Am oberen Limit

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Die Modulhersteller sind in den letzten Monaten Achterbahn gefahren. Marktforscher und Analysten glauben, dass es in diesem Jahr so weitergeht. Die Produzenten von kristallinen Modulen stürzten in den letzten 12 Monaten vom Nachfragehoch ins Tal der vollen Lager mit Überangeboten ab. „Aber das ist Geschichte“, sagt Stefan de Haan, Analyst beim Beratungs- und Marktforschungsunternehmen iSuppi München. „Über dieses Jahr betrachtet, ist der Markt von den Produktionszahlen und der Nachfrage ausgeglichen.“ Schaut man sich aber die Prognosen für die einzelnen Quartale an, geht die Achterbahnfahrt weiter. „Wir erwarten, vor allem durch die einmalige Absenkung jetzt im Juli in Deutschland, eine sehr inhomogene Verteilung der Installationen, also letztlich eine W-Kurve.“ Momentan sind die Modulhersteller auf dem mittleren Hoch bei diesem „W“ angelangt.

Durch die starke Nachfrage vor allem aus Deutschland, dem wichtigsten Photovoltaikmarkt, sind die Überbestände abgebaut. An Modulen mangelt es zwar noch nicht, aber Anschlussdosen und vor allem Wechselrichter werden bereits knapp, so de Haan. „Wir erwarten einen Einbruch der Nachfrage im dritten Quartal, aber zum Jahresende hin wird sie wie der stark anziehen.“ Durch den momentanen Nachfrageschub haben sich die Modulpreise wieder stabilisiert. Bei den finanziell angeschlagenen Herstellern nimmt das den größten Druck weg. Sie können verschnaufen und sich etwas erholen. Denjenigen, die in der Krise ihre Hausaufgaben gemacht haben und signifikant die Kosten senken konnten, winkt jetzt wieder ordentlicher Gewinn.

Das Volumen der Produktion und damit die Platzierung in den kommenden Top Ten werde in diesem Jahr vor allem durch die Kapazitäten bestimmt, glaubt de Haan. Denn die Produzenten lasten momentan im Schnitt 90 Prozent davon aus. „Die erfahrenen, etablierten Hersteller werden Auslastungen weit darüber erreichen.“ Aber das kann nur gelingen, wenn auch die Zulieferer hinterherkommen. Vertikal nach oben integrierte Hersteller sind auf der sicheren Seite. Für die anderen sieht Dirk Morbitzer, Marktforscher bei Renewable Analytics in San Francisco, Schwierigkeiten bei der Beschaffung der Ausgangsmaterialien: „Wafer sind momentan nicht einfach zu bekommen. Selbst integrierte Hersteller kaufen sie zu oder lassen einen Teil als OEM-Ware produzieren.“

Gegenüber dem Stand im letzten Jahr haben die chinesischen Hersteller noch weiter aufgeholt und dominieren den Modulmarkt. „Sie haben klar einen großen Kostenvorteil“, sagt Shishir Kumar, Analyst für alternative Energien bei der HSBC-Bank in Hongkong. „Die Kosten für einen deutschen Hersteller liegen bei etwa 1,70 Euro pro Watt, die der chinesischen Hersteller mit den niedrigsten Kosten bei 1,10 Euro pro Watt. Jetzt schwächt sich dieser Kostenvorteil allerdings ab, weil der Euro weiter abgewertet wird. Nun hängt es davon ab, wie tief der Euro fallen wird.“ Noch haben japanische und deutsche Module einen Markenvorteil. Aber die chinesischen Hersteller holen auf. Mit dem weiteren massiven Ausbau ihrer Produktion steigt auch ihre Markenbekanntheit.

Massive Expansion

Suntech Power hat sich unter den Produzenten aus China am stärksten etabliert, ist der wichtigste Markenhersteller des Landes und die Nummer eins unter den zehn größten kristallinen Modulherstellern. „Sie haben ihren Vertrieb weiter diversifiziert“, führt Kumar aus. „Sie sind in Deutschland, sie haben sich als Mar kenhersteller in den USA etabliert und selbst in Japan haben sie ein gutes Vertriebsnetz.“ Dabei produziert Suntech teurer als die Klassenbesten aus dem Land der Mitte. Das hat verschiedene Gründe. So ist der Hersteller beispielsweise nicht vertikal integriert.

„Während etwa Trina von der Inhouse-Wafer-Produktion profitierte, investierte Suntech in relativ teure kleinere Upstream-Produzenten“, so Kumar. Das war zur Zeit des Preishochs beim Rohsilizium. Seitdem die Preise verfallen sind, geht es vielen dieser kleinen Siliziumproduzenten nicht mehr so gut. Suntech muss die Investitionen mehr oder weniger abschreiben, das schlägt sich auf die Preise nieder. Dazu kamen technische Schwierigkeiten bei der Plutotechnologie, einem patentierten Verfahren, mit dem der chinesische Produzent hocheffiziente Zellen für seine Module herstellen kann. Dennoch ist Suntech ein hochprofitables Unternehmen, unterstreicht de Haan. „Im vierten Quartal 2009 lag die EBIT-Marge bei 15 Prozent“. Aus dieser Position heraus investiert Suntech massiv, 2010 soll die Modulkapazität bei zwei Gigawatt liegen.

Sharp Electronics, die Nummer zwei, sei „nach wie vor ein gut aufgestelltes Unternehmen“, schätzt Marktforscher Morbitzer ein. Mittlerweile forcieren die Japaner vor allem ihre mikromorphe Dünnschichtproduktion, konzentrieren sich auf Freiflächen und haben die Energieversorger im Blick. Dennoch ist der Hersteller bei den kristallinen Modulen 2009 in Bezug auf den Umsatz sogar die Nummer eins, weil die Module des japanischen Herstellers teurer sind. „Vorteilhaft für Sharp ist derzeit die große Nachfrage aus Japan selbst“, sagt Morbitzer. Sharp hat, typisch japanisch, moderate Wachstumsziele, insbesondere im Vergleich zu den chinesischen Herstellern.

Kosten und Qualität

Anders dagegen Yingli Green Energy auf Platz drei. Wie Suntech haben die Chinesen aus Baoding ein rasantes Wachstum vorgelegt und beabsichtigen das auch für die Zukunft. Sie expandieren parallel auf den vertikalen Ebenen von Wafern bis zu den Modulen. Außerdem bauen sie nun auch noch eine eigene Siliziumproduktion auf, sind also auf dem Weg zum voll integrierten Hersteller. Und nicht nur der Hongkonger Analyst Kumar urteilt: „Von der Kostenstruktur sind sie am besten aufgestellt.“ Dem stimmt auch der Münchener Analyst de Haan zu, allerdings ist er wie andere Marktforscher und Analysten skeptisch, was die Ausweitung auf die Siliziumproduktion betrifft. „Wir haben ja gesehen, dass sich 2009 bei der großen Siliziumkrise vor allem einige Waferhersteller richtig verhoben haben, LDK und Renosola beispielsweise. Also wir gehen davon aus, dass sich der Siliziummarkt nicht entspannen wird. Die Preise bleiben niedrig, da es noch gewaltige Überkapazitäten gibt. Mittelfristig wird sich das Konzept für Yingli nicht rechnen. Erst wenn die Preise vielleicht ab 2014 wieder anziehen, könnten sie mit ihrem doch sehr kleinen Werk Vorteile haben.“ Von der Markenbekanntheit her hat auch Yingli weiter aufgeholt und ist wie Suntech und Trina Solar dabei, sich als Marke weiter zu etablieren.

Sunpower verfolgt weiter ein Hochqualitätskonzept und hat „die besten Module, die es gibt. So ist die öffentliche Wahrnehmung“, urteilt de Haan. Der US-amerikanische Hersteller konzentriert sich vor allem auf die Produktion seiner hocheffizienten Zellen, den Kern des technologischen Vorsprungs. Die Kapazität der Zellproduktion soll in den nächsten Jahren bis auf ein Gigawatt hochgefahren werden. Den Rest hätten die Amerikaner immer schon zu einem großen Teil ausgelagert, berichtet Morbitzer. „Sie lassen ihre Module auf den Philippinen fertigen, sie lassen jetzt auch in China fertigen. Nach wie vor haben sie aber viel zu hohe Produktionskosten. Bei einem zu erwartenden harten Preiswettbewerb 2011 müssen sie die Kosten unbedingt drastisch reduzieren.“

Klappen könnte dies durch die neu eingegangene Kooperation mit Flextronics, einem international agierenden Hersteller. Der fertigt künftig in Kalifornien, also direkt in Sun Powers wichtigstem Absatzmarkt. „Dieser Mix ist eigentlich das Rezept, um ihren Technologievorsprung zu bewahren und gleichzeitig bei den Kosten einigermaßen wettbewerbsfähig zu bleiben“, so de Haan. „Das ist auch ein Weg für Qualitätshersteller aus Europa, ihren Kostennachteil einigermaßen auszugleichen.“ Die Halbleiterindustrie hat eine ähnliche Entwicklung hinter sich.

Weiter auf Wachstumskurs

„Qualität, Liefertreue und Preis stimmen“, lobt Dirk Morbitzer den chinesischen Hersteller Trina Solar. Der fertigt ausschließlich kristalline Module, aber das sehr ambitioniert und mit aggressivem Wachstum. Trina ist Yingli dicht auf den Fersen und gehört damit zum Führungstrio der chinesischen Produzenten. „Sie sind in Changzhou auf ein großes Gelände konzentriert“, erzählt Shishir Kumar. „An diesem Ort konzentrieren sie die gesamte Wertschöpfungskette von der Waferherstellung über die Zellproduktion bis zur Modulfertigung.“ Das senkt die Kosten. Anders als Yingli expandiert Trina aber bei der Waferproduktion nicht weiter. Hier wollen sie bei etwa 500 Megawatt bleiben. Sollte Trina künftig Wafer zukaufen müssen, könnte es schwieriger werden, die Kosten weiterhin schnell genug zu senken. „Das müssen sie dann einfach auf anderen Ebenen wieder reinholen“, sagt iSuppli-Analyst de Haan.

Canadian Solar traf die Krise im vergangenen Jahr heftig, vor allem im ersten Halbjahr. Das Unternehmen hatte sehr stark auf eine eigene Siliziumproduktion nach dem UGM-Verfahren gesetzt und dann mit dem massiven Preisverfall beim Polysilizium zu kämpfen. Trotzdem verfügt es, wie die anderen chinesischen Hersteller, über eine günstige Kostenstruktur und ist weiter auf Wachstumskurs. Canadian Solar konzentriert sich auf das Modulgeschäft, Wafer und Zellen produziert das Unternehmen bisher mit deutlich geringeren Kapazitäten. „Jetzt arbeiten sie am oberen Ende der Auslas tung“, sagt Morbitzer. „Deshalb erweitern sie die Zellproduktionskapazitäten stark.“ Canadian Solar ist in den Schlüsselmärkten wie Deutschland noch nicht so präsent wie die anderen großen chinesischen Hersteller.

Gut erholt

Solarfun stellt sich ähnlich auf wie Canadian Solar, integriert bis zur Waferebene, produziert aber vor allem Module. Auch dieser chinesische Hersteller hat 2009 tiefrote Zahlen geschrieben, sich mittlerweile aber gut erholt und profitiert nun von den stabileren Preisen und der allgemein großen Nachfrage bei Modulen. Solarfun ist im OEM-Geschäft stark. Nicht ganz auf einer Stufe mit Trina und Yingli, folgt dieser Hersteller ihnen jedoch dicht auf den Fersen. „Das ist auf jeden Fall einer der wichtigsten chinesischen Anbieter“, urteilt de Haan. „Jetzt bauen sie einen Solarpark in Ulm mit 5,5 Megawatt. Das heißt, da wächst ihre Präsenz im weltweit wichtigsten Markt weiter.“

Kyocera hebt sich über den Preis nach oben ab und liefert gute Qualität. Wie lange sich die höheren Preise noch rechtfertigen lassen, hängt davon ab, in welchem Tempo andere Anbieter nachziehen. „Einer der führenden Anbieter im Jahr 2007“, resümiert Dirk Morbitzer von Renewable Analytics, „ist er heute deutlich zurückgefallen im Verhältnis zu den Mitbewerbern. Sowohl was das Markenimage angeht als auch den technologischen Vorsprung bei den Modulen, der ebenfalls geringer geworden ist.“ Dennoch bleibt Kyocera technologisch führend, mit einem großen Technologiekonzern im Hintergrund. „Und Kyocera wird expandieren, hat ein Gigawatt Kapazität für 2013 geplant“, sagt de Haan. Er glaubt, dass die japanischen Hersteller vor allem auf den erstarkenden japanischen Markt setzen – ähnlich wie Sanyo Electric, ein weiterer japanischer Hersteller, der besonders auf den eigenen Markt und auf das High-End-Segment wie kleine Dächer ausgerichtet ist.

Auf Platz zehn folgt mit Solar World der erste deutsche Hersteller. Auch er ist deutlich teurer als das Gros der Anbieter, aber es funktioniert. Seinen Erfolg verdankt das Bonner Unternehmen vor allem der Markenbekanntheit und dem sehr gut funktionierenden Vertrieb in Deutschland. Selbst in der Krise ist Solar World immer profitabel geblieben. „Sie sind von den deutschen Herstellern neben Wacker und SMA am solidesten finanziert“, weiß Christian Rath, Analyst bei HSBC Trinkaus in Düsseldorf. Jetzt stehen die Zeichen auf Expansion. Auf weit über ein Gigawatt soll die Kapazität 2010 ausgebaut werden, und das auch mit den Produktionsstätten in Korea und in den USA.

Künftig wird es immer wichtiger werden, die Module nahe an den Märkten zu produzieren. Die Marktforscher von iSuppli haben ausgerechnet, dass die Transportkosten bei etwa fünf Cent pro Watt liegen, um die Module quer über den Globus zu verschiffen. „Das ist im Moment noch nicht so entscheidend“, sagt Stefan de Haan. „Aber wenn jetzt die Modulpreise weiter sinken, dann kommt es irgendwann auch auf diese fünf Cent an. Das heißt, mittelfristig kann sich so eine regionale Fertigung nahe am Zielmarkt schon auszahlen.“

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