicht selbst, sondern sie sind auf dieZulieferungen aus der Glasindustrie angewiesen.

„Wir sind eine Hightech-Industrie“, machte Clarius auf der Konferenz „Solar meets Glass“ Anfang April in Berlin deutlich und spielte damit auf die unterschiedlichen Kulturen der beiden Branchen an. Das Glas kommt aus den Bereichen Architekturglas und Automobilglas. „Beides ist nicht annähernd so komplex wie das, was wir tun, nämlich einen Halbleiter auf Glas zu bringen und die leitenden Halbleiterschichten mit dem Glas zu koordinieren.“ Avancis ist mittlerweile 100-prozentige Tochter des Glasherstellers Saint Gobainund wird von der Mutter mit Glas beliefert. Dennoch gibt es auch hier Probleme mit den Zulieferungen, denn die Masse der Glasprodukte von Saint Gobain geht in andere Bereiche. „Wir sind ein kleiner Teil und müssen Überzeugungsarbeit leisten, dass es sich lohnt, Ressourcen in diese Kooperation zu investieren“, sagt Clarius. „Sonst macht das Saint Gobain auch nicht.“ Peter Fath, Technologie- und Marketingvorstand von Centrotherm Photovoltaics in Blaubeuren, kennt das Problem. Centrotherm liefert schlüsselfertige Produktionslinien und Einzelausrüstungen sowie Prozesstechnik, unter anderemfür die CIGS-Dünnschichttechnologie. „Es ist schwierig, bei den großen Glasherstellern ein offenes Ohr zu finden. Die Dünnschichttechnologie ist von den Produktionsmengen noch zu gering.“ Bei der Modulproduktion wird die dünne Halbleiterschicht direkt auf ein molybdänbeschichtetes Substratglas aufgebracht. „Man nimmt also ein preisgünstiges, technologisch nicht so anspruchsvolles Glas und wertet es dann durch die intelligente Molybdänbeschichtung auf“, erklärt Fath. „So wird die Beschichtung unabhängiger von den direkten Eigenschaften des Glases.“ Dennoch stellen die Dünnschichthersteller Mindestanforderungen an das Substratglas. Es muss besonders plan sein und beständig gegen Glaskorrosion, bei der herausgelöste Moleküle die Glasoberfläche trüben. Außerdem sollte es die hohen Temperaturen beim Sputtern der dünnen Schichten unbeschadet überstehen. Wesentlich ist auch der Natriumanteil im Glas, weil das Natrium in die Halbleiterschicht diffundieren kann. Das beeinflusst die Kristallisation bei Synthese des Halbleiters auf dem Glas und die Haltbarkeit der Halbleiterschicht negativ.

Nähe zum Lieferanten

47 Prozent des weltweit hergestellten Glases wird in China produziert. Für die europäischen Dünnschichthersteller ist das jedoch nicht so interessant. Statt sich von unflexibleren Massenproduzenten beliefern zu lassen, kooperieren sie lieber mit innovativen kleineren Spezialherstellern, die besser auf ihre Wünsche eingehen können. Clarius nennt aber noch einen weiteren Grund: „Wenn sie bei chinesischen Lieferungen Probleme mit einer Charge haben, ist es ein langer Weg, um an eine neue zu kommen.“ Deshalb empfehle sich ein näher gelegener Lieferant.

Die Displayindustrie kommt mit ihren Glasprodukten den Dünnschichtproduzenten weit entgegen, hat allerdings eine Größe und Spezialisierung, die für diese Hersteller das relativ kleine Segment der Dünnschichtproduzenten bisher wenig interessant machte. „Wir arbeiten mit einem internationalen Hersteller, der nicht im Mainstream-Bereich aktiv ist, sondern im Spezialglasbereich“, so Centrotherm-Technologe Fath. „Er hat aber die Größe und Fertigungstiefe, um am Ende ein kostengünstiges, sehr speziell ausgelegtes Glas für die CIGS-Dünnschichttechnologie anzubieten.“Auch die Kosten können weiter reduziert werden, wenn das Glas flexibler und damit bruchsicherer wird. Dadurch kann es dünner sein, sparsamer in der Herstellung und außerdem transparenter, was für das Frontglas besonders wichtig ist, weil die Lichtausbeute proportional zur Glasstärke abnimmt.

Das österreichische Unternehmen Lisec ist Ausrüster für die Glasveredelung, so auch für solch verhältnismäßig flexibles Dünnglas. Johann Weixlberger, Geschäftsentwickler bei Lisec, sagt dazu: „Zweimillimeter-Glas ist zwischen zehn und 15 Prozent billiger als das sonst übliche 3,2-Millimeter-Glas, mit der Tendenz, vom Preis noch zu fallen.“ Momentan sei es aber noch nicht so gut verfügbar. Durch das verringerte Gewicht eignet es sich außerdem gut für kristalline Doppelglas-Module. Durch den symmetrischen Aufbau mit zwei mal zwei Millimeter starkem Glas liegen die kristallinen Siliziumzellen dann mittig und sind weniger Belastungen ausgesetzt, wie sie beim Verbiegen auftreten.

Schneller und mehr

Die Glasindustrie hat vor allem zwei Wünsche an die Photovoltaik: „Könnt ihr mehr und könnt ihr schneller“, formuliert es Clarius. Dann dürften sich die Glasproduzenten auch besser auf die Bedürfnisse der Solarbranche einstellen. Weixlberger fordert einfachere Standards für die Kantenbearbeitung der Solargläser. Bisher würde der sogenannte C-Schliff wie bei Autogläsern gefordert. Der sei gut, aber zu teuer. In vielen Fällen würde der preiswertere K-Schliff reichen, bei dem die Kanten nur gebrochen werden, mit einer ähnlich guten Qualität. „Aber die Solarindustrie ist schon zu konservativ, um diesen Schritt zu gehen. Wir würden uns wünschen, dass sie darüber intensiver nachdenkt.“ Der Installateur oder Endkunde kann die Qualität des Glases kaum beurteilen oder Hinweise darauf in den Moduldaten finden. Da hilft nur direktes Nachfragen beim Modulhersteller selbst, sagt Clarius von Avancis: „Unsere Produkte haben alle eine Seriennummer und sind datiert. Wir können diese in jedem Schritt der Produktion zurückverfolgen.“ Damit ist zwar noch nicht sichergestellt, dass das Glas wirklich optimal ist. Aber ein Glaslieferant mit guten Referenzen im Photovoltaikbereich ist schon mal ein Indiz für geeignetes Glas.

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